Colours of law: Reichsbürger nehmen die Justiz aufs Korn

Mit der Malta Methode setzen Reichsbürger seit einiger Zeit Justizbeamte und insbesondere Gerichtsvollzieher unter Druck. Geldforderungen in Millionenhöhe sollen Justizbedienstete in die Knie zwingen. Gegenmaßnahmen der Behörden bereiten Probleme.

Die Reichsbürger sind auf dem Vormarsch. Das Schreckgespenst Reichsbürger geistert seit Monaten durch die Presse. Durch hemmungslose Verweigerung der Anerkennung staatlicher Behörden und deren Akte reizten die Reichsbürger bereits in der Vergangenheit Behörden und Gerichte bis zum Anschlag. Reichsbürger verweigern Steuerzahlungen, die Zahlung von Bußgeldern und überziehen Gerichte mit Klagen, in denen sie auf Hunderten von Seiten darlegen, weshalb aus ihrer Sicht das Deutsche Reich nach 1945 nicht aufhörte zu existieren und weshalb sie jegliche Anordnungen deutscher Behörden ignorieren.

Justizbedienstete werden mit bizarren Forderungen geschockt

Seit einiger Zeit gehen einige noch einen Schritt weiter. Reichsbürger überziehen Richter, Bedienstete der Justiz und insbesondere auch Gerichtsvollzieher mit absurden Forderungen in Millionenhöhe. So abwegig dies erscheint, so kann dieses Tun für die Betroffenen äußerst unangenehm werden, löst erhebliche Unruhe aus und droht manchen sogar das nahende Weihnachtsfest zu vermiesen.

Auf den Trick muss man erst mal kommen

Die Methode ist frappant: Reichsbürger lassen sich beim Washingtoner Handelsregister „Uniform-Commercial-Code“ (UCC-Register) registrieren. Die Anmeldung ist völlig komplikationslos online möglich. Anschließend werden behauptete, in Wirklichkeit nicht bestehende Forderungen aus angeblichen Schadensfällen und nicht zuletzt Schmerzensgeldforderungen wegen angeblicher Amtspflichtverletzungen durch - aus Sicht der Reichsbürger nicht legitimierte - deutsche Beamte angemeldet und in das US-Register eingetragen. Schadensnachweise werden dort nicht gefordert. Wenig später wird die vermeintliche Forderung an das maltesische Inkassounternehmen „Pegasus-International-Incasso Ltd“ abgetreten. Wahrscheinlich wurde dieses Unternehmen von Reichsbürgern auf Malta gegründet.

Internationaler Vollstreckungsbescheid schnell erwirkt

In einem nach maltesischen Gesetz zulässigen vereinfachten Verfahren, einem Art Mahnverfahren, wird die Forderung bei einem maltesischen Gericht angemeldet. Dieses erlässt einen europaweit gültigen Vollstreckungstitel, falls der angebliche Schuldner der angemeldeten Forderung nicht innerhalb von 30 Tagen bei dem Gericht auf Malta persönlich widerspricht. Persönlicher Widerspruch heißt, der angebliche Schuldner muss persönlich vor dem maltesischen Gericht erscheinen und den Widerspruch dort erklären.

Noch herrscht erhebliche Nervosität

Einige Vollstreckungsversuche mit Hilfe solcher Vollstreckungstitel wurden in Deutschland bereits durchgeführt, scheiterten jedoch an verschiedensten Fehlern, häufig an Formfehlern bei der Zustellung. Die Forderungen gehen in der Regel über mehrere 100.000 Euro, es wurden auch schon Vollstreckungen in einer Größenordnung von mehreren Millionen Euro angedroht. Wie ernst diese Attacken zu nehmen sind, zeigt sich daran, dass das BMJV, das Auswärtige Amt und die Botschaften in den USA inzwischen fieberhaft nach einer Lösung des Problems suchen. Die Betreiberin des UCC- Registers hat sich unterdessen immerhin bereit erklärt, Einträge von Reichsbürgern auf Antrag unbürokratisch zu löschen.

Maltesische Staatsanwaltschaft wird aktiv

Auch die Behörden auf Malta wollen nun gegen die Betrüger vorgehen. Die maltesische Staatsanwaltschaft will Inkassounternehmen, die unberechtigte Forderungen bei Gericht anmelden, wegen Betrugs und wegen Meineids belangen. Letzteres ist deshalb möglich, weil der Inhaber einer behaupteten Forderung gegenüber dem maltesischen Gericht an Eides statt versichern muss, dass die Forderung besteht. Die Bundesregierung hat inzwischen jeden von einer Vollstreckung Betroffenen aufgefordert, dies sofort beim Auswärtigen Amt zu melden. Dem Missbrauch der maltesischen Gerichte soll mit Hilfe der dortigen Staatsanwaltschaft nun endgültig ein Riegel vorgeschoben werden.

Ziel ist Psychoterror

Dies alles ficht die Reichsbürger nicht wirklich an. Ihnen verschafft es schon Befriedigung, wenn die verhassten Justizbediensteten erst mal den Ärger haben, sie in Angst und Schrecken versetzt werden und die Betroffenen sich mit den unberechtigten Forderungen bürokratisch herumschlagen müssen. Alles, was die Beamten der für die Reichsbürger nicht existierenden Bundesrepublik reizt oder ärgert, ist willkommen.

Was im „Deutschen Reich“ sonst noch so läuft

Auch der Verfassungsschutz ist gegenüber den Reichsbürgern inzwischen aktiv. Am Stadtrand von Wittenberg hatte der aus dem Dunstkreis der Reichsbürger kommende, selbst ernannte „König von Deutschland“, Peter Fitzek, auf einem stattlichen Anwesen einen eigenen Staat „Königreich Deutschland“ gegründet, darüber hinaus eine eigene Bank, die „Königliche Reichsbank“, sowie eine eigene Krankenkasse „Deutsche Gesundheit“ errichtet. Eine selbst geschaffene Zollstation mit Schlagbaum verhinderte den Zugang von ungebetenen Gästen. Der König selbst wurde wegen des Verdachts der Untreue in Halle inhaftiert. Vor Gericht hatte Fitzek sich politisch von den Reichsbürgern distanziert und auf die esoterische Komponente seiner Haltung hingewiesen. Sein Königreich jedenfalls ist dort auf die Maße einer Gefängniszelle geschrumpft. Ein königliches Weihnachtsfest steht ihm wohl nicht bevor. Die von den Schikanen der Reichsbürger betroffenen Justizbediensteten jedenfalls sollten sich durch den von den Reichsbürgern verbreiteten Unsinn die Freude am Weihnachtsfest nicht vermiesen lassen.