Rz. 33

In geeigneten Fällen können nach § 90a Abs. 1 FGO das Gericht oder der nach § 6 Abs. 1 FGO bestimmte Einzelrichter sowie im vorbereitenden Verfahren nach § 79a Abs. 2 FGO der Vorsitzende oder nach § 79a Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 FGO der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden. Ein nach diesen Vorschriften ergangener Gerichtsbescheid wirkt nach § 90a Abs. 3 FGO dann als Urteil, wenn nicht rechtzeitig nach § 90a Abs. 2 S. 1 FGO mündliche Verhandlung beantragt wird. In diesem Fall erhält der Rechtsanwalt die volle Terminsgebühr nach Anm. Abs. 2 zu VV 3202. Wird mündliche Verhandlung beantragt, so entscheidet das Gericht nach § 90a Abs. 2 S. 3 FGO aufgrund mündlicher Verhandlung. In diesem Fall entsteht die Terminsgebühr nach VV 3202. Eine Terminsgebühr nach Anm. 2 zu VV 3202 entsteht nicht, wenn ein Beschluss nach § 79a Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 138 Abs. 1 FGO ergangen ist, nachdem die Beteiligten im Anschluss an einen (Teil-)Abhilfebescheid die Hauptsache für erledigt erklärt haben.[16] Ein Hauptsacheerledigungsbeschluss, der nach § 79a Abs. 1 FGO ergangen ist, löst die Terminsgebühr nach Anm. 2 zu VV 3202 nicht aus. Weder handelt es sich insoweit um einen Gerichtsbescheid i.S.d. § 79a Abs. 2 FGO i.V.m. § 90a FGO noch findet bei einem bloßen Hauptsacheerledigungsbeschluss nach § 79a Abs. 1 FGO irgendeine Form eines Verhandlungstermins, Erörterungstermins oder Beweisaufnahmetermins statt.[17]

 

Rz. 34

Umstritten ist, ob die Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn zwar zunächst ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 90a FGO entschieden wird, nach Erlass des Gerichtsbescheids jedoch Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt wird und sich dann das Verfahren ohne eine solche erledigt. Teilweise wird vertreten, dass eine Terminsgebühr in einem solchen Fall nicht entsteht. Dies wird insbesondere damit begründet, dass der Gerichtsbescheid dann gemäß § 90a Abs. 3 FGO als nicht ergangen gilt, wenn rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt wird. Es fehle dann an einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid.[18] Das Verfahrensrecht setze sich im Kostenrecht fort. Nach zutreffender Auffassung kann jedoch auch hier eine Terminsgebühr abgerechnet werden. Die Regelung der Anm. Abs. 2 zu VV 3202 setzt nicht voraus, dass der Gerichtsbescheid auch rechtskräftig wird, es reicht aus, dass im Verfahren zunächst durch Gerichtsbescheid entschieden wurde.[19] Es gilt der Grundsatz, dass einmal entstandene Gebühren nicht wieder entfallen. Die andere Auffassung hätte zur Folge, dass die Beteiligten des Verfahrens ohne jegliches Kostenrisiko zunächst eine streitige Entscheidung des Gerichts abwarten könnten, um dann im Fall des (teilweisen) Unterliegens durch einen Antrag auf mündliche Verhandlung sowie entsprechende Verfahrenserledigung vor einer solchen die Terminsgebühr zu ersparen. Aus kostenrechtlicher Sicht würde es daher für den unterlegenen Beteiligten Sinn machen, nach Erlass des Gerichtsbescheides immer Antrag auf mündliche Verhandlung zu stellen und das Verfahren dann anderweitig zu erledigen.[20] Der gleiche Meinungsstreit besteht auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. Kommentierung zu VV 3104).

 

Rz. 35

Kein Fall der VV 3202 liegt vor, wenn die Behörde den Kläger im Laufe des Verfahrens klaglos stellt und das FG sodann nach § 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3, 4 i.V.m. § 138 Abs. 1 FGO ohne mündliche Verhandlung über die Kosten des Verfahrens entscheidet. Die Anm. Abs. 2 zu VV 3202 i.V.m. Anm. Abs. 1 zu VV 3104 ist auf diesen Fall nicht anwendbar.[21]

[19] FG Saarland 16.10.2017 – 1 KO 1229/17, AGS 2018, 70 = NJW-Spezial 2018, 93 m. zust. Anm. N. Schneider = DStR 2018, 544 m. zust. Anm. Draf; Gerold/Schmid/Müller-Rabe, RVG, VV 3210 Rn 4.
[20] Jost, KP 2012, 46 ff.

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