Das Wichtigste in Kürze:

1. Nach der Rspr. des BVerfG sind die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens nach den für die einzelnen Gerichtszweige maßgeblichen Verfahrensordnungen grds. nicht gehalten, im Ausgangsverfahren verfassungsrechtliche Rechtsausführungen zu machen.
2. Die Substantiierungsanforderungen im Verfassungsbeschwerdeverfahren vor dem BVerfG stellen eines der Hauptprobleme dar, um die Zulässigkeitsstation der Verfassungsbeschwerde zu überwinden. Dazu können hier nur allgemeine Hinweise gegeben werden.
 

Rdn 1194

 

Literaturhinweise:

Bender, Vortrag vor den Gerichten und Verfassungsbeschwerde, NJW 1988, 808

Lübbe-Wolf, Die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde, wie man das Unwahrscheinliche wahrscheinlicher macht, AnwBl. 2005, 509

s.a. die Hinw. bei → Verfassungsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 730.

 

Rdn 1195

1.a) Bis zur Senatsentscheidung des BVerfG v. 9.11.2004 (BVerfGE 112, 50) herrschte große Unklarheit, welche verfassungsrechtlichen Einwände und Argumente ein Beschwerdeführer bereits vor den Fachgerichten im Ausgangsverfahren erheben musste. Teilweise wurde eine Konstitutionalisierung des Ausgangsprozesses erwartet (vgl. Bender NJW 1988, 808).

 

Rdn 1196

Nach der dann geänderten Rspr. des BVerfG (BVerfGE 112, 50) sind jedoch die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens nach den für die einzelnen Gerichtszweige maßgeblichen Verfahrensordnungen grds. nicht gehalten sind, Rechtsausführungen zu machen, sofern nicht das einfache Verfahrensrecht, wie z.B. bei der Einlegung einer Revision rechtliche Darlegungen verlangt. Grds. genügen ein Sachvortrag und ggf. die Angabe von Beweismitteln den prozessrechtlichen Pflichten und Obliegenheiten; die rechtliche Würdigung und die Anwendung des geltenden Rechts auf den Sachverhalt sind Sache des Richters (BVerfG, a.a.O.). Daran ändert der Grundsatz der Subsidiarität (→ Verfassungsbeschwerde, formelle Subsidiarität, Teil C Rdn 1171; → Verfassungsbeschwerde, materielle Subsidiarität, Teil C Rdn 1177) grds. nichts.

 

Rdn 1197

Die Anforderungen an das Verhalten im Ausgangsverfahren werden nach der Rspr. des BVerfG (BVerfGE 112, 50) auch nicht durch das verfassungsprozessrechtliche Erfordernis der Erschöpfung des Rechtsweges verschärft (→ Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Rechtswegerschöpfung, Teil C Rdn 1182, m.w.N.). Der Beschwerdeführer kann sich im fachgerichtlichen Ausgangsverfahren vielmehr regelmäßig damit begnügen, auf eine ihm günstige Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts hinzuwirken, ohne dass ihm daraus prozessuale Nachteile im Verfahren der Verfassungsbeschwerde erwachsen. Es ist zunächst Aufgabe der Fachgerichte, die Grundrechte zu wahren und durchzusetzen. Dazu gehört ggf. auch die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes (BVerfG, a.a.O.).

 

☆ Nur die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch die Gerichte, insbesondere der Gewährleistungen aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 und Art. 103 Abs. 1 GG ( rechtliches Gehör ), kann wegen des Grundsatzes der Subsidiarität nicht mehr im Verfahren der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden, wenn nicht zuvor alle Mittel des Prozessrechts genutzt wurden, um diesen Verstoß zu verhindern oder zu beseitigen (BVerfGE 112, 50; →  Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, formelle Subsidiarität , Teil C Rdn  1171 ; →  Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, materielle Subsidiarität , Teil C Rdn  1177 ; →  Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Rechtswegerschöpfung , Teil C Rdn  1182 ; →  Anhörungsrüge, Allgemeines , Teil B Rdn  1 , m.w.N.).rechtliches Gehör), kann wegen des Grundsatzes der Subsidiarität nicht mehr im Verfahren der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden, wenn nicht zuvor alle Mittel des Prozessrechts genutzt wurden, um diesen Verstoß zu verhindern oder zu beseitigen (BVerfGE 112, 50; → Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, formelle Subsidiarität, Teil C Rdn 1171; → Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, materielle Subsidiarität, Teil C Rdn 1177; → Verfassungsbeschwerde, Zulässigkeit, Rechtswegerschöpfung, Teil C Rdn 1182; → Anhörungsrüge, Allgemeines, Teil B Rdn 1, m.w.N.).

 

Rdn 1198

b) Etwas anderes kann nach der Rspr. des BVerfG (BVerfGE 112, 50) in den Fällen gelten, in denen bei verständiger Einschätzung der Rechtslage und der jeweiligen verfahrensrechtlichen Situation ein Begehren nur Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn verfassungsrechtliche Erwägungen in das fachgerichtliche Verfahren eingeführt werden. Das ist insbesondere der Fall (vgl. BVerfG, a.a.O.),

soweit der Ausgang des Verfahrens von der Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift abhängt oder
eine bestimmte Normauslegung angestrebt wird, die ohne verfassungsrechtliche Erwägungen nicht begründbar ist.
Verfassungsrechtliche Darlegungen können auch veranlasst sein, wenn nach dem fachgerichtlichen Verfahrensrecht der Antrag auf Zulassung eines Rechtsmittels oder das Rechtsmittel selbst auf die Verletzung von Verfassungsrecht zu stützen ist.
Das dürfte vor allem bei der Rüge des Art. 103 Abs. 2 GG gelten.
 

☆ Für den Strafvert...

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