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Strittig ist, ob und welche Zeittakte zulässigerweise vereinbart werden können. Als erstes Gericht hatte das OLG Düsseldorf[102] jedenfalls bei einer formularmäßigen Klausel dieser Art wegen unangemessener Benachteiligung des Mandanten einen Verstoß gegen § 307 BGB angenommen. Die Abrechnung jeder einzelnen Handlung nach einem Viertelstundentakt führe nach Ansicht des OLG Düsseldorf seitens des Anwalts zu einer "eigensüchtigen Aufblähung des Zeitaufwands" ohne Rücksicht auf das Wirtschaftlichkeitsgebot.[103]

Dagegen hatte sich das OLG Schleswig[104] dafür ausgesprochen, dass allein die Vereinbarung eines Zeittakts, nach dem der Anwalt je angefangene 15 Minuten abrechnen darf, nicht unangemessen sei. Zu überprüfen sei vielmehr im Einzelfall, ob ein Missbrauch des Anwalts bei der Anwendung der Zeittaktklausel vorliege (sog. Ausübungskontrolle). Auch das LG München I hatte zunächst keine Bedenken.[105]

Der BGH[106] schließlich hatte die Frage der generellen Unangemessenheit einer solchen Klausel zunächst offen gelassen, da eine Einzelfallentscheidung zugrunde lag, die weder rechtsgrundsätzlich sei noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung allgemein beantwortet werden müsse.

Das OLG Karlsruhe[107] hatte keine Bedenken gegen eine solche Zeittaktung, hat aber klargestellt. dass diese jedenfalls eine entsprechende Vereinbarung erfordere. Der Anwalt dürfe nicht von sich aus einfach nach einer beliebigen Taktung abrechnen.

Das LG Köln wiederum hat in zwei Entscheidungen[108] eine 15-Minuten-Taktung als unzulässig angesehen.

Schließlich ist die Frage dann aufgrund zweier Entscheidungen des OLG München[109] erneut dem BGH vorgelegt worden, der jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern eine 15-Minutentaktung als unangemessen ansieht.[110]

Ob eine 15-Minutentakt-Klausel gegenüber einem Unternehmer zulässig ist, hat der BGH offen gelassen. Allerdings dürften hier die gleichen Bedenken bestehen wie bei einem Verbraucher.

Das OLG München hat in seinen beiden Entscheidungen angedeutet, dass es gegen einen 6-Minuten-Takt (1/10 einer Stunde) keine Einwände erheben würde; so auch LG Freiburg,[111] wobei diese Entscheidung vor der Entscheidung des BGH ergangen ist.

[102] OLG Düsseldorf AGS 2010, 109 m. Anm. Schons; OLG Düsseldorf AGS 2006, 530 = RVGreport 2006, 420; OLG Düsseldorf 19.7.2007 – I-24 U 46/06, AGS 2008, 12 m. Anm. Schons; dagegen Hansens/Braun/Schneider, Teil 2 Rn 195.
[103] So wörtlich OLG Düsseldorf AGS 2006, 530, 533; ebenso: OLG Düsseldorf RVGreport 2012, 23. Dagegen sei eine Zeittaktklausel, die lediglich die Aufrundung der an einem Tage angefallenen Zeiten auf eine volle Viertelstunde vorsehe, nicht zu beanstanden (OLG Düsseldorf AGS 2012, 366 m. Anm. N. Schneider).
[104] OLG Schleswig AGS 2009, 209 = zfs 2009, 345 (Hansens); ebenso LG München AGS 2010, 284.
[105] LG München I 21.9.2009 – 4 O 10820/08, AGS 2010, 284 = BRAK-Mitt 2010, 148.
[106] BGH 5.3.2009 – IX ZR 144/06, AGS 2009, 209 = AnwBl 2009, 554.
[107] OLG Karlsruhe AGS 2015, 9 = NJW 2015, 418.
[108] LG Köln 24.1.2018 – 26 O 453/16, AGS 2018, 108; LG Köln 18.10.2016 – 11 S 305/15, AGS 2017, 164.
[109] OLG München 5.6.2019 – 15 U 318/18 Rae, RVGreport 2019, 374; OLG München 5.6.2019 – 15 U 319/18 Rae, AGS 2019, 379.
[110] BGH 13.2.2020 – IX ZR 140/19, AGS 2020, 161 = RVGreport 2020, 211; BGH 13.2.2020 – IX ZR 141/19.
[111] LG Freiburg (Breisgau) 19.7.2019 – 8 O 56/18, AGS 2020, 457.

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