KG Berlin

Anwalt muss bei eigenmächtiger Berufung Verfahrenskosten zahlen


Eigenmächtige Berufung - Anwalt muss Verfahrenskosten zahlen

Das KG Berlin hat entschieden, dass ein Prozessbevollmächtigter bei missbräuchlicher Ausübung einer erteilten Prozessvollmacht persönlich für die Kosten des Berufungsverfahrens haftet. Der Rechtsanwalt hatte ohne Abstimmung mit seinem bedürftigen Mandanten Berufung eingelegt. 

Anwalt legt ohne Rücksprache Berufung ein 

Ohne Rücksprache mit seinem Mandanten zu halten, hatte ein Rechtsanwalt in einem zivilrechtlichen Zahlungsprozess gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin eingelegt (LG Berlin, ohne Datum, 13 O 37/22). Der Beklagte, der dem Rechtsanwalt eine Prozessvollmacht ausgestellt hatte, war vom LG zur Zahlung von 6.373, 33 EUR verurteilt worden. Der Rechtsanwalt hatte im Verlauf des Verfahrens für den bedürftigen Beklagten Prozesskostenhilfe beantragt, die auch bewilligt wurde. Nach dem Erlass des Urteils des LG Berlin brach der Kontakt zwischen dem Beklagten und seinem Prozessbevollmächtigten ab. Der Beklagte hat sich beim Rechtsanwalt nicht gemeldet und war auch telefonisch nicht zu erreichen. Dieser legte dennoch „fristwahrend“ Berufung ein, „um die letzte Möglichkeit, gegen das Urteil vorzugehen, nicht auch noch zu verlieren“. 

Beklagter fordert Rücknahme der Berufung 

Als der Beklagte davon erfuhr, dass der Rechtsanwalt Berufung eingelegt hatte, teilte er dem Gericht per E-Mail mit, dass diese nicht erwünscht sei und kündigte die Rücknahme der Berufung an. Die Berufungseinlegung ohne Rücksprache bezeichnete er als gravierenden Vertrauensbruch, da er über die Erfolgsaussichten und das erhebliche Kostenrisiko nie aufgeklärt worden sei. Daraufhin nahm der Rechtsanwalt die Berufung zurück. 

KG verurteilt Anwalt zur Kostenübernahme 

Nach der Anhörung des Anwalts bestätigte das KG die Rücknahme der Berufung und legte diesem die Kosten für das Berufungsverfahren auf.  

Zur Begründung wurde angeführt, dass der Anwalt zwar für eine etwaige zweite Instanz bevollmächtigt war (§ 81 ZPO), die ihm erteilte Vollmacht aber missbraucht habe. Die Einlegung der Berufung sei hier unstreitig nicht gewollt gewesen. Da er die Berufung zudem ohne einen vorherigen Antrag auf Prozesskostenhilfe eingelegt habe, habe er den bedürftigen Mandanten einem erheblichen Kostenrisiko ausgesetzt. Es sei hingegen seine Pflicht, auf einen kostengünstigeren Weg hinzuweisen und seinem Mandanten vor Einlegung eines Rechtsmittels ausreichend Überlegungszeit zu geben, ob er das Rechtsmittel einlegen wolle. 

Für die Kostenübernahme des Berufungsverfahrens gelte das Veranlasserprinzip: Nach §§ 91, 97 ZPO sind die Kosten demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, der sie verursacht hat. Dieses Prinzip gilt auch bei missbräuchlicher Ausübung einer erteilten Prozessvollmacht. 


(KG Berlin Beschluss v. 17.9.2025, 20 U 78/25)


Schlagworte zum Thema:  Recht , Anwalt , Berufung , Prozesskosten
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