Versäumung der Anzeigefrist des § 18 Abs. 3 Satz 1 GrEStG

Das FG München entschied zur Frage, ob Wiedereinsetzung zu gewähren ist, wenn die Anzeigefrist nach § 18 Abs. 3 Satz 1 GrEStG versäumt wurde.

Das Gericht urteilte: Unter dem Rechtsbegriff "jemand" im Sinne des § 110 Abs. 1 AO sind die Beteiligten eines steuerlichen Verwaltungsverfahrens zu verstehen. Das sind nach § 78 AO der jeweilige Antragsteller und Antragsgegner eines Verfahrens oder derjenige, an den die Finanzbehörde im Einzelfall den verfahrensabschließenden Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat.

Erbauseinandersetzung beurkundet

Worum ging es in dem Fall? Die Notarin (Klägerin) beurkundete am 27.10.2020 eine den grunderwerbsteuerlichen Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllende Erbauseinandersetzung der aus Bruder (B) und Schwester (S) bestehenden Erbengemeinschaft. Weder B noch S zeigten dies dem Finanzamt an. Die dem Finanzamt von der Klägerin übersandte Urkunde ging dort am 23.11.2020 ein.

Festsetzung von Grunderwerbsteuer trotz Aufhebungsvertrag

Nachdem B und S vom Finanzamt darauf hingewiesen worden waren, dass der Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer auslöse, machten sie diesen durch notariell beurkundeten Aufhebungsvertrag vom 18.12.2020 rückgängig. Gleichwohl setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer gegen B und S fest. Die Anträge auf Nichtfestsetzung lehnte das Finanzamt mit der Begründung ab, dass weder B bzw. S noch die Klägerin den Erwerbsvorgang rechtzeitig angezeigt hätten (vgl. § 16 Abs. 5 GrEStG).

Antrag auf Wiedereinsetzung

Die Klägerin beantragte ohne Erfolg Wiedereinsetzung für die verspätete Anzeige des am 27.10.2020 beurkundeten Erwerbsvorgangs. Sie treffe kein Verschulden daran, dass die Anzeige erst nach Ablauf der zweiwöchigen Frist erfolgt sei.

Klägerin ist keine Beteiligte eines Hauptsacheverfahrens

Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben und entschieden, dass Wiedereinsetzung nicht in Betracht kommt, weil die Klägerin nicht Beteiligte eines Hauptsacheverfahrens und damit nicht "jemand" im Sinne des § 110 Abs. 1 AO ist.

Obwohl die Klägerin nach § 18 Abs. 3 GrEStG verpflichtet war, dem Finanzamt den Erwerbsvorgang vom 27.10.2020 innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Beurkundung anzuzeigen, erfolgte die (verspätete) Anzeigeerstattung nicht im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens. Grund hierfür ist, dass der Anzeigeerstattung durch die Klägerin keine nach Außen wirkende Tätigkeit des Finanzamts in Form eines Verwaltungsakts zugrunde lag. Vielmehr ergab sich die Pflicht zur Anzeigenerstattung allein aus dem Gesetz. Die Klägerin ist auch nicht Beteiligte am Verwaltungsverfahren "Festsetzung der Grunderwerbsteuer". Beteiligte dieses Verwaltungsverfahrens sind allein B und S, in deren Sache das Verfahren durchgeführt worden ist.

Aufzählung in § 78 AO ist abschließend

Dass die Klägerin vom Ausgang des Verwaltungsverfahrens (Festsetzung der Grunderwerbsteuer) gegen B und S wegen eventueller Haftungsansprüche betroffen sein könnte, führt nicht zu einer Beteiligtenstellung der Klägerin in diesem Verfahren, denn die Beteiligten am steuerlichen Verwaltungsverfahren sind in § 78 AO abschließend aufgezählt.

Die Klägerin hatte auch hilfsweise den Antrag auf rückwirkende Verlängerung der Anzeigefrist gemäß § 109 Abs. 1 AO beantragt. Auch dieser Antrag war erfolglos.

FG München, Urteil v. 26.10.2022, 4 K 2345/21

Schlagworte zum Thema:  Grunderwerbsteuer, Notar, Anzeigepflicht