Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Berufungsfrist beträgt eine Woche.
2. Hinsichtlich des Beginns des Laufes der Frist ist zu unterscheiden, ob der Angeklagte bei der ­Urteilsverkündung anwesend war oder nicht.
3. Ist zweifelhaft, ob die Berufung rechtzeitig eingelegt worden ist, sind die ggf. bestehenden Unklarheiten im Wege des Freibeweises zu klären.
 

Rdn 705

 

Literaturhinweise:

Krumdiek, Unzulässige Einlegung von Berufungen (sog. Sperrberufungen), StRR 2010, 84

Matthies, Die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens der Staatsanwaltschaft bei der Einlegung von Rechtsmitteln gegen Urteile, StraFo 2009, 229

s.a. die Hinw. bei → Berufung, Allgemeines, Teil B Rdn 640.

 

Rdn 706

1.a) Nach § 314 Abs. 1 beträgt die Berufungsfrist eine Woche nach Verkündung des Urteils. Eine vor Urteilsverkündung eingelegte Berufung ist unwirksam. Die Berufungsfrist kann als gesetzliche Frist nicht verlängert werden (Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 42 Rn 5). Ist die Frist versäumt worden, kommt aber die → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038, nach den §§ 44 ff. in Betracht. Für die Berufungsfrist gelten i.Ü. die Ausführungen bei → Revision, Einlegung, Frist, Teil R Rdn 2818, entsprechend. Auf diese kann daher zur Ergänzung verwiesen werden.

 

☆ Der Verteidiger muss die Berufungsfrist entweder selbst oder durch einen zuverlässigen Mitarbeiter im Fristenkalender notieren ( Dahs , Rn 827).Fristenkalender notieren (Dahs, Rn 827).

 

Rdn 707

 

b) Hinweis für den Verteidiger

Der Verteidiger muss sich sorgfältig überlegen, wann er Berufung einlegt. Einerseits muss er, auch wenn ein Verschulden des Verteidigers dem Mandanten nicht zugerechnet wird, im Interesse des Mandanten jede Fristversäumung vermeiden. Andererseits muss er bedenken, dass er durch eine zu frühe Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils ggf. erst ein Rechtsmittel der StA – sog. Sperrberufung – provoziert und damit dann das Verschlechterungsverbot des § 331 entfällt. Will er das vermeiden, empfiehlt es sich, die Berufungsfrist vollständig auszuschöpfen (Dahs, Rn 829; MAH-Chasklowicz/Seitz, § 11 Rn 24; Krumdiek StRR 2010, 84).

 

☆ Legt die StA eine sog. Sperrberufung ein (dazu eingehend Krumdiek , a.a.O.; Matthies StraFo 2009, 229; zur Begründung eines Sperrberufung nach Verständigung StA Nürnberg-Fürth StraFo 2014, 426 m. Anm. Schlothauer ), kann der Verteidiger gegen das dienstliche Verhalten des zuständigen Beamten die form- und fristlose Beschwerde bzgl. die Sachbehandlung in Form der Dienstaufsichtsbeschwerde erheben ( Matthies in: HBStrVf, Kapitel IV, Rn 186 Fn 472; MAH- Chasklowicz/Seitz , a.a.O.; hierzu a. Meyer-Goßner/Schmitt , vor § 296 Rn 22; Krumdiek und Matthies , jew. a.a.O.). Diese ist entweder bei der GStA und gegen deren Entscheidung bzw. auch unmittelbar bei dem zuständigen Justizministerium einzulegen (§ 147 Nr. 2 GVG; Meyer-Goßner/Schmitt , vor § 296 Rn 22; zur Dienstaufsichtsbeschwerde Burhoff , EV, Rn 1635; Burhoff/Kotz/ Hunsmann , RM, Teil B Rn 262).Sperrberufung ein (dazu eingehend Krumdiek, a.a.O.; Matthies StraFo 2009, 229; zur Begründung eines Sperrberufung nach Verständigung StA Nürnberg-Fürth StraFo 2014, 426 m. Anm. Schlothauer), kann der Verteidiger gegen das dienstliche Verhalten des zuständigen Beamten die form- und fristlose Beschwerde bzgl. die Sachbehandlung in Form der Dienstaufsichtsbeschwerde erheben (Matthies in: HBStrVf, Kapitel IV, Rn 186 Fn 472; MAH-Chasklowicz/Seitz, a.a.O.; hierzu a. Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 22; Krumdiek und Matthies, jew. a.a.O.). Diese ist entweder bei der GStA und gegen deren Entscheidung bzw. auch unmittelbar bei dem zuständigen Justizministerium einzulegen (§ 147 Nr. 2 GVG; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 22; zur Dienstaufsichtsbeschwerde Burhoff, EV, Rn 1635; Burhoff/Kotz/Hunsmann, RM, Teil B Rn 262).

 

Rdn 708

2. Hinsichtlich des Beginns des Laufes der Frist ist zu unterscheiden, ob der Angeklagte bei der Urteilsverkündung anwesend war oder nicht (zu Rechtsmittelfristen allgemein Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A Rn 1545 ff.).

 

Rdn 709

a)aa) War der Angeklagte anwesend, beginnt der Lauf der Frist mit der Urteilverkündung des Urteils der ersten Instanz. Für den in der HV anwaltlich vertretenen Nebenkläger beginnt die Rechtsmittelfrist nach § 401 Abs. 2 S. 1 ebenfalls mit der Urteilsverkündung; es kommt nicht darauf an, ob der Nebenkläger selbst in der HV nicht (mehr) anwesend ist (BGH NStZ-RR 2008, 151).

 

Rdn 710

bb) Die Frist wird nach § 43 berechnet (Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A Rn 1560 ff.). Der Anfangstag zählt also, da es sich um eine Wochenfrist handelt, nicht mit. Das hat zur Folge, dass die Frist mit dem Ablauf des Tages endet, der durch seine Benennung dem Tag der Verkündung des Urteils entspricht (wegen der Einzelh. der Fristberechnung Meyer-Goßner/Schmitt, § 43 Rn 1). Urteilsverkündung ist Verlesung des Urteilstenors und die Mitteilung der Urteilsgründe (→ Urteilsverkündung, Teil U Rdn 3224). § 43 Abs. 2 ist anwendbar. Fällt das Fristende also auf einen allgemeinen Feiertag, endet die Frist mit ...

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