Rz. 10

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

In der Vergangenheit hat der Gesetzgeber unterschiedliche Wege beschritten, um die Belastung der Eltern mit Kindern zu mindern. Sie waren gekennzeichnet von politischen Vorstellungen des Gesetzgebers, den Vorgaben des BVerfG und den Zwängen der öffentlichen Haushalte.

 

Rz. 11

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Vor 1975 minderten Kinderfreibeträge die > Bemessungsgrundlage für die ESt/LSt. Die Steuerermäßigung wurde ergänzt durch das Kindergeld für Mehrkinderfamilien nach dem BKGG oder Kinderzuschläge für ArbN im öffentlichen Dienst oder nach anderen Gesetzen. Ab 1975 trat das Kindergeld an die Stelle von Kinderfreibeträgen. Darüber hinaus gab es im Steuerrecht, im Prämienrecht und bei der Vermögensbildung bestimmte Steuerermäßigungen oder zusätzliche Vergünstigungen, sog >  Kinderadditive. Dies entsprach im Grundsatz verfassungsmäßigen Vorgaben (> Rz 1).

 

Rz. 11/1

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Die Abschaffung der allgemeinen Kinderfreibeträge wurde aber zunehmend kritisiert. Kern der politischen Auseinandersetzung war die Frage, ob die Chancengleichheit aller Kinder durch gleich hohe Entlastung der Eltern zu sichern sei oder ob die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern durch einkommensabhängige und damit unterschiedlich hohe Unterhaltsansprüche der Kinder eingeschränkt wird und sie deshalb von Verfassungs wegen einkommensabhängig zu entlasten seien (vgl Kirchhof, DStZ 1986, 25 [30]).

 

Rz. 11/2

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

In einem ersten Schritt wurden deshalb ab VZ 1980 Aufwendungen, die Eltern durch Dienstleistungen Dritter für die Betreuung, Erziehung usw der Kinder entstehen, durch die Einführung einer Steuerermäßigung für die Betreuung von Kindern berücksichtigt (zu Einzelheiten > Kinderbetreuung Rz 5 ff). Außerdem wurde aus familienpolitischen Erwägungen und um dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit wieder besser Rechnung zu tragen, durch das HBeglG 1983 (BGBl 1982 I, 1857 = BStBl 1982 I, 972) ab VZ 1983 ein bei der Ermittlung des zvE abzuziehender Kinderfreibetrag von einheitlich 432 DM je Kind und VZ eingeführt (§ 32 Abs 8 EStG 1983). Der nicht zuordnungsberechtigte Elternteil (sog Zahlvater) erhielt einen hälftigen Kinderfreibetrag von 216 DM.

 

Rz. 12

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Die Absenkung der Altersgrenze für kindbedingte Erleichterungen vom 18. auf das 16. Lebensjahr ab VZ 1983 durch das 2. HStruktG vom 22.12.1981 (BGBl 1981 I, 1523 = BStBl 1982 I, 235) hatte kaum fiskalische Auswirkungen, belastete aber ArbN und FÄ erheblich, weil sich Kinder zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr idR ohnehin noch in Ausbildung befinden. Gleichwohl konnte sich der Gesetzgeber, der die sog Finanzamtslösung (vgl BT-Drs 13/1686 S 75) anstrebte, im Interesse einer Angleichung des Kindbegriffs im Steuer- und Kindergeldrecht zunächst nicht entschließen, diese Altersgrenze zur Vereinfachung wieder auf das 18. Lebensjahr anzuheben. Erst ab dem VZ 1992 werden Kinder wieder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ohne weitere Voraussetzungen berücksichtigt (§ 32 Abs 3 und 4 iVm § 52 Abs 21b EStG idF des StÄndG 1991, BGBl 1991 I, 1322 = BStBl 1991 I, 665).

 

Rz. 12/1

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Der Kinderfreibetrag und die einkommensbezogene Minderung des Kindergelds (§ 10 Abs 2 BKGG aF) erwiesen sich für die VZ 1983 – 1985 als verfassungswidrig (BVerfG 82, 60 vom 29.05.1990 – 1 BvL 20/84, BStBl 1990 II, 653; BVerfG 82, 198 vom 12.06.1990 – 1 BvL 72/86, BStBl 1990 II, 664). Die Kinderfreibeträge für die VZ 1983 bis 1985 mussten nachträglich für das 1. und das 2. Kind angehoben werden (vgl § 54 EStG idF des StÄndG 1991, BGBl 1991 I, 1322 = BStBl 1991 I, 665).

 

Rz. 13

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Ab VZ 1986 wurde grundsätzlich ein Kinderfreibetrag von 2 484 DM abgezogen. Für das 1. Kind war dieser Kinderfreibetrag aber wiederum zu niedrig und deshalb verfassungswidrig (BFH 171, 534 = BStBl 1993 II, 755). Ausreichend war er für das 2. Kind bemessen (BFH 175, 97 = BStBl 1994 II, 900) und bei 3 und mehr Kindern (BVerfG 91, 93 vom 14.06.1994 – 1 BvR 1022/88, BStBl 1994 I, 909; BFH 177, 359 = BStBl 1995 II, 582). Dauernd getrennt lebende Ehegatten und nicht miteinander verheiratete Eltern erhielten dem Halbteilungsgrundsatz (> Rz 3 aE) folgend jeder einen Kinderfreibetrag von 1 242 DM (vgl § 32 EStG idF des StSenkG 1986/1988, BGBl 1985 I, 1153 = BStBl 1985 I, 391).

 

Rz. 14

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Für die VZ 1990/1991 wurden die Kinderfreibeträge auf 3 024 DM und 1 512 DM angehoben (vgl § 32 Abs 6 EStG idF des StRefG 1990, BGBl 1988 I, 1093 = BStBl 1988 I, 224). Damit sollten auch Aufwendungen zur Ausübung des Besuchsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils abgegolten werden (BFH 180, 551 = BStBl 1997 II, 54; BFH 219, 119 = BStBl 2008 II, 287). Ab VZ 1991 galt das EStG auch im > Beitrittsgebiet. Vom 01.07.–31.12.1990 wurde in der DDR-Lohnsteuertabelle ein Kinderfreibetrag von 126 DM monatlich (1/12 von 1 512 DM) berücksichtigt.

 

Rz. 14/1

Stand: EL 136 – ET: 11/2023

Ab VZ 1992 wurden die seit VZ 1990 ...

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