Rdn 4236a

 

Literaturhinweise:

Backes, Abschied vom Zeugen vom Hörensagen, in: Festschrift für Ulrich Klug, Band II, S. 447

Detter, Der Zeuge vom Hörensagen – eine Bestandsaufnahme, NStZ 2003, 1

Geppert, Der Zeuge vom Hörensagen, Jura 1991, 538

Eisenberg, Anmerkung zur Entscheidung des LG München I vom 11.9.2019 – 23 Ns 453 Js 125721/18 – Anforderungen an die Beweiswürdigung bei einem Zeugen vom Hörensagen, StraFo 2020, 328

Grünwald, Der Niedergang des Prinzips der unmittelbaren Zeugenvernehmung, in: Festschrift für Hans Dünnebier, 1982, S. 347

Krainz, Über den Zeugen vom Hörensagen. Zur strafprozessualen Problematik im Lichte kriminalistischer Erkenntnisse, GA 1985, 402

Nack, Verdeckte Ermittlungen. Der Zeuge vom Hörensagen in der Revision, Krim 1999, 171

Rebmann, Der Zeuge vom Hörensagen im Spannungsverhältnis zwischen gerichtlicher Aufklärungspflicht, Belangen der Exekutive und Verteidigerinteressen, NStZ 1982, 315

Renzikowski, Fair trial und anonymer Zeuge – Die Drei-Stufen-Theorie des Zeugenschutzes im Lichte der Rechtsprechung des EuGHMR, JR 1999, 605

Saeffling, Zur Frage der prozessualen Verwertung von Beweissurrogaten, StV 2010, 339

Schünemann, Zeugenbeweis auf dünnem Eis. Von seinen tatsächlichen Schwächen, seinen rechtlichen Gebrechen und seiner notwendigen Reform, in: Festschrift für Lutz Meyer-Goßner zum 65. Geburtstag, 2011, S. 385

Seebode/Sydow, "Hörensagen ist halb gelogen" – Das Zeugnis vom Hörensagen im Strafprozeß, JZ 1980, 506

Tiedemann, Zeugen vom Hörensagen im Strafverfahren, JuS 1965, 14

s.a. die Hinw. bei → Unmittelbarkeitsgrundsatz, Teil U Rdn 3116, bei → V-Mann in der Hauptverhandlung, Teil V Rdn 3930, und bei → Zeuge, Allgemeines, Teil Z Rdn 4071.

 

Rdn 4237

1. Der in § 250 normierte → Unmittelbarkeitsgrundsatz, Teil U Rdn 3116, schließt nach h.M. in Rspr. und Lit. die Vernehmung des sog. Zeugen vom Hörensagen grds. nicht aus (vgl. u.a. BVerfG NJW 1953, 177 f.; ­zuletzt EGMR NJW 2013, 3225; BVerfG NJW 1997, 999; BGHSt 22, 269 f.; KK-Diemer, § 250 Rn 10; Meyer-Goßner/Schmitt, § 250 Rn 4). Das ist auch für Art. 6 Abs. 3 Buchst. d) MRK anerkannt (Meyer-Goßner/Schmitt, Art. 6 MRK Rn 22 ff. m.w.N.; zum Zeugen vom Hörensagen s.a. Eisenberg, Rn 1027 ff.; eingehend Detter NStZ 2003, 1 m.w.N.; Schünemann, S. 385, 400 ff.; → V-Mann in der Hauptverhandlung, Teil V Rdn 3930).

 

Rdn 4238

2. Der Zeuge vom Hörensagen ist ein unmittelbares Beweismittel. Das gilt nicht nur für Tatsachen, die ihm von einem anderen mitgeteilt worden sind und die den Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllen, z.B. den des § 186 StGB, sondern auch, wenn die Mitteilung als Beweisanzeichen für die Richtigkeit der mitgeteilten Tatsache gelten soll, z.B. über den Inhalt der Aussage einer vom Zeugen vernommenen Person (BGHSt 36, 159). Unerheblich ist, ob der Zeuge vom Hörensagen seine Wahrnehmungen zufällig, im Auftrag der Polizei oder als gerufener Zeuge im Auftrag des Gerichts gemacht hat (BGHSt 33, 178, 181).

 

Rdn 4239

 

Rechtsprechungsbeispiele:

Richter, StA und Polizeibeamte, die als Verhörspersonen über den Inhalt der Aussagen von ihnen vernommener Personen aussagen, was in der Praxis insbesondere bei der Einführung von nicht zur unmittelbaren Vernehmung zur Verfügung stehenden V-Leuten/Verdeckten Ermittlern von Bedeutung ist (vgl. u.a. BGHSt 14, 310; wegen der Einzelh. s.a. → Vernehmung einer Verhörsperson, Teil V Rdn 3694 m.w.N.; → Verwertung der Erkenntnisse eines [gesperrten] V-Mannes, Teil V Rdn 3866; → V-Mann in der Hauptverhandlung, Teil V Rdn 3930),
aber auch Richter und StA, die an der Vernehmung anderer Personen teilgenommen haben und über den Inhalt von deren Aussagen nun Angaben machen sollen (vgl. OLG Koblenz StV 2007, 519 [für Sitzungsvertreterin der StA]),
SV als Zeugen für Zusatztatsachen,
Gerichtshelfer,
Personen, die im Auftrag des Gerichts einen Augenschein eingenommen haben und über das Ergebnis berichten (BGHSt 27, 135, 136 [für Tonbandaufnahme]; s.a. BGH, NStZ 2002, 493 [für Bericht über im EV durchgeführte Übersetzungen einer Telefonüberwachung, die dann Grundlage der Übersetzung des in der HV tätigen Dolmetschers sind]).
 

Rdn 4240

3.a) Soll eine Vernehmungsperson über eine von ihr durchgeführte Vernehmung als Zeuge (vom Hörensagen) vernommen werden, muss der Verteidiger besonders darauf achten, ob nicht ggf. ein Verwertungsverbot besteht (→ Beweisverwertungsverbote, Teil B Rdn 1231; → Glaubwürdigkeitsgutachten, Teil G Rdn 2004; → Vernehmung einer Verhörsperson, Teil V Rdn 3694; s.a. Detter NStZ 2003, 1, 6 f.).

 

☆ Besteht ein Verwertungsverbot, muss der Verteidiger der Verwertung möglichst früh, spätestens bis zu dem in § 257 bestimmten Zeitpunkt, also spätestens unmittelbar im Anschluss an die Beweiserhebung, widersprechen (BGHSt 38, 214; 39, 349). Widerspricht er nicht, kann er sich nach der h.M. in der Rspr. auf das BVV nicht (mehr) berufen (zur Kritik an dieser Rspr. die Nachw. bei →  Wider­spruchslösung , Teil W Rdn  4012  ff.).unmittelbar im Anschluss an die Beweiserhebung, widersprechen (BGHSt 38, 21...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge