Das Wichtigste in Kürze:

1. Ist gegen einen Strafbefehl rechtzeitig Einspruch eingelegt worden, findet nach § 411 Abs. 1 S. 2 eine HV statt.
2. Eine im EV nach § 408b erfolgte Pflichtverteidigerbestellung gilt auch für die HV, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu erwarten ist. Bei einer geringeren Straferwartung kann die Bestellung nach Einspruchseinlegung aufgehoben werden.
3. Nach § 411 Abs. 2 kann sich der Angeklagte in der HV durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen.
4. Ist zu Beginn der HV der Angeklagte unentschuldigt ausgeblieben und auch nicht durch einen Verteidiger vertreten, muss das Gericht nach § 412 S. 1 den Einspruch verwerfen.
5. Der Einspruch gegen den StB kann nach § 411 Abs. 3 S. 1 bis zur Urteilsverkündung in 1. Instanz zurückgenommen werden. Nach Beginn der HV bedarf es hierzu der Zustimmung der StA.
6. Hinsichtlich der Verlesbarkeit von Protokollen über eine frühere Vernehmung eines Zeugen, SV oder Mitbeschuldigten sowie hinsichtlich der Verlesbarkeit von Erklärungen von Behörden und schließlich hinsichtlich des Umfangs der Beweisaufnahme gilt die für ein beschleunigtes Verfahren geltende Vorschrift des § 420 entsprechend.
7. Kommt es zum Urteil, ist das Gericht nach § 411 Abs. 4 nicht an den im Strafbefehl enthaltenen Rechtsfolgenausspruch gebunden.
 

Rdn 2982

 

Literaturhinweise:

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