a) Unbewegliche Sachen.

 

Rn 2

Zwischen folgenden Vertragstypen ist zu differenzieren: (1) Der Bauvertrag, dh die Errichtung eines Bauwerks auf einem Grundstück des Bestellers, unterliegt Werkvertragsrecht, da § 650 nur Verträge über die Herstellung und Lieferung beweglicher Sachen dem Kaufrecht unterstellt. (2) Beim Bauträgervertrag besteht für das Grundstück eine Lieferpflicht, für die Kaufrecht gilt, während für das Bauvorhaben als dessen zukünftigen wesentlichen Bestandteil die Herstellung geschuldet ist, die werkvertraglich reguliert ist; es liegt also ein typengemischter Vertrag vor (Hamm BeckRS 13, 17547; BRHP/Faust § 433 Rz 17; D. Schmidt ZfIR 04, 405, 406 mwN; aA Vor §§ 631 ff Rn 15; Pauly MDR 04, 16, 18). (3) Bei einem schon errichteten neuen Bauwerk ist Vertragsgegenstand die Lieferung des bebauten Grundstücks, so dass ein Kaufvertrag vorliegt (§ 438 Rn 16). (4) Wie (2) und (3) werden behandelt Verträge über einem Neubau vergleichbare Sanierungen/Instandsetzungen eines vorhandenen Bauwerks (Vor §§ 631 ff Rn 11 mwN). (5) Verträge über Baumaterialien sind wegen § 438 I Nr 2 lit b) Kaufverträge (s § 438 Rn 17). (6) Am schwierigsten ist die Abgrenzung im Anlagenbau (Lieferung von Maschinen/technischen Anlagen) (vgl Joussen passim, 29; Schuhmann JZ 08, 115 ff): Werkvertragsrecht ist anwendbar, wenn zum Lieferumfang der Einbau in ein Bauwerk gehört oder die Anlage selbst als Bauwerk zu beurteilen ist (vgl Konopka/Acker BauR 04, 251, 252 ff; Schuhmann BauR 05, 293, 294 f; offen BGHZ 182, 140 Rz 14; für Photovoltaikanlage Kaufvertrag: BGH NJW 14, 845 Rz 18–22; Naumbg NJW-RR 14, 842 ff mwN.; Saarbr BauR 14, 1795, 1796; Werkvertrag: BGH NJW 16, 2876 Rz 11, 18 ff; zur Problematik Schneidewindt NJW 13, 3751 ff); ansonsten gilt Kaufrecht gem Rn 3.

b) Bewegliche Sachen.

 

Rn 3

Das Zusammenspiel der §§ 433, 650 führt zu folgenden Abgrenzungen: (1) Reine Lieferverträge, also bes Verträge mit Händlern und über Serienprodukte, sind Kaufverträge (BGHZ 200, 337 Rz 18–20). (2) Bei Verträgen, die neben der Lieferung zur Herstellung, Montage oder zu geistigen Leistungen wie Entwicklungstätigkeit verpflichten, entscheidet, welche Leistung den Vertrag prägt: (a) Verträge mit Herstellungs- und Lieferpflicht unterliegen gem § 650 I 1 KaufR, sofern sie nicht die Pflicht prägt, einen darüber hinaus gehenden Erfolg zu erbringen (Stuttg NJW-RR 11, 202, 203 [OLG Stuttgart 05.05.2010 - 3 U 79/09]). (b) Geistige Leistungen wie Planungsleistungen, die der Verkäufer zur Erfüllung der Lieferpflicht erbringen muss, führen zur Annahme eines Werkvertrags nur, wenn sie dominieren (BGHZ 182, 140 Rz 18 ff; BGH BB 10, 1561 Rz 8; Ddorf NJW-RR 13, 460; Naumbg BeckRS 14, 16164; abw Schuhmann BauR 05, 293, 295: immer Kauf); zB: Entwicklung eines Prototyps: Werkvertrag, anschließende Lieferung der Serienprodukte: Kaufvertrag (Hamm NJW-RR 13, 213 [OLG München 13.11.2012 - 13 U 1624/12 Bau]; aA wohl Naumbg BeckRS 14, 16164: einheitlich Werkvertrag). (c) Lieferverträge mit Montage- und ähnlichen Werk-/Dienstleistungspflichten sind einheitlich Kaufverträge, es sei denn die Werk-/Dienstleistung prägt den Vertrag (Prägung Nein: Einbauküche BGH BeckRS 18, 17582 Rz 19; BGH ZIP 16, 1538 Rz 22; wohl abw 13, 1431 Rz 18; NJW 13, 2584: Kauf Fahrzeug mit Umrüstung auf Flüssiggas; Schlesw BeckRS 14, 12003: Kauf und Teilmontage einer Brandschutzanlage; Kauf und Montage von Blockheizkraftwerken (Naumbg BeckRS 14, 09218; Jena BeckRS 22, 4490); von Solaranlage (Münch NJW 15, 3314 [OLG München 09.07.2015 - 14 U 91/15] Rz 41 f; Stuttg MDR 16, 1131; Saarbr BeckRS 16, 00820 Rz 23 ff); BGH GRUR 21, 1531 [BGH 20.10.2021 - I ZR 96/20]: Lieferung u Montage eines individuell angepassten Treppenlifts; Prägung ja: Kobl NZBau 12, 780, 781 [OLG Koblenz 30.07.2012 - 5 U 492/12]: Einfügung eines Ofens in ein Gebäude) oder steht im Vordergrund (BGH BeckRS 13, 15325: Herstellung eines Parkettbodens). (3) Verträge über unvertretbare Sachen, auch bei Bestimmung für ein Bauwerk (BGHZ 182, 140 Rz 13–15; Kobl BeckRS 13, 10634; LG Landau BeckRS 14, 15168: Lieferung/Einbau eines Automatencasinos), unterliegen gem § 650 I 3 den werkvertraglichen §§ 642 (Mitwirkung des Bestellers), 643 (Kündigung bei unterlassener Mitwirkung), 645 (Verantwortlichkeit des Bestellers), 648 (Kündigungsrecht des Bestellers) und 649 (Kostenanschlag); § 651 I 3 stellt klar, dass statt der werkvertraglichen Abnahme die kaufrechtlichen Zäsuren der §§ 446 (Gefahrübergang) und 447 (Versendungskauf) entscheiden. Damit sind Zulieferverträge Kaufverträge; ihr Charakteristikum sind Herstellung und Lieferung auf die Bedürfnisse des Gesamtherstellers (OEM) zugeschnittener und damit unvertretbarer Kaufsachen, zB passgenaue Fenster/Innenausstattung von Kfz. (4) Die Beistellung von Material durch den Käufer ändert Vertragstypus nicht, da gem § 650 I 2 durch dieses Material verursachte Mängel der Kaufsache zur Anwendbarkeit von § 442 I 1 führen. Die für den Kaufvertrag charakteristische Übereignung der Kaufsache wird trotz der Beistellung erreicht (MüKo/Westermann vor § 433 Rz 21; R...

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