Rz. 25

Zahlungen gemäß § 58 Abs. 2 können aber nur dann als Anrechnungsbeträge für eine Anrechnung nach § 15a, Anm. Abs. 2 S. 1 zu VV 2503 herangezogen werden, soweit sie noch nach einer Verrechnung auf den Differenzbetrag zwischen Wahlanwaltsvergütung und Beratungshilfevergütung verbleiben. Der Gesetzgeber hat indes bei Einführung des § 15a die vergleichbare, im Rahmen der Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung aufgeworfene Frage nicht geklärt, ob die Zahlungen gemäß § 58 Abs. 2 auf den Differenzbetrag zwischen Wahlanwalts- und Prozesskostenhilfevergütung zu verrechnen sind[43] oder nicht,[44] bevor eine Anrechnung gemäß § 15a, Anm. zu VV 2501 vorzunehmen ist. Umstritten ist ferner, ob § 58 Abs. 2 überhaupt anwendbar ist, wenn dem Anwalt Beratungshilfe- und PKH-Gebühren zustehen.[45]

 

Rz. 26

Die Beratungsgebühr wird nach allerdings umstrittener Auffassung zunächst auf den Differenzbetrag zwischen den PKH-Gebühren und den Wahlanwaltsgebühren angerechnet. Verbleibt dann noch ein Restbetrag von der hälftigen Geschäftsgebühr, so ist dieser dann auf die PKH-Gebühren anzurechnen.[46]

 

Beispiel: Der Anwalt hat den Mandanten außergerichtlich im Rahmen der Beratungshilfe wegen der Beitreibung einer Forderung in Höhe von 6.000 EUR beraten. Aus der Staatskasse wird die Beratungshilfevergütung gezahlt. Da der Schuldner nicht zahlt, wird Klage erhoben, für die dem Mandanten Prozesskostenhilfe bewilligt wird.

Im Rahmen der Beratungshilfe erhält der Anwalt

I. Beratung

 
1. Beratungsgebühr, VV 2501   38,50 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   7,70 EUR
  Zwischensumme 46,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   8,78 EUR
Gesamt   54,98 EUR
Im Rechtsstreit erhält der Anwalt eine 1,3-Verfahrensgebühr (VV 3100) nach dem Wert von 6.000 EUR aus der PKH-Gebührentabelle des § 49 in Höhe von   383,50 EUR
Als Wahlanwalt hätte er demgegenüber eine Verfahrensgebühr aus der Wahlanwaltsgebührentabelle des § 13 verlangen können, also   507,00 EUR
Dies ergibt einen Differenzbetrag in Höhe von   123,50 EUR
Auf diesen Differenzbetrag ist zunächst die Beratungsgebühr zu verrechnen.   123,50 EUR
      – 38,50 EUR
      85,00 EUR

Für eine Anrechnung auf die PKH-Verfahrensgebühr verbleibt daher kein Raum mehr, da noch 85 EUR bis zur Wahlanwaltsgebühr verbleiben. Der Anwalt erhält daher im gerichtlichen Verfahren anrechnungsfrei:

II. Gerichtliches Verfahren (Wert: 6.000 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100, § 49   383,50 EUR
2. 1,2-Verfahrensgebühr, VV 3104, § 49   354,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 757,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   143,93 EUR
Gesamt   901,43 EUR
 

Rz. 27

Der umgekehrte Fall ist auch möglich. Hat der Anwalt die volle Vergütung für z.B. die Vertretung im gerichtlichen Verfahren erhalten, wird zu prüfen sein, ob der Anrechnungsbetrag von 38,50 EUR in voller Höhe auf die Beratungsgebühr VV 2501 anzurechnen ist oder ob ein Anrechnungsbetrag nach einer vorrangigen Verrechnung mit Differenzkosten zwischen der Beratungsgebühr im Rahmen von Beratungshilfe und Wahlanwaltsgebühren noch verbleibt. Indes ergibt sich aus § 58, dass die Wahlanwaltsgebühren gesetzlich vorgesehen sein müssen. Dies ist für die Beratung in der Regel nicht der Fall, weshalb insoweit oftmals die Möglichkeit einer vorrangigen Verrechnung entfällt. Anders liegt dies aber etwa, wenn der Anwalt über ein Rechtsmittel berät. Hierfür besteht die gesetzliche Wahlanwaltsgebühr VV 2100.

[43] Vgl. zur entsprechenden Problematik bei der Festsetzung der anwaltlichen Prozesskostenhilfevergütung: OLG Schleswig MDR 2008, 947; OLG Schleswig v. 3.7.2008 – 9 W 89/08; OLG München JurBüro 2010, 193; OLG Zweibrücken BeckRS 2010, 13507; OLG Zweibrücken NJOZ 2010, 1880; OLG Koblenz AGS 2013, 75; OLG Frankfurt NJOZ 2014, 1343 (unter Aufgabe von OLG Frankfurt NJOZ 2010, 1876).
[44] Vgl. zur entsprechenden Problematik bei der Festsetzung der anwaltlichen Prozesskostenhilfevergütung: OLG Dresden MDR 2009, 470; OLG Jena JurBüro 2009, 23; OLG Düsseldorf AGS 2009, 120; LAG Schleswig-Holstein v. 13.12.2009 – 3 Ta 202/09; LAG Hessen NZA-RR 2009, 608; OVG Lüneburg BeckRS 2013, 51064; OVG Lüneburg NJW 2013, 1618; vgl. auch schon LG Berlin JurBüro 1983, 1060 zu § 129 BRAGO a.F.
[45] Abl. OLG Dresden 30.11.2016 – 20 Wf 1122/16, AGS 2017, 352 = RVGreport 2017, 102; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, VV 2500–2508 Rn 41; noch zur BRAGO LG Berlin 22.2.1983 – 82 AR 29/83; dafür: Riedel/Sußbauer/H. Schneider, RVG, VV 2503 Rn 12; Mayer/Kroiß/Pukall, RVG, VV 2503 Rn 8; Hartung/Schons/Enders/Schons, RVG, VV 2503 Rn 9.
[46] Riedel/Sußbauer/H. Schneider, RVG, VV 2503 Rn 12; Mayer/Kroiß/Pukall, RVG, VV 2503 Rn 8; Hartung/Schons/Enders/Schons, RVG, VV 2503 Rn 9; a.A. OLG Dresden 30.11.2016 – 20 Wf 1122/16, AGS 2017, 352 = RVGreport 2017, 102; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, VV 2500–2508 Rn 41; noch zur BRAGO LG Berlin 22.2.1983 – 82 AR 29/83.

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