Hilfe für Flüchtlinge als Bestandteil von Unternehmensethik

Nicht nur Privatpersonen, eine ganze Reihe von Unternehmen zeigt eine vorbildliche Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen, sei es durch großzügige Ausbildungsangebote, durch kostenlose Sprachkurse oder durch Spendensammlungen in Verkaufsräumen.

Spontane unbürokratische Soforthilfe für Zehntausende von Flüchtlingen in deutschen Bahnhöfen - die Bilder gingen um die Welt und zeigten Deutschland auf dem gesamten Globus in einem so freundlichen Licht, dass manche schon hämisch die zur Schau gestellte hohe Moral der Deutschen als oberlehrerhaft kritisierten.

Auch Unternehmen zeigen eine Willkommenskultur

Nicht nur privat legten sich die Deutschen mächtig ins Zeug, auch manche Unternehmen zeigen ein bisher nicht gekanntes Engagement bei der Wahrnehmung gesamtgesellschaftlicher Verantwortung.

Daimler: Daimler-Boss Zetsche lobt die gute Ausbildung der Flüchtlinge und deren hohe Motivation. Zetsche will Taten folgen lassen und in den Flüchtlingszentren nach Arbeitnehmern suchen.

Bosch: Einer der größten Zulieferer der Automobilindustrie, die Firma Bosch, schließt sich an und erklärt, dass man Bewerbungen von Flüchtlingen gerne entgegen sehe.

Siemens und die Deutsche Telekom bieten bezahlte Praktikumsplätze für Flüchtlinge an und stellen Stipendien zur Verfügung. Nach Auffassung einiger Wirtschaft Wissenschaftler könnten diese Aktivitäten sogar wie ein kleines Konjunkturprogramm wirken und damit positiv für die deutsche Wirtschaftsentwicklung sein.

Engagement für Flüchtlinge auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben

Der Geschäftsführer der Marx-Automation-GmbH in Düren (Nordrhein-Westfalen) fördert das ehrenamtliche Engagement seiner Mitarbeiter für Flüchtlinge. Jeder Arbeitnehmer, der Zeit in die Hilfe für Flüchtlinge investiert, erhält Zeitgutschriften auf seinem Arbeitszeitkonto.

100 Mitarbeiter der Konzernzentrale des Stahlkonzerns Thyssen-Krupp unterstützen eine Flüchtlingsunterkunft mit Sportangeboten, Deutschkursen und Kinderbetreuung. Für 2016 hat das Unternehmen 150 zusätzliche Ausbildungsplätze und 230 Praktikumsplätze für Flüchtlinge angekündigt. Die Telekom versorgt Flüchtlingseinrichtungen mit kostenfreiem Internet. Durch die WLAN Versorgung soll Flüchtlingen die Möglichkeit eröffnet werden, mit ihren Verwandten in der Heimat in Kontakt zu treten.

Enorme Vielfalt der Hilfsangebote

Der Pharmakonzern Bayer in Leverkusen bietet bereits seit Oktober einen Aufbaukurs zur Berufsvorbereitung für junge Flüchtlinge, vorwiegend Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, an. Nach einem firmeninternen Aufruf der Lufthansa an die Mitarbeiter haben sich dort 50 Mitarbeiter als ehrenamtliche Dolmetscher zur Verfügung gestellt.

Die Henkel-Gruppe aus Düsseldorf versorgt Erstaufnahmeeinrichtungen komplett mit Waschmitteln, Allzweckreinigern, Shampoos und sonstigen Pflegemitteln. Ähnlich verhält sich der Hamburger Beiersdorf-Konzern.

Der Chemiekonzern Merck versorgt in Darmstadt Flüchtlingsunterkünfte mit Medikamenten und stellt die Betriebssporthalle für Schulen bereit, die ihre eigene Sporthalle wegen untergebrachter Flüchtlinge nicht nutzen können. In München bietet ein Verein für minderjährige Flüchtlinge Berufsorientierungsmaßnahmen sowie Kurse in den Bereichen Elektro, Trockenbau und Malerhandwerk sowie Sanitär und Heizung an. Die Handwerkskammer München hatte in den letzten Monaten bereits 1.200 Lehrstellen und Praktikumsplätze für Flüchtlinge im Programm. Die Bauindustrie NRW hat eine Ausbildungsvorbereitung eingerichtet. Die IHK Köln hat einen Test speziell für Asylbewerber zur Ermittlung der Kompetenzen und Talente entwickelt.

Unterstützung von Flüchtlingen auch im Ausland

Adidas geht einen anderen Weg und unterstützt Flüchtlingscamps an der türkisch-syrischen Grenze mit einer Reihe von Produkten.

Fresenius leistet ebenfalls bereits in den Heimatländern Hilfe durch Medikamente und Lieferung von Dialysegeräten nach Syrien und in den Gazastreifen.

Leer stehende Gebäude werden als Unterkünfte zur Verfügung gestellt

Der Energiekonzern Eon hat ein leer stehendes Gebäude als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung gestellt. Die Deutsche Post bietet 100.000 m² an Liegenschaften an, die zum kommenden Jahr als Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden können.

Andere Unternehmen arbeiten mit der Bundesagentur für Arbeit an Programmen, um Flüchtlinge schnell in Ausbildung bzw. in den Arbeitsmarkt zu bringen. Langenscheidt stellt online ein kostenloses Wörterbuch für arabischsprechende Flüchtlinge als Starthilfe zur Verfügung und organisiert ebenfalls Sprachkurse.

Spezielle Arbeitsplatzvermittlung für Flüchtlinge

Interessant ist auch das Angebot der Online-Plattform „Workeer“, die speziell Arbeits- und Ausbildungsplätze für Flüchtlinge vermittelt. Bereits mehr als 450 Arbeitgeber haben sich bei der Online-Plattform angemeldet. Erfreulich sind in diesem Zusammenhang auch die Aktivitäten der Hamburger Stadtsparkasse. Diese hat bereits für 2.500 Flüchtlinge private Konten eingerichtet.

Warum tun Unternehmen und Verbände das?

Sicherlich schwingen eigennützige Motive mit. Für ein Unternehmen ist es sowohl mit Blick auf die Mitarbeiter als auch auf Kunden, Geschäftspartner und die Öffentlichkeit insgesamt durchaus attraktiv, ein sozial kompetentes Renommee aufzubauen und sich in der Öffentlichkeit als Wohltäter zu präsentieren.

Neben den geschäfts- und werbepolitischen Aspekten ist aber auch die Motivation der Manager und Mitarbeiter von Unternehmen nicht zu unterschätzen, in einer herausfordernden gesellschaftlichen Situation einfach effektive Hilfe zu leisten. Die Arbeitsministerin Andrea Nahles lobt die deutschen Unternehmen als vorbildlich in ihrem Engagement für Flüchtlinge.

Corporate Social Respionsibility als ein Motiv

Wenn eine Kanzlerin weiterhin sagt „Wir schaffen das“, so scheint das „Wir“ aus einer bisher nicht gekannten Kooperation von Menschen aus Politik, Wirtschaft und hoch motivierten Ehrenamtlichen zu bestehen, die das Ziel, es wirklich zu schaffen, nicht als völlig unwahrscheinlich erscheinen lassen. Als nachhaltige Unternehmensethik im Sinne einer Corporate-Social-Responsibility ist die Haltung der deutschen Unternehmen in jedem Fall wünschenswert. Dass mit diesem Engagement möglicherweise sogar ein Wettbewerbsvorteil für den Wohltäter verbunden ist, sollte da nicht wirklich stören.