Brexit: Umsatzsteuer und Zölle

Das deutsche Umsatzsteuer- und Zollrecht ist besonders stark von der europäischen Harmonisierung geprägt. Entsprechend stark dürften die Auswirkungen des geplanten EU-Austritts Großbritanniens in diesem Bereich ausfallen, durch den es umsatzsteuerlich zum Drittlandsgebiet wird. Vor diesem Hintergrund widmet sich der 3. Teil der Serie zum Brexit ausgewählten Aspekten dieses Rechtsgebiets. 

Selbst wenn der Brexit nur relativ engen Teilbereichen zu echten umsatzsteuerlichen Mehrbelastungen führen dürfte, werden Unternehmen umfassend mit administrativen Herausforderungen konfrontiert.

Besteuerung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs

Im Falle von Warenlieferungen nach Großbritannien wird es sich nach dem Brexit nicht mehr um innergemeinschaftliche Lieferungen, sondern um Ausfuhrlieferungen handeln. Hierdurch ergeben sich beispielsweise Auswirkungen auf die Anforderungen an den Nachweis der Umsatzsteuerfreiheit der Lieferungen, worauf sich Unternehmen entsprechend einstellen müssen (Aufbewahrungspflicht von Ausgangsvermerk statt Gelangensbestätigung etc.).

Ferner ist zu beachten, dass sog. innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte unter Beteiligung eines britischen Unternehmers nicht mehr möglich sein werden. In Abhängigkeit von der Warenbewegung kann dies zu Registrierungspflichten des ausländischen Unternehmens im Inland führen.

Ähnlich verhält es sich in Bezug auf Lieferungen aus Großbritannien nach Deutschland. Diese werden nicht länger als innergemeinschaftlicher Erwerb qualifiziert, welcher vom Warenempfänger zu versteuern ist. Vorbehaltlich von Befreiungsvorschriften würden beim einführenden Unternehmer Einfuhrumsatzsteuer und ggf. auch Zölle ausgelöst. Als Lieferer einer im Inland erbrachten Lieferung kann der britische Unternehmer folglich im Inland registrierungspflichtig werden.

Ob künftig Zölle anfallen werden, wird entscheidend davon abhängen, ob die Austrittsverhandlungen zwischen der EU und Großbritannien zu einer Zollunion führen werden. Selbst im Fall einer Zollunion müssten – mit einem entsprechenden administrativen Aufwand – jedoch voraussichtlich Ein- und Ausfuhren erklärt werden.

Besteuerung grenzüberschreitender Dienstleistungen

Für die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsorts stellt das Umsatzsteuergesetz im Grundsatz bei Leistungen an Unternehmer auf den Ort des Leistungsempfängers bzw. bei Leistungen an Nichtunternehmer auf den Ort des leistenden Unternehmens ab. Ob sich der Leistungsort innerhalb der EU oder im Drittlandsgebiet befindet, spielt hierfür vordergründig keine Rolle. Praktisch sind dennoch Implikationen denkbar, bspw. im Hinblick auf den Nachweis der Unternehmereigenschaft, für welchen künftig keine (EU)-Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mehr zur Verfügung stehen dürfte.

Die angesprochenen Grundregeln zur Bestimmung des Leistungsorts werden zudem teilweise durchbrochen. So findet für bestimmte im Gesetz aufgeführte Leistungen (sog. Katalogleistungen) das Empfängerortsprinzip Anwendung, wenn die Leistung an eine Privatperson bzw. nichtunternehmerische Gesellschaft mit (Wohn-)Sitz im Drittlandsgebiet erbracht wird. Zu den Katalogleistungen gehören auch die Leistungen von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern. Entsprechend ist zu erwarten, dass Beratungsleistungen eines deutschen Steuerberaters an eine britische Privatperson künftig in Deutschland nicht mehr umsatzsteuerpflichtig sein werden.

Dies bedeutet aber nicht, dass die Leistung des Steuerberaters im Beispielsfall künftig vollkommen umsatzsteuerfrei sein muss, denn ggf. könnte in Großbritannien eine Steuer anfallen. Überhaupt ist damit zu rechnen, dass Großbritannien nach dem Brexit nicht länger an die umsatzsteuerlichen Harmonisierungsvorgaben der europäischen Union gebunden ist und das eigene Recht entsprechend beliebig ändern könnte. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass in der EU und in Großbritannien keine oder mehrfach Umsatzsteuer anfällt.

Weitere umsatzsteuerliche Aspekte

Auch über die genannten Aspekte hinaus wird ein EU-Austritt Großbritanniens weitreichende Auswirkungen auf das Umsatzsteuerrecht haben. So können sich bspw. Auswirkungen auf die Vorsteuerabzugsberechtigung (§ 15 Abs. 3 UStG) oder für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren ergeben. Ferner werden die bestehenden Nachweis- und Erklärungspflichtigen (innergemeinschaftliche Handelsstatistik, zusammenfassende Meldungen etc.) betroffen sein.

Insgesamt werden Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Großbritannien vor gewaltigen Herausforderungen stehen.