Gesetzestext

 
 
Nr. Gebührentatbestand Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 RVG
1008

Auftraggeber sind in derselben Angelegenheit mehrere Personen:

Die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr erhöht sich für jede weitere Person um……

(1) Dies gilt bei Wertgebühren nur, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist.

(2) Die Erhöhung wird nach dem Betrag berechnet, an dem die Personen gemeinschaftlich beteiligt sind.

(3) Mehrere Erhöhungen dürfen einen Gebührensatz von 2,0 nicht übersteigen; bei Festgebühren dürfen die Erhöhungen das Doppelte der Festgebühr und bei Betragsrahmengebühren das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags nicht übersteigen.

(4) Im Fall der Anmerkung zu den Gebühren 2300 und 2302 erhöht sich der Gebührensatz oder Betrag dieser Gebühren entsprechend.
0,3 oder 30 % bei Festgebühren, bei Betragsrahmengebühren erhöhen sich der Mindest- und Höchstbetrag um 30 %

A. Allgemeines

I. Grundsatz

 

Rz. 1

In VV 1008 regelt das RVG die zusätzliche Vergütung des Anwalts für die vermutete Mehrarbeit und den vermuteten Mehraufwand in einem Mehrpersonenverhältnis.[1] Dabei wird an dem Grundsatz festgehalten, dass jeder zusätzliche Auftraggeber dem Anwalt eine höhere Entlohnung für seine Tätigkeit bringt und dass sich die Höhe des weiteren Verdienstes nach der Art der Mehrbelastung richtet (vgl. § 7 Rdn 3). Hier geht es um die geringste Stufe der Erhöhung, indem nur eine Regelgebühr (entweder die Verfahrens- oder die Geschäftsgebühr) angehoben wird.

 

Rz. 2

Die Gebührenerhöhung soll den Mehraufwand und die Mehrarbeit des Rechtsanwalts sowie das erhöhte Haftungsrisiko des Rechtsanwalts bei einer Auftraggebermehrheit abgelten.[2] Die Gebührenerhöhung entsteht, ohne dass es darauf ankommt, ob durch die Vertretung mehrere Auftraggeber tatsächlich Mehraufwand für den Rechtsanwalt angefallen ist.[3]

[2] BT-Drucks 15/1971, S. 205; vgl. auch BGH 22.10.2013 – II ZB 4/13, AGS 2014, 249 = NJW-RR 2014, 186; BGH 15.9.2011 – V ZB 39/11, RVGreport 2011, 459 = NJW 2011, 3723; BGH 19.1.2010 – VI ZB 36/08, AGS 2010, 166 = RVGreport 2010, 100 = NJW 2010, 1377; OLG Naumburg 22.4.2014 – 2 Verg 5/12; OLG Köln AGS 2014, 451 = RVGreport 2014, 362= JurBüro 2014, 528; OLG Nürnberg AGS 2010, 167 = MDR 2010, 532.
[3] BGH 6.10.1983 – III ZR 109/82, JurBüro 1984, 377; OLG Naumburg 22.4.2014 – 2 Verg 5/12; OLG Köln AGS 2014, 451 = RVGreport 2014, 362 = JurBüro 2014, 528; OLG Schleswig AGS 2008, 382 = NJW-RR 2008, 1114; SG Berlin AGS 2011, 178 = RVGreport 2011, 222 = JurBüro 2011, 252; LG Düsseldorf ZMR 2011, 160.

II. Keine Erhöhungsgebühr

 

Rz. 3

In der Praxis wird die Erhöhung der Regelgebühr häufig als Erhöhungsgebühr bezeichnet.[4] Das ist ungenau und irreführend, weil nach der Systematik des Gesetzes der Anwalt im Mehrpersonenverhältnis keine gesonderte Gebühr erhält, was mit § 7 Abs. 1 unvereinbar wäre, sondern nur – ähnlich wie bei einer Tätigkeit in der Rechtsmittelinstanz – mit einem anderen Gebührensatz abrechnen kann.[5]

 

Rz. 4

Durch die Regelung der Erhöhung unter "Allgemeine Gebühren" in Teil 1 VV im Zusammenhang mit selbstständigen Gebühren wird allerdings der Anschein erweckt, auch bei der Erhöhung nach VV 1008 handele es sich um eine selbstständige Gebühr, die auf die Geschäfts- oder Verfahrensgebühr aufgesattelt werde.[6] Diese Interpretation wäre indes systemwidrig. Es entsteht eine Gebührenerhöhung. Die erhöhte Geschäfts- oder Verfahrensgebühr stellt eine einheitliche Gebühr dar.[7] Auch aus der Formulierung in VV Vorb. 1, wonach die Gebühren des Teils 1 VV neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren entstehen, kann nicht geschlossen werden, dass VV 1008 einen selbstständigen Gebührentatbestand regelt. Hiermit ist gemeint, dass die Gebührentatbestände des Teils 1 VV neben den anderen Gebühren der Teile 2–6 VV anfallen können. Die Erhöhung bezieht sich somit auf alle Verfahrens- und Geschäftsgebühren.[8]

[4] Vgl. z.B. BVerfG 4.11.2014 – 2 BvR 2238/13; OLG Celle AGS 2014, 116 = MDR 2014, 117; LG Mannheim GRUR-RR 2014, 370; AG Euskirchen DGVZ 2015, 259; BGH 5.1.2004 – II ZB 22/02, RVGreport 2004, 189, noch zu § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO; zutr. insoweit die Krit. von N. Schneider, RVGreport 2004, 190.
[5] Dieser erhöhte Satz ist die Gebühr i.S.d. § 13 Abs. 2; vgl. Hansens, RVGreport 2005, /372; so auch BGH 5.10.2005 – VIII ZB 52/04, RVGreport 2005, 464.
[6] Siehe auch VV Vorb. 1: "Die Gebühren dieses Teils entstehen neben…".
[7] LSG Berlin-Brandenburg 31.1.2018 – L 39 SF 186/16 B E, AGS 2018, 421; OLG Stuttgart AGS 2010, 121; OLG Stuttgart ZMR 2008, 907; KG AGS 2009, 4 = RVGreport 2008, 391 = JurBüro 2008, 585; LSG Nordrhein-Westfalen 4.1.2010 – L 19 B 316/09 AS; LG Berlin AGS 2006, 484 = RVGreport 2006, 306; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 1008 Rn 3, 283.
[8] KG AGS 2007, 466 = RVGreport 2007, 299 = Rpfleger 2007, 553.

III. Berechnung der Erhöhung

 

Rz. 5

Die Erhöhung wird bei Wertgebühren (§ 13) nicht prozentual von der jeweiligen Ausgangsgebühr ermittelt, sondern als fester Betrag mit jeweils 0,3 Gebühreneinheiten auf...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge