Gesetzestext

 

(1) 1Wenn dem Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Staatskasse zusteht, kann er für die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen aus der Staatskasse einen angemessenen Vorschuss fordern. 2Der Rechtsanwalt, der nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nach § 109 Absatz 3 oder § 119a Absatz 6 des Strafvollzugsgesetzes beigeordnet oder nach § 67a Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bestellt ist, kann einen Vorschuss nur verlangen, wenn der zur Zahlung Verpflichtete (§ 39 oder § 40) mit der Zahlung des Vorschusses im Verzug ist.

(2) Bei Beratungshilfe kann der Rechtsanwalt aus der Staatskasse keinen Vorschuss fordern.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 47 Abs. 1 enthält einen Vorschussanspruch des gerichtlich beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse. Das gilt auch für die in § 59a genannten Anwälte (§ 59a Rdn 9, 12 und 18). Die Regelung übernimmt den Grundgedanken aus § 9, der einen Vorschussanspruch des Wahlanwalts gegenüber seinem Mandanten regelt. Der beigeordnete oder bestellte Anwalt kann – anders als der Wahlanwalt nach § 9 – für voraussichtlich entstehende Gebühren noch keinen Vorschuss verlangen (vgl. Rdn 8). Ansonsten kann auch der beigeordnete oder bestellte Anwalt nach dem Grundsatz verfahren: Vorschuss bedeutet Liquiditätsgewinn und Sicherung des eigenen Vergütungsanspruchs.

Zugleich bestimmt § 47 Abs. 2, dass der in Beratungshilfesachen tätige Rechtsanwalt keinen Vorschuss aus der Staatskasse erhält. Ein Vorschuss auf die weitere Vergütung nach § 50 bei Prozesskostenhilfe mit Zahlungsanordnung kann gem. § 47 nicht geltend gemacht werden, weil erst nach Verfahrensende feststeht, welche vorrangig aus den Ratenzahlungen zu deckenden Kosten angefallen sind.[1]

[1] Vgl. OLG Bamberg JurBüro 1990, 725.

B. Regelungsgehalt

I. Vorschussanspruch

1. Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen (Abs. 1 S. 1)

a) Recht auf Vorschuss

 

Rz. 2

Der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt hat nach § 47 Abs. 1 S. 1 ein Recht auf Vorschuss. Ob und in welcher Höhe er einen Vorschuss verlangt, liegt in seinem Ermessen. Er ist also nicht verpflichtet, einen Vorschuss zu verlangen. Verlangt er ihn aber, liegen die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 vor und enthält der Antrag alle erforderlichen Angaben und Erklärungen, ist der Vorschuss zu gewähren. Der Antrag auf Festsetzung eines Vorschusses kann nur abgelehnt werden, wenn die genannten Voraussetzungen für den Vorschuss nicht vorliegen.

b) Keine Fälligkeit nötig

 

Rz. 3

Abs. 1 S. 1 unterscheidet zwischen Gebühren und Auslagen (Vergütung, § 1 Abs. 1 S. 1). Die Gebühr muss bereits entstanden, braucht aber noch nicht fällig zu sein (siehe § 45 Rdn 58).

Vorschusserhebung bedeutet, dass Kosten bereits vor deren Fälligkeit geltend gemacht werden.[2] Weil gem. § 47 Abs. 1 S. 1 ein Recht auf Vorschuss besteht, muss der gerichtlich beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt bei Geltendmachung von Gebühren und Auslagen vor Eintritt der Fälligkeit auch nicht ausdrücklich erklären, dass er vorschussweise abrechnet.[3] Eine dahingehende Anfrage des Urkundsbeamten ist deshalb überflüssig.

Wann ein Vergütungsanspruch des beigeordneten oder bestellten Anwalts gegen die Staatskasse gegeben ist, wird bei § 45 (siehe § 45 Rdn 30 ff.) erörtert.

[2] Vgl. AG Lichtenberg AGS 2013, 274 = RVGreport 2013, 306.
[3] Vgl. auch BGH 14.12.2017 – VII ZR 253/17.

c) Auslagen

 

Rz. 4

Auslagen sind bereits zu bevorschussen, wenn sie entstanden sind oder ihre Entstehung absehbar ist. Hinreichend erscheint insoweit auch materiell-rechtlich ein Grad von Gewissheit, wie er bei der Glaubhaftmachung gefordert wird, da § 55 Abs. 5 S. 1 dem Anwalt verfahrensrechtlich nicht mehr abverlangt.

2. Verzug als besondere Anspruchsvoraussetzung (Abs. 1 S. 2)

 

Rz. 5

Abs. 1 S. 2 knüpft an § 45 Abs. 2 an. Da der nach § 138 FamFG bzw. § 109 Abs. 3 bzw. § 119a Abs. 6 StVollzG beigeordnete oder nach § 67a Abs. 1 S. 2 VwGO bestellte Anwalt einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nur erhält, wenn er den (vorrangig) zur Zahlung Verpflichteten in Verzug gesetzt hat (vgl. § 45 Rdn 43 ff.), kann auch ein Vorschussanspruch gegen die Staatskasse nur unter dieser Voraussetzung entstehen.

 

Rz. 6

Verzug mit einer Vorschusszahlung liegt vor, falls der Schuldner auf eine Mahnung des Anwalts nicht zahlt (§ 286 Abs. 1 BGB). Der Mahnung bedarf es nicht, wenn der Anwalt mit dem zur Zahlung Verpflichteten einen bestimmten Zahlungstermin vereinbart hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder wenn dieser den Vorschuss ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Die Mahnung ist ebenso entbehrlich, falls 30 Tage seit Zugang einer Vorschussanforderung vergangen sind (§ 286 Abs. 3 S. 1, 1. Hs. BGB) und der Mandant, soweit er Verbraucher ist (§ 13 BGB), auf diese Rechtsfolge besonders hingewiesen wurde. Eine dieser gängigen Verzugsvarianten sollte der Anwalt im Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 5 S. 1 glaubhaft machen können.

3. Kein Vorschussanspruch bei Beratungshilfe (Abs. 2)

 

Rz. 7

Die sachliche Berechtigung der Regelung, dass bei Beratungshil...

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