Für die Praxis sind die obigen Anforderungen alles andere als trivial, da erst bei ihrer Einhaltung eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs und mithin dessen Erlöschen gegeben ist.[102] Der in Rechtsprechung und Literatur zu lesende Satz, dass Nachlassverzeichnisse grundsätzlich nicht zu berichtigen oder zu ergänzen seien und stattdessen die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu verlangen wäre,[103] führt bei Unkenntnis über die oben dargestellten formellen Anforderungen an Inhalt und Umfang eines Nachlassverzeichnisses in die Irre. Das gilt gleichermaßen für das privatschriftliche Nachlassverzeichnis wie das notarielle Nachlassverzeichnis.[104]
1. Erfüllungsvoraussetzung
Die Erfüllung eines Auskunftsanspruchs gem. § 260 Abs. 1 BGB ist laut BGH nicht gegeben, wenn sie nicht ernst gemeint, unvollständig oder von vornherein unglaubhaft ist.[105] Dies bestimmt sich nach den gegebenen objektiven Umständen und unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung.[106] Irrelevant ist hingegen, ob der Gläubiger die erteilte Auskunft für nicht ernst gemeint, unvollständig und/oder unwahr hält.[107]
Soweit ersichtlich, scheitert die Erfüllung des Auskunftsanspruchs gem. § 2314 Abs. 1 BGB in der Praxis vor allem (scil. eigentlich nur) an der Unvollständigkeit – also der Lückenhaftigkeit – der erteilten Auskunft.[108] Erfüllung tritt insofern laut BVerfG dann ein, wenn der Schuldner seiner Auskunftspflicht hinreichend nachkommt, indem die Auskunft formell vollständig und hinreichend substantiiert ist.[109] Bei formeller Lückenhaftigkeit des Inhalts und Umfangs der Auskunft gem. §§ 2314 Abs. 1, 260 Abs. 1 BGB ist der Anspruch folglich nicht erfüllt.[110]
Eine derartige formelle Lückenhaftigkeit ist unter Beachtung der oben dargestellten Anforderungen insbesondere gegeben bei Unübersichtlichkeit der Auskunft (z.B. wegen mehrerer eingereichter Schriftsätze und außergerichtlicher Schreiben[111]), bei (rechts-)irrtümlicher Unvollständigkeit (z.B. Besitz sei nicht Teil der Auskunft[112]), beim gänzlichen Fehlen von sachlichen und zeitlichen Auskunftsteilen (z.B. keine Stellungnahme zu Schenkungen bzw. allgemein zu pflichtteilsergänzungsrelevanten Vorgängen[113]), bei Unvollständigkeit der gemachten Angaben (z.B. fehlende wertbildende Faktoren und/oder fehlende Zustandsbeschreibungen[114]), beim Nichtverschaffen von fremdem Wissen trotz Zumutbarkeit (z.B. über (insb. ausländische) Bankbeziehungen[115]) sowie bei Angaben, die auf falschen Grundlagen beruhen (z.B. gefälschte Unterlagen[116]) oder den Stichtag gem. § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. i.S.d. § 2325 BGB nicht berücksichtigen (z.B. wenn nicht eindeutig zu erkennen ist, ob auf den Todestag abgestellt wird[117]).[118] Notare müssen zudem insbesondere darauf achten, dass sie ihre eigenen Ermittlungstätigkeiten im Verzeichnis dokumentieren und sich vor allem nicht bloß auf die ungeprüfte Wiedergabe von Mitteilungen des Erben beschränken.[119]
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