Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsvereinbarung-Mindestvergütungsklausel

 

Normenkette

BGB § 123 Abs. 1, §§ 142, 242, 310 Abs. 3 S. 1, §§ 611, 634, 667, 675, 812 f., § 823 Abs. 2; GKG § 42 Abs. 2; JVEG § 8; RVG § 3a; StBVV § 13 Abs. 2; ZPO §§ 141, 529 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 17.01.2018; Aktenzeichen 30 O 10072/16)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.02.2020; Aktenzeichen IX ZR 140/19)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 17.01.2018, Az. 30 O 10072/16, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.334,54 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.05.2016 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Widerklage wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 14% und der Beklagte 86%.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision des Beklagten gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger fordert vom Beklagten die Rückzahlung eines geleisteten Honorars für anwaltliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung.

Der Kläger war Arbeitnehmer der R. Automobile GmbH in ... P. Er bezog ein monatliches Bruttogehalt von 2.400,00 EUR zuzüglich Weihnachts- und Urlaubsgeld.

Am 20.1.2016 teilte ihm der Arbeitgeber mit, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden müsse. Er werde ihm einen Aufhebungsvertrag zusenden, in dem vorgesehen sei, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.3.2016 enden solle. Der Kläger sollte sofort von der Arbeit freigestellt, das Gehalt sollte bis 31.3.2016 weiterbezahlt werden und der Kläger sollte ein qualifiziertes Zeugnis erhalten.

Am 23.1.2016 erhielt der Kläger, der von seinem Vater, dem Zeugen B. S., begleitet wurde beim Beklagten einen Besprechungstermin, der ca. 1 Stunde dauerte. Zunächst wurde über den Fall gesprochen, der Kläger legte seine Arbeitssituation und seine finanziellen Verhältnisse dar. Der Beklagte erklärte, dass er in diesem Fall eine Abfindung herausholen könne. Der weitere Inhalt der Besprechung ist streitig.

Am Ende der Besprechung legte der Beklagte dem Kläger eine Vollmacht, eine Vergütungsvereinbarung und ein Formular Mandatsbedingungen vor, welche vom Kläger nach etwa 5-minütigem Durchlesen unterzeichnet wurden. Ob und in welchem Umfang die Unterlagen erörtert wurden, ist ebenfalls streitig.

Die Vergütungsvereinbarung (Anlage K 1) hatte u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 1 Vergütung

Die Vergütung berechnet sich nach dem Zeitaufwand der Kanzlei."

Für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes wird ein Vergütungssatz von EUR 290,00 pro Stunde zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 19% berechnet. Für Tätigkeiten des Sekretariats wird ein Stundensatz in Höhe von EUR 60,00 vereinbart. Die Kanzlei ist berechtigt, die Tätigkeiten des Sekretariats pauschal mit 15 Minuten pro Stunde anwaltlicher Tätigkeit abzurechnen.

Erforderliche Reise-, Wege- und Wartzeiten gelten als Arbeitszeit. Die Abrechnung des Zeitaufwandes erfolgt im 15-Minuten-Takt (0,25 Stunden). Für angefangene 15 Minuten wird jeweils ein Viertel des Stundensatzes berechnet.

Der Mandant schuldet in allen Fällen - Beratung, außergerichtliche und gerichtliche Vertretung - mindestens das dreifache der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.

Eine Abfindung wird abweichend von der gesetzlichen Regelung dem Gegenstandswert hinzugerechnet.

§ 2 Auslagen, Sach- und Reisekosten ...

§ 3 Anrechnungsausschluss ...

§ 4 Vorschuss / Mahngebühren ...

§ 5 Hinweise

Der Mandant wird darauf hingewiesen, dass diese Gebührenregelung von der gesetzlichen Regelung abweicht und daraus resultierenden Gebühren daher nicht - jedenfalls nicht in voller Höhe - von der Rechtsschutzversicherung, Justizbehörden oder der Gegenseite akzeptiert werden. Dem Mandanten ist bekannt, dass er die Differenz zwischen einer Erstattung einer solchen Stelle und den vereinbarten Gebühren selbst zu tragen hat.

Die Mandatsbedingungen hatten u.a. folgenden Wortlaut (Anlage K 2):

"Die Vergütung richtet sich nach einer gesonderten Vergütungsvereinbarung. Soweit keine Vergütungsvereinbarung geschlossen wird, richtet sich das Honorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.

Honorare können sich nach dem Gegenstandswert richten."

Am 16.2.2016 kam zwischen der R. Automobile GmbH und dem Beklagten als Vertreter des Klägers ein Abwicklungsvertrag (Anlage K 3) zustande, in dem eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 10.000,00 EUR (brutto) vereinbart wurde.

Nachdem vereinbarungsgemäß auf dem Konto des Beklagten ein Betrag von 9....

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