Chancen des isolierten Antrags auf Einholung von Drittauskünften

Wann darf der Gerichtsvollzieher bei dritten Stellen, wie der gesetzlichen Rentenversicherung oder Steuerbehörden, Nachfragen zum Schuldnervermögen stellen?  Für die Einholung von Drittauskünften muss der Gläubiger glaubhaft machen, dass die im bereits vorliegenden Vermögensverzeichnis aufgeführten Vermögenswerte eine vollständige Befriedigung voraussichtlich nicht erwarten lassen.

Durch die mit der Reform der Zwangsvollstreckung neu eingeführte Regelung in § 802 l Abs. 1 ZPO wurden erweiterte Auskunftsrechte des Gerichtsvollziehers begründet. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, bei dritten Stellen, wie dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Bundeszentralamt für Steuern und dem Kraftfahrt-Bundesamt weitere Informationen zum Schuldner einzuholen.

  • Voraussetzung ist, dass der Schuldner entweder seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist
  • oder bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist. 

Anforderungen bei vorhandenem Vermögensverzeichnis

Liegt nun bereits ein Vermögensverzeichnis des Schuldners vor, das dieser im Auftrag eines anderen Gläubigers abgegeben hat, fragt sich, unter welchen Voraussetzungen ein weiterer Gläubiger Drittauskünfte einholen lassen kann. Ist es zulässig, einen isolierten Antrag auf Einholung von Drittauskünften zu stellen unter Verweis auf die erfolgte Eintragung im Vollstreckungsverzeichnis, wonach die Befriedigung des vorherigen Gläubigers nicht möglich gewesen ist? Oder ist der Gläubiger verpflichtet, gleichzeitig immer auch einen Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft zu stellen?

Unterschiedliche Ansichten in der Rechtsprechung

Die bislang zu dieser Problematik ergangene Rechtsprechung ist nicht einheitlich. So wird die Regelung teilweise restriktiv ausgelegt, da durch die Einholung von Drittauskünften die Rechtssphäre des Schuldners erheblich tangiert wird.

  • Einzelne Amtsgerichte haben daher einen isolierten Antrag auf Drittauskünfte per se für unzulässig erklärt (vgl. AG Esslingen, Beschl. v. 16.05.2013, AZ: 5 M 445/13 oder AG Fürth, Beschl. v. 20.06.2014, AZ: 701 M 2556/14).
  • Demgegenüber wird teilweise auch die bloße Eintragung im Vollstreckungsverzeichnis, wonach die Befriedigung eines anderen Gläubigers ausgeschlossen war, für ausreichend erachtet.

Daraus könne geschlussfolgert werden, dass eine Befriedigung weiterer Gläubiger gleichfalls ausgeschlossen ist (vgl. AG Bonn, Beschl. v. 31.01.2014, AZ: 24 M 352/14).

Einen vermittelnden Standpunkt haben nun das LG Oldenburg (Beschl. v. 14.07.2014, AZ: 6 T 489/14) sowie das AG Euskirchen (Beschl. v. 22.01.2015, AZ: 11 M 156/15) eingenommen. Danach soll zwar die isolierte Einholung von Drittauskünften nicht generell unzulässig sein. Ebenso wenig soll aber die bereits erfolgte Eintragung im Vollstreckungsverzeichnis genügen.

Wie muss der Gläubiger agieren?

Vielmehr muss der die Vollstreckung betreibende Gläubiger zumindest glaubhaft machen, dass eine Befriedigung seiner konkreten Forderung aufgrund der Angaben im Vermögensverzeichnis voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Insoweit genügt es nicht, dass der Gläubiger in seinem Antrag darlegt, dass der Schuldner die Vermögensauskunft bereits in einem anderen Verfahren abgegeben hat, in welchem eine Gläubigerbefriedigung nicht erfolgen konnte.

  • Vielmehr muss er unter Berücksichtigung der Höhe seiner zu vollstreckenden Forderung den wesentlichen Inhalt des Vermögensverzeichnisses darlegen und nachvollziehbar begründen, warum in seinem Fall eine Befriedigung gleichfalls ausgeschlossen ist.
  • Aus diesem Grund hat sich in dem vom AG Euskirchen entschiedenen Fall ein Gerichtsvollzieher zu Recht geweigert, die beantragten Drittauskünfte einzuholen.
  • Der Gläubiger hatte sich nämlich nur auf die Eintragung im Vollstreckungsverzeichnis berufen und trotz Hinweises des Gerichtsvollziehers keine weiteren Darlegungen zum Inhalt des Vermögensverzeichnisses gemacht.

Da er jedoch nur wegen einer Forderung in Höhe von rund 570,00 € vollstreckt hatte, während den vorangegangenen Verfahren deutlich höhere Forderungen zugrunde lagen, sah der Gerichtsvollzieher sich nicht zu einer Prüfung imstande, ob eine Vollstreckung wegen dieser geringen Forderung ebenfalls keine Befriedigung erwarten lässt. Die gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers erhobene Erinnerung des Gläubigers wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen. 

(AG Euskirchen, Beschluss vom 22.01.2015, 11 M 156/15).

Vgl. zum Thema auch:

Internationale Zwangsvollstreckung

Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen Suizidgefahr

Schlagworte zum Thema:  Zwangsvollstreckung, Vermögensauskunft