Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskehrung Arbeitgeberzahlung durch Anwalt

 

Normenkette

BGB §§ 138, 242, 305, 307, 634, 667, 675; JVEG § 8 Abs. 2 S. 2; RVG § 3a; StBVV § 13 S. 2; ZPO §§ 141, 286 Abs. 1 S. 1, § 529 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 17.01.2018; Aktenzeichen 30 O 9806/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 17.01.2018, Az. 30 O 9806/16, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.345,79 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.05.2016 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Widerklage wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt die Klägerin 26% und der Beklagte 74%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 16% und der Beklagte 84%.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision des Beklagten gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Auskehrung einer vereinnahmten Arbeitgeberzahlung in Anspruch. Der Beklagte verlangt widerklagend die restliche Vergütung für die außergerichtliche Vertretung der Klägerin im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin war Angestellte der F. GmbH (nachfolgend: Arbeitgeberin). Wegen der Gehaltshöhe wird auf die Anlage B36 verwiesen.

Am 05.09.2015 wurde der Klägerin mündlich die Zahlung einer Abfindung von 6.000,00 EUR brutto angeboten.

Am 09.09.2015 fand zwischen den Parteien ein Erstberatungsgespräch statt, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist. Am Ende des Gesprächs unterzeichnete die Klägerin eine Vollmacht, die Mandatsbedingungen (Anlage K2) und die Vergütungsvereinbarung (Anlage K1). Diese enthält u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 1 Vergütung

Die Vergütung berechnet sich nach dem Zeitaufwand der Kanzlei."

Für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes wird ein Vergütungssatz von EUR 290,00 pro Stunde zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 19% berechnet. Für Tätigkeiten des Sekretariats wird ein Stundensatz in Höhe von EUR 60,00 vereinbart. Die Kanzlei ist berechtigt, die Tätigkeiten des Sekretariats pauschal mit 15 Minuten pro Stunde anwaltlicher Tätigkeit abzurechnen.

Erforderliche Reise-, Wege- und Wartzeiten gelten als Arbeitszeit.

Die Abrechnung des Zeitaufwandes erfolgt im 15-Minuten-Takt (0,25 Stunden). Für angefangene 15 Minuten wird jeweils ein Viertel des Stundensatzes berechnet.

Der Mandant schuldet in allen Fällen - Beratung, außergerichtliche und gerichtliche Vertretung - mindestens das dreifache der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.

Eine Abfindung wird abweichend von der gesetzlichen Regelung dem Gegenstandswert hinzugerechnet.

§ 2 Auslagen, Sach- und Reisekosten

§ 3 Anrechnungsausschluss

§ 4 Vorschuss / Mahngebühren

§ 5 Hinweise

Der Mandant wird darauf hingewiesen, dass diese Gebührenregelung von der gesetzlichen Regelung abweicht und daraus resultierenden Gebühren daher nicht - jedenfalls nicht in voller Höhe - von der Rechtsschutzversicherung, Justizbehörden oder der Gegenseite akzeptiert werden. Dem Mandanten ist bekannt, dass er die Differenz zwischen einer Erstattung einer solchen Stelle und den vereinbarten Gebühren selbst zu tragen hat.

Gegenüber der klägerischen Rechtsschutzversicherung rechnete der Beklagte aus einem Gegenstandswert von 8.287,20 EUR eine 1,3 Geschäftsgebühr (659,10 EUR) nebst Auslagenpauschale (20,00 EUR) und Umsatzsteuer (129,03 EUR), insgesamt 808,13 EUR ab (Anlage K5). Die Zahlung der Rechtsschutzversicherung wurde in dieser Höhe geleistet.

Auf der Grundlage der vom Beklagten geführten Verhandlungen wurde der Aufhebungsvertrag vom 12./13.02.2016 (Anlage K3) geschlossen. Der Vertrag sieht die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2016 mit Abrechnung zu diesem Datum sowie die Zahlung einer Abfindung von 7.600,00 EUR brutto vor. Seitens der Arbeitgeberin wurde ein Betrag von 9.051,93 EUR an den Beklagten überwiesen.

Mit Rechnung vom 23.03.2016 (Anlage K4) rechnete der Beklagte gegenüber der Klägerin auf der Grundlage der Vergütungsvereinbarung "Gebühren in Höhe des dreifachen RVG-Satzes" ab. Aus einem Gegenstandswert von 23.830,62 EUR wurden der dreifache Satz einer 2,5 Geschäftsgebühr (5.910,00 EUR) und der dreifache Satz einer 1,5 Einigungsgebühr (3.546,00 EUR) nebst Auslagenpauschale (20,00 EUR) und Umsatzsteuer (1.800,44 EUR), insgesamt 11.276,44 EUR abgerechnet. Den Rechnungsbetrag verrechnete der Beklagte mit dem eingegangenen Fremdgeld in Höhe von 9.051,93 EUR und der Zahlung der Rechtsschutzversicherung in Höhe von 808,13 EUR. Hinsichtlich der offenen Differe...

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