Das Wichtigste in Kürze:

1. Wird der Kammer eine Menschenrechtsbeschwerde vorgelegt, kann sie diese ohne Weiteres für unzulässig erklären oder im Register streichen (Art. 54 Abs. 1 VerfO-EGMR).
2. Schriftsätze und andere Unterlagen müssen innerhalb der gesetzten Fristen beim Gerichtshof eingereicht werden, anderenfalls werden sie grds. nicht zum Vorgang genommen. Es bestehen außerdem zu beachtenden formale Anforderungen.
 

Rdn 384

 

Literaturhinweise:

Wittinger, Die Einlegung einer Individualbeschwerde vor dem EGMR, NJW 2001, 1238

s.a. die Hinw. bei → Menschenrechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil C Rdn 2.

 

Rdn 385

1.a)aa) Wird der Kammer eine Menschenrechtsbeschwerde vorgelegt, kann sie diese ohne Weiteres für unzulässig erklären oder im Register streichen (Art. 54 Abs. 1 VerfO-EGMR; → Menschenrechtsbeschwerde, Streichung aus der Liste, Teil C Rdn 297). Erklärt die Kammer die Beschwerde nicht sogleich für unzulässig oder ordnet eine Streichung im Register an, kann sie den Sachverhalt weiter aufklären und sich hierzu zwecks Erlangung von Auskünften und Unterlagen an die Parteien wenden, die Beschwerdeschrift dem belangten Vertragsstaat zur Kenntnis bringen und hierzu wechselseitige und weitere Stellungnahmen einholen (Art. 54 Abs. 2 VerfO-EGMR).

 

Rdn 386

bb) Die Kammer kann zunächst allein die Zulässigkeit prüfen und erst nach deren Feststellung in eine Prüfung der Begründetheit eintreten oder Zulässigkeit und Begründetheit gleichzeitig prüfen. Letzteres kann die Kammer bereits mit Übermittlung der Beschwerdeschrift an den belangten Vertragsstaat beschließen (Art. 54a Abs. 1. S. 1 VerfO-EGMR). In diesem Fall fordert die Kammer die Parteien auf, sich auch zur Frage einer gerechten Entschädigung (→ Menschenrechtsbeschwerde, Entschädigung, Teil C Rdn 161) zu äußern und gegebenenfalls Vorschläge zu einer gütlichen Einigung (→ Menschenrechtsbeschwerde, Einigungsverfahren, Teil C Rdn 136; → Menschenrechtsbeschwerde, Entschädigung, Teil C Rdn 161) zu unterbreiten (Art. 54a Abs. 1 S. 2 VerfO-EGMR).

 

Rdn 387

Beschließt die Kammer im Rahmen der reinen Zulässigkeitsprüfung auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, fordert sie die Parteien grds. dazu auf, auch zur Begründetheit der Beschwerde auszuführen (Art. 54 Abs. 3 VerfO-EGMR).

 

☆ Entscheiden kann der EGMR über die Zulässigkeit gleichwohl jederzeit gesondert (Art. 29 Abs. 1 S. 2 EMRK, Art. 54a Abs. 1 S. 4 VerfO-EGMR).Zulässigkeit gleichwohl jederzeit gesondert (Art. 29 Abs. 1 S. 2 EMRK, Art. 54a Abs. 1 S. 4 VerfO-EGMR).

Einreden der Unzulässigkeit müssen soweit möglich von der beschwerdegegnerischen Partei in ihren schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen zur Zulässigkeit vorgebracht werden (Art. 55 VerfO-EGMR).

 

Rdn 388

b) Die Zustellung der Beschwerdeschrift an den gegnerischen Vertragsstaat stellt für den Beschwerdeführer eine Zäsur dar: Ab diesem Zeitpunkt muss sich der Beschwerdeführer grds. einer der Amtssprachen des Europarats bedienen, Art. 34 Abs. 3a VerfO-EGMR (→ Menschenrechtsbeschwerde, Sprache, Teil C Rdn 292). Außerdem muss der Beschwerdeführer nunmehr rechtlich vertreten sein (Art. 36 Abs. 2 VerfO-EGMR). Der Vertreter muss in einer Vertragspartei zugelassener Rechtsbeistand mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei sein; andere Personen kann der EGMR auf Antrag als Vertreter ebenso zulassen (Art. 36 Abs. 4a VerfO-EGMR), wie eine Ausnahme vom Vertretungszwang (Art. 36 Abs. 2 VerfO-EGMR).

 

☆ Jedenfalls muss der Vertreter eine der Amtssprachen des Gerichtshofs hinreichend verstehen (Bei unzureichenden aktiven Sprachkenntnissen kann der Kammerpräsident den weiteren Gebrauch einer der Amtssprachen der Vertragsstaaten erlauben (Art. 36 Abs. 5 VerfO-EGMR).eine der Amtssprachen des Gerichtshofs hinreichend verstehen (Bei unzureichenden aktiven Sprachkenntnissen kann der Kammerpräsident den weiteren Gebrauch einer der Amtssprachen der Vertragsstaaten erlauben (Art. 36 Abs. 5 VerfO-EGMR).

 

Rdn 389

c) Die Kammer kann das Verfahren jederzeit an die Große Kammer abgeben, wenn sein Gegenstand die schwierige Frage der Auslegung der Konvention oder seiner Protokolle aufwirft oder die Entscheidung zu einer Abweichung von einem früheren Urteil des Gerichtshofs führen kann (Art. 30 EMRK) (→ Menschenrechtsbeschwerde, Verfahrensablauf, Verfahren vor der Großen Kammer, Teil C Rdn 370). Die derzeit insoweit gegebene Möglichkeit des Widerspruchs einer Partei soll ab 2014 entfallen (Erklärung von Brighton v. 19. u. 20.4.2012 Nr. 25 Buchst. d), Zusammenfassung EuGRZ 2012, 265).

 

Rdn 390

d) Die Kammer entscheidet auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Art. 54 Abs. 3, 59 Abs. 3 VerfO-EGMR) (→ Menschenrechtsbeschwerde, mündliche Verhandlung, Teil C Rdn 211). Sie entscheidet sodann durch Urteil oder Entscheidung nach Maßgabe des Gegenstands (→ Menschenrechtsbeschwerde, Urteil/Entscheidung, Teil C Rdn 337).

 

Rdn 391

2.a) Schriftsätze und andere Unterlagen müssen innerhalb der gesetzten

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