Rz. 96

Stand: EL 129 – ET: 02/2022

Bei einer längerfristigen Tätigkeit an derselben auswärtigen Tätigkeitsstätte (> Rz 99) ist der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen auf die ersten drei Monate beschränkt (§ 9 Abs 4a Satz 6 EStG). Diese zeitliche Begrenzung gilt auch für Leih-ArbN (BFH 241, 378 = BStBl 2013 II, 704). Sie ist verfassungskonform (vgl BFH 230, 352 = BStBl 2011 II, 32 sowie BFH 241, 378 = BStBl 2013 II, 704 und BFH 240, 325 = BStBl 2013 II, 725). Ergänzend > Rz 80 aE.

 

Rz. 97

Stand: EL 129 – ET: 02/2022

Zur Berechnung dieser FristRz 102 ff. Schließt sich an eine Auswärtstätigkeit unmittelbar eine doppelte Haushaltsführung an, gelten zwar die Regelungen für > Doppelte Haushaltsführung, Verpflegungsmehraufwand ist aber nur bis zu insgesamt drei Monaten abziehbar (§ 9 Abs 4a Satz 13 EStG; > R 9.11 Abs 7 Satz 2 LStR).

 

Beispiel 1:

A wohnt bisher in Mainz und ist dort bei einem ArbG angestellt. Ebenda hat er auch seine > Erste Tätigkeitsstätte. Ab dem 02.06. wird A als Vertretung eines erkrankten Kollegen zu einem Zweigbetrieb nach Dortmund geschickt. Er übernachtet während der Wochenarbeitstage in Dortmund in einer angemieteten Unterkunft. Er befindet sich auf Auswärtstätigkeit und kann für die ersten drei Monate seiner Tätigkeit in Dortmund die Verpflegungspauschalen als WK ansetzen. Im Oktober ergibt sich, dass A in Dortmund auf Dauer unentbehrlich geworden ist. Daraufhin ordnet ihn der ArbG dem Zweigbetrieb in Dortmund zu; der Arbeitsplatz in Mainz wird anderweitig besetzt.

A begründet durch die Versetzung/Zuordnung nach Dortmund dort seine (neue) erste Tätigkeitsstätte. Damit endet seine Auswärtstätigkeit. Nunmehr führt er einen doppelten Haushalt. Seinen Verpflegungsmehraufwand kann er aber nicht mehr als WK ansetzen: Für die Bemessung der Dreimonatsfrist wird die in Dortmund im Rahmen der Auswärtstätigkeit verbrachte Zeit mit der sich anschließenden Zeit der doppelten Haushaltsführung zusammengefasst. Zum Zeitpunkt der Versetzung/Zuordnung ist die Dreimonatsfrist bereits ausgeschöpft (ergänzend > Doppelte Haushaltsführung Rz 127).

 

Rz. 98

Stand: EL 129 – ET: 02/2022

Die Dreimonatsfrist beruht auf der Erfahrung, dass die bei einem Wechsel der Berufsausübung an einen anderen Ort für die Dauer einer Umschau- oder Eingewöhnungsfrist typischerweise höheren Aufwendungen nach Ablauf von drei Monaten nicht mehr höher sind als die anderer ArbN, die dort ortsansässig sind oder dort ihre erste Tätigkeitsstätte haben. Anders als bis 2013 ist seit 2014 nicht mehr auf dieselbe Auswärtstätigkeit (mit gleichem Inhalt, am gleichen Ort und in zeitlichem Zusammenhang) abzustellen, sondern nur noch auf dieselbe Tätigkeitsstätte.

 

Rz. 99

Stand: EL 129 – ET: 02/2022

Was unter "derselben Tätigkeitsstätte" zu verstehen ist, lässt § 9 Abs 4a Satz 6 EStG offen. Die FinVerw konkretisiert dies dahingehend, dass eine berufliche Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte nur an ortsfesten betrieblichen Einrichtungen ausgeübt werden kann (> Rz 101) und die Frist erst beginnt, wenn der ArbN an derselben Tätigkeitsstätte an mindestens drei Tagen wöchentlich tätig wird (vgl BMF vom 25.11.2020, Rz 55, BStBl 2020 I, 1228, > Anh 2 Reisekosten (allgemein); ergänzend > Rz 100).

 

Beispiel 2:

W arbeitet in einer Kunstschmiede in Y-Stadt und hat dort seine erste Tätigkeitsstätte. Von Mai bis August hat er im benachbarten X-Dorf bei mehreren Kunden Treppengeländer und Balkonbrüstungen eingebaut. Es handelt sich jeweils um unterschiedliche Auftraggeber und unterschiedliche Tätigkeitsstätten, auch wenn sie alle in räumlicher Nähe zueinander liegen. Die Dreimonatsfrist wird hier bezogen auf die einzelne Tätigkeitsstätte angewendet.

 

Beispiel 3:

Der Unternehmensberater Y betreut bei einem Kunden mit zeitlichen Unterbrechungen unterschiedliche Projekte, wechselt aber nicht den Arbeitsort. Es handelt sich um dieselbe Tätigkeitsstätte, auch wenn der Tätigkeit immer wieder neue Aufträge zugrunde liegen (BFH 240, 325 = BStBl 2013 II, 725).

Tätigkeitsstätte idS ist nicht der Beschäftigungsort (vgl § 9 Abs 1 Satz 3 Nr 5 Satz 2 EStG), also nicht die politische Gemeinde und ggf ihr Einzugsgebiet. Allerdings wird ein großräumiges Werks-/Betriebsgelände eines Unternehmens noch als dieselbe Tätigkeitsstätte angesehen (so BFH 245, 207 = BStBl 2014 II, 1011 zum Gelände des ArbG, auf dem sich der Ausbildungsbetrieb und die Berufsfachschule befindet; Fall zu Reisekostenrecht vor 2014 mit Streitjahr 2011).

 

Beispiel 4:

Der angestellte Malermeister M hat auf dem Betriebsgelände der Firma F, auf dem sich drei nebeneinander liegende Bürokomplexe befinden, nach einem Hochwasser die Räume jeweils im Erdgeschoss zu streichen. Die Arbeiten dauern vom 01.03. bis 30.06., wobei M jeweils ein Gebäude fertig stellt und dann mit dem nächsten beginnt. M ist täglich mehr als 8 Stunden auswärts tätig.

M kann für den Zeitraum 01.03. bis 31.05. Verpflegungspauschalen iHv 14 EUR pro Arbeitstag geltend machen. Nach Ablauf der Dreimonatsfrist scheidet ab dem 01.06. bis 30.06. ein WK-Abzug für ...

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