Rz. 53

Weitere zwingende Voraussetzung, die häufig übersehen wird, ist die Unterschrift des Anwalts. Auf dieses Erfordernis kann nicht verzichtet werden. Mit der Unterschrift übernimmt der Anwalt die strafrechtliche (§ 352 StGB), zivilrechtliche und auch berufsrechtliche Verantwortung für den Inhalt der Berechnung.[28] Die Unterschrift muss eigenhändig sein. Ein Faksimilestempel genügt nicht,[29] ebenso wenig eine eingescannte Unterschrift, da diese letztlich nichts anderes ist als ein auf EDV umgesetzter Faksimilestempel.[30] Auch die Unterschriften des Bürovorstehers[31] oder eines Kostenfachmanns[32] genügen nicht.

 

Rz. 54

Die von dem Rechtsanwalt unterzeichnete Kostenrechnung muss eine Unterschrift erkennen lassen, d.h. einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug, der individuelle und entsprechende charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt.[33]

 

Rz. 55

Die Unterschrift des Praxisnachfolgers reicht dagegen aus.[34] Das Gleiche gilt, wenn der Anwalt seine Zulassung verloren hat und nunmehr der von ihm beauftragte prozessbevollmächtigte Anwalt die Kostenberechnung unterschreibt.[35]

 

Rz. 56

Ist die Honorarforderung zum Inkasso abgetreten, so muss der abtretende Anwalt die Kostennote unterzeichnet haben. Falls es sich bei dem Abtretungsempfänger allerdings ebenfalls um einen Anwalt handelt, soll dessen Unterschrift genügen.[36]

 

Rz. 57

Die Unterschrift muss unter die Gebührennote gesetzt werden. Insoweit hält es das OLG Hamburg[37] jedoch für ausreichend, dass sich aus einem vom Anwalt unterzeichneten Begleitschreiben ergibt, dass dieser die Verantwortung für die Kostenrechnung übernehmen will.[38] Nach AG Gießen[39] soll es sogar ausreichen, wenn der Anwalt seinem Mandanten eine Durchschrift seines Schreibens an den Rechtsschutzversicherer zur Kenntnisnahme übermittelt.

 

Rz. 58

Im Honorarprozess wiederum soll es genügen, wenn die Klageschrift selbst die Anforderungen des Abs. 2 erfüllt, etwa indem die Berechnung in die vom klagenden Rechtsanwalt unterzeichnete Klageschrift "integriert" ist,[40] oder wenn einem vom Anwalt unterzeichneten Schriftsatz eine Kopie der Kostenrechnung als Anlage beifügt wird und der Anwalt in seinem Schriftsatz auf die anliegende Abrechnung Bezug nimmt, sofern der Beklagte eine unterzeichnete oder beglaubigte Ausfertigung des Schriftsatzes nebst Anlage erhält.[41] Das OLG Düsseldorf[42] geht noch einen Schritt weiter und lässt auch dann die einem Schriftsatz beigefügte Rechnungskopie ausreichen, wenn nicht der abrechnende Anwalt selbst seinen Honorarprozess führt, sondern er einen anderen Anwalt mit der Prozessführung beauftragt und dieser den Schriftsatz unterzeichnet hat. Das Gericht geht davon aus, dass auch die Unterschrift "eines bevollmächtigten Vertreters" den Anforderungen des § 10 genüge. Mit dem Wortlaut des Abs. 1 S. 1, der ausdrücklich die Unterschrift des abrechnenden Anwalts verlangt, ist diese Auslegung nicht mehr vereinbar. Die Vorschrift des Abs. 1 S. 1 fordert, dass der abrechnende Rechtsanwalt eine von ihm unterzeichnete Berechnung übermittelt.

 

Rz. 59

Ist der Anwalt verstorben, so reicht eine von dem Prozessbevollmächtigten des Alleinerben unterzeichnete Gebührenrechnung, wenn sich der wesentliche Inhalt der Gebührenrechnung jedenfalls aus einem zur Erläuterung übersandten Vermerk des verstorbenen Anwalts ergibt.[43]

 

Rz. 60

Das Gleiche gilt im Vergütungsfestsetzungsverfahren. Eine durch den Rechtsanwalt gefertigte Berechnung i.S.d. § 10 erhält der Mandant auch, wenn ihm vom Gericht das Vergütungsfestsetzungsgesuch seines Prozessbevollmächtigten zugesandt wird.[44]

 

Rz. 61

Ungeachtet dieser teils sehr weiten Auslegung des Abs. 1 S. 1 sollte sich der Anwalt auf diese Rechtsprechung nicht verlassen, sondern vor Klageerhebung sicherstellen, dass dem Mandanten eine eigenhändig unterzeichnete Abrechnung zugegangen ist.

[28] Riedel/Sußbauer/Ahlmann, RVG, § 10 Rn 13.
[29] OLG Hamburg AnwBl 1970, 233; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, § 10 Rn 7.
[30] Wrede, AGS 1998, 34.
[31] Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, § 10 Rn 7; Hartmann/Toussaint, KostR, § 10 RVG Rn 16; a.A. OLG München MDR 1962, 63.
[32] Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, § 10 Rn 7.
[33] OLG Düsseldorf AGS 2012, 513 = RVGreport 2012, 337.
[34] Fischer-Dorp, AnwBl 1991, 89; a.A. AG Waiblingen 30.9.1988 – 9 C 662/88, zfs 1989, 306; AG Waiblingen 15.8.1988 – 8 C 177/88, AnwBl 1991, 54 m. abl. Anm. Madert.
[35] OLG Düsseldorf MDR 2000, 360.
[36] Bork, NJW 1992, 2449.
[37] OLG Hamburg AnwBl 1970, 223.
[38] Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, § 10 Rn 7.
[39] AG Gießen AnwBl 1967, 443.
[40] OLG Düsseldorf 25.10.2016 – I-24 U 21/16; OLG Nürnberg JurBüro 1973, 956.
[41] OLG Hamburg AnwBl 1970, 233; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, § 10 Rn 7.
[42] OLG Düsseldorf MDR 2000, 360.
[43] OLG Schleswig AGS 2012, 381 = RVGreport 2012, 338.

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