Rz. 150

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Hat das FA für Zwecke der ESt-Festsetzung Freibeträge iSv § 32 Abs 6 EStG abgezogen, so muss es die Kindergeldbeträge, auf die ein Anspruch besteht, der tariflichen ESt in entsprechendem Umfang (> Rz 156) hinzurechnen (§ 31 Satz 4, § 2 Abs 6 Satz 3 EStG). Unberücksichtigt bleibt bei der Hinzurechnung jedoch der KiG-Anspruch für nach § 70 Abs 1 Satz 2 EStG nicht ausgezahltes KiG (vgl § 31 Satz 5 EStG; > Rz 27/2; > Kindergeld Rz 76). Die Hinzurechnung bezieht sich aber nur auf das Kindergeld nach dem X. Abschnitt EStG (§ 31 Satz 1 EStG). Das ist das Kindergeld nach §§ 62ff EStG einschließlich der "vergleichbaren Leistungen" (§ 65 EStG; > Kindergeld Rz 30 ff). Das Kindergeld nach dem BKGG (> Anh 13) wird hingegen nicht in die Vergleichsrechnung einbezogen; deshalb bleibt auch der Kinderzuschlag für einkommensschwache Berechtigte (§ 6a BKGG; > Kindergeld Rz 100) unberücksichtigt. Zu beachten ist außerdem, dass ggf das Kindergeld unabhängig davon der tariflichen ESt hinzugerechnet wird, ob der Stpfl selbst oder ein anderer Berechtigter Anspruch auf Kindergeld hat (> R 31 Abs 3 Satz 1 EStR; ergänzend > Rz 156).

 

Beispiel 1:

Die Eheleute A und B haben eine 10 Jahre alte Tochter. Für 2023 haben sie 3 000 EUR Kindergeld erhalten. Das zvE der Eheleute beträgt für das Jahr 2023 ohne Abzug der Freibeträge für Kinder 99 000 EUR. Das FA stellt bei der Veranlagung folgende Vergleichsrechnung an:

 
zvE I/2023 99 000 EUR  
ESt hierauf   22 316 EUR
abzgl Freibeträge für Kinder (> Rz 6) – 8 952 EUR  
zvE II/2023 90 048 EUR  
ESt hierauf   19 092 EUR
Differenz   3 224 EUR

Die Ermäßigung der ESt durch die Freibeträge des § 32 Abs 6 EStG ist hier höher als das zustehende Kindergeld von 3 000 EUR. Nach Hinzurechnung des Kindergeldes setzt das FA für 2023 eine ESt von (19 092 EUR + 3 000 EUR =) 22 092 EUR fest.

 

Beispiel 2:

Die verwitwete M hat einen 24-jährigen Sohn (S), der im Mai 2023 sein Erststudium beendet hat und seit Juli berufstätig ist. M hat in 2023 bis einschließlich Mai Kindergeld erhalten. Ohne Berücksichtigung der Freibeträge für Kinder wird für M ein zvE von 68 500 EUR ermittelt. Bei der Veranlagung 2023 führt das FA folgende Vergleichsrechnung durch:

 
zvE I/2023 68 500 EUR  
ESt hierauf   18 797 EUR
abzgl Freibeträge für Kinder (5/12 von 8 952 EUR =) – 3 730 EUR  
zvE II/2023 64 770 EUR  
ESt hierauf    17 230 EUR
Differenz   1 567 EUR

Die Minderung der ESt durch die Freibeträge des § 32 Abs 6 EStG ist höher als das zustehende Kindergeld von (5 × 250 EUR =) 1 250 EUR. Das FA setzt die ESt für 2023 deshalb auf (17 230 EUR + 1 250 EUR =) 18 480 EUR fest.

 

Beispiel 3:

Die Eheleute C und D haben eine 19 Jahre alte Tochter (T), die die Schule besucht und in 2023 keine eigenen Einkünfte und Bezüge hat. Für 2023 haben sie Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 3 000 EUR. Das zvE der Eheleute beträgt für 2023 ohne Berücksichtigung der Freibeträge für Kinder und der Altersvorsorgebeiträge iSv § 10a EStG 90 000 EUR. Im Oktober 2023 hat der rentenversicherungspflichtige D einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen und daraufhin für die künftige Riester-Rente Altersvorsorgebeiträge iSv § 10a EStG in Höhe von 550 EUR geleistet. D hat Anspruch auf eine Grundzulage von 175 EUR sowie eine Kinderzulage von 185 EUR (§§ 83 – 85 EStG). Damit entstehen D Sonderausgaben in Höhe von (550 EUR + 175 EUR + 185 EUR =) 910 EUR (§ 10a Abs 1 EStG; der Höchstbetrag von 2 100 EUR wird nicht erreicht).

Es ist zunächst eine Günstigerprüfung nach § 31 EStG ohne Abzug der Altersvorsorgebeiträge als SA durchzuführen. Ergibt diese Prüfung, dass die Berücksichtigung der Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs 6 EStG günstiger ist, sind auch für Zwecke der Günstigerprüfung nach § 10a Abs 2 EStG die Freibeträge für Kinder zu berücksichtigen (> Rz 146/1). Führt diese Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Altersvorsorgebeiträge iSd § 10a Abs 1 EStG einschließlich der dafür zustehenden Zulage (§§ 84, 85 EStG) als SA abzuziehen sind, wird unter Berücksichtigung dieses zusätzlichen SA-Abzugs eine erneute Günstigerprüfung nach § 31 EStG durchgeführt. Ergibt diese erneute Prüfung, dass ein Abzug der Freibeträge für Kinder nicht in Betracht kommt, werden die Altersvorsorgebeiträge als SA abgezogen, während die Freibeträge für Kinder für Zwecke der ESt nicht berücksichtigt werden. Auf diese Weise wird das für den Stpfl günstigste Ergebnis ermittelt.

Zur Ermittlung der festzusetzenden ESt sind deshalb folgende Günstigerprüfungen durchzuführen:

 
Günstigerprüfung nach § 31 EStG für Zwecke der Altersvorsorgebeiträge
zvE I/2023 90 000 EUR  
ESt hierauf   19 074 EUR
abzgl Freibeträge für Kinder – 8 952 EUR  
zvE II/2023 81 048 EUR  
ESt hierauf    16 006 EUR
Differenz   3 068 EUR

Die Minderung der ESt durch den Abzug der Freibeträge für Kinder (3 068 EUR) ist höher als das zustehende Kindergeld von 3 000 EUR. Die Freibeträge sind deshalb auch bei der Günstigerprüfung nach § 10a Abs 2 EStG zu berücksichtigen:

 
Günstigerprüfung nach § 10a Abs 2 EStG
zvE II/202...

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