Rdn 3378

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Berufung, Allgemeines, Teil B Rdn 640.

 

Rdn 3379

1. Die StPO sieht in zwei Fällen ausnahmsweise die Verurteilung des Angeklagten aufgrund einer HV vor, an der er nicht teilgenommen hat. Dies ist zum einen der Fall des § 232 (dazu → Verhandlung ohne den Angeklagten, Teil V Rdn 3358 ff.). Zum anderen handelt es sich um den Fall des § 412, wenn der Angeklagte in der auf seinen Einspruch gegen einen Strafbefehl anberaumten HV unentschuldigt nicht erschienen ist und auch nicht durch einen Verteidiger vertreten wurde (dazu → Strafbefehlsverfahren, Teil S Rdn 2981 ff.).

 

☆ In beiden Fällen hat der Angeklagte die Möglichkeit, gegen das ergangene Urteil nicht nur Berufung einzulegen, sondern gem. § 235 Abs. 1 S. 1 bzw. gem. § 412 S. 1 i.V.m. § 329 Abs. 7 unter den Voraussetzungen der §§ 44, 45 auch →  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn  4038 , zu beantragen.Berufung einzulegen, sondern gem. § 235 Abs. 1 S. 1 bzw. gem. § 412 S. 1 i.V.m. § 329 Abs. 7 unter den Voraussetzungen der §§ 44, 45 auch → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038, zu beantragen.

 

Rdn 3380

2. Sowohl für die Berufung als auch für die → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038, gilt nach §§ 314 Abs. 1, 45 Abs. 1 eine Frist von einer Woche. Beide Fristen fallen zusammen, da sie i.d.R. jeweils nach Urteilszustellung zu laufen beginnen (s. einerseits § 314 Abs. 2 und dazu → Berufung, ­Berufungsfrist, Teil B Rdn 704, und andererseits §§ 235 Abs. 1, 412, 329 Abs. 7 für die → Wiedereinset­zung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038). § 315 Abs. 1 stellt klar, dass die Frist zur Einlegung der Berufung nicht dadurch aufgeschoben ist, bis über einen Wiedereinsetzungsantrag entschieden ist (KK-Paul, § 315 Rn 1).

 

☆ Mit der Berufungseinlegung darf in diesen Fällen also nicht gewartet werden, bis über die →  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn  4038 , entschieden ist. Es empfiehlt sich daher ein gleichzeitiger Antrag (s. Teil V Rdn  3382 und das Antragsmuster bei Teil V Rdn  3383 ).Berufungseinlegung darf in diesen Fällen also nicht gewartet werden, bis über die → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038, entschieden ist. Es empfiehlt sich daher ein gleichzeitiger Antrag (s. Teil V Rdn 3382 und das Antragsmuster bei Teil V Rdn 3383).

 

Rdn 3381

3. Der Verteidiger wird i.d.R. nach § 315 Abs. 2 vorgehen und gleichzeitig → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038 beantragen und Berufung einlegen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass eine Versäumung der Berufungsfrist ausgeschlossen ist. Vielmehr wird vom "iudex a quo" zunächst über das Wiedereinsetzungsgesuch entschieden. Wird dem stattgegeben, findet eine neue HV 1. Instanz statt, die Berufung ist gegenstandslos (KK-Paul, § 315 Rn 2 m.w.N.). Damit erreicht der Angeklagte eine neue HV in der ersten Tatsacheninstanz und nicht sogleich den Übergang in das Berufungsverfahren. Erst wenn das Wiedereinsetzungsgesuch verworfen wird, wird das Berufungsverfahren durchgeführt und muss das Gericht 1. Instanz die Zulässigkeit der Berufung prüfen (→ Berufung, Zulässigkeit, Teil B Rdn 866).

 

☆ Vorteilhaft ist außerdem noch, dass der Verteidiger im Fall der Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags dagegen sofortige Beschwerde einlegen kann (→  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn  4038 ).Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags dagegen sofortige Beschwerde einlegen kann (→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038).

 

Rdn 3382

4. Für das Zusammentreffen von Wiedereinsetzungsantrag und Berufung ist noch auf Folgendes achten:

Die zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingelegte Berufung gilt nach § 315 Abs. 2 zwar nur für den Fall der Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags eingelegt. Daraus wird jedoch nicht geschlossen, dass auf die Berufung verzichtet wird, wenn sie nicht zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingelegt wird.

 

☆ Die Berufungseinlegung kann also innerhalb der Frist des § 314 Abs. 2 noch nachgeholt werden.Berufungseinlegung kann also innerhalb der Frist des § 314 Abs. 2 noch nachgeholt werden.

Die Berufung bleibt i.Ü. auch wirksam, wenn der Wiedereinsetzungsantrag später zurückgenommen werden sollte (KK-Paul, § 315 Rn 2).

Legt der Angeklagte hingegen Berufung ein, ohne zugleich auch ein Wiedereinsetzungsgesuch zu stellen, gilt dies nach § 315 Abs. 3 als Verzicht auf die Wiedereinsetzung. Dieser Verzicht ist endgültig und bleibt auch wirksam, wenn die Berufung zurückgenommen wird (KK-Paul, § 315 Rn 2).
Ist die Erklärung des Verteidigers mehrdeutig, wird i.d.R. davon auszugehen sein, dass sowohl Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt als auch Berufung eingelegt worden ist (LR-Gössel, § 315 Rn 6).
 

Rdn 3383

 

4. Muster: Wiedereinsetzungsantrag und gleichzeitig eingelegte Berufung

 

☆ Bei dem Wiedereinsetzungsgesuch nach den §§ 235 Abs. 1, 412 S. 1 handelt es sich um einen normalen Antrag auf →  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn  4038 , d.h. d...

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