1. Vorvertrag.

 

Rn 27

Der Vorvertrag ist die vertragliche Verpflichtung zum Abschluss eines (Haupt-)Vertrags. Insofern begründet er einen gewillkürten Kontrahierungszwang. Es gibt ihn nur hinsichtlich verpflichtender Verträge, denn die vertragliche Verpflichtung zur Vornahme einer Verfügung ist selbst schuldrechtlicher Hauptvertrag (BGH NJW-RR 92, 977 [BGH 30.04.1992 - VII ZR 159/91]; Karlsr NJW 95, 1562 [OLG Saarbrücken 06.04.1994 - 1 U 1092/93-190-Kart] für Vorvertrag über Unterhaltsverzicht). Eine Bindung durch Vorvertrag kann sinnvoll sein, wenn dem Abschluss eines Hauptvertrags noch tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstehen. IÜ ist hinsichtlich der Annahme einer gewillkürten Bindung vor Abschluss des Hauptvertrags Zurückhaltung geboten (BGH NJW 80, 1577; 01, 1285, 1286). Denn haben sich die Parteien schon so weit geeinigt, dass alle regelungsbedürftigen Fragen geklärt waren, handelt es sich um den Abschluss eines – ggf bedingten – Hauptvertrags (BGH NJW-RR 09, 598 [BGH 18.12.2008 - VII ZR 189/06]). Liegt ein Rechtsbindungswille (s Rn 4) noch nicht vor, ist auch die Annahme eines Vorvertrags ausgeschlossen, so dass es sich lediglich um eine unverbindliche Absichtserklärung (Rn 39) handelt.

 

Rn 28

Anders als der Rahmen- oder Mantelvertrag bedarf der Vorvertrag einer hinreichenden Bestimmtheit hinsichtlich aller objektiv oder nach Verständnis der Parteien wesentlichen Punkte des zu schließenden Hauptvertrags (BGH NJW 06, 2843 [BGH 12.05.2006 - V ZR 97/05]). Der Inhalt des Hauptvertrags muss ggf unter Anwendung des § 287 ZPO im Wege ergänzender Vertragsauslegung bestimmbar sein (BGH NJW-RR 93, 139 [BGH 21.10.1992 - XII ZR 173/90]; Karlsr 96, 997 f). Mantel- oder Rahmenverträge enthalten dagegen nur eine Einigung über einige Einzelpunkte der zukünftig abzuschließenden Einzelverträge. Ein Anspruch auf Vertragsabschluss ergibt sich aus ihnen grds nicht (Staud/Bork Vor zu §§ 145–156 Rz 54), was durch § 154 I 2 bestätigt wird. Gleichwohl kann ein Rahmenvertrag bei entspr Bestimmtheit zugleich auch ein Vorvertrag sein (BGH NJW-RR 92, 977 [BGH 30.04.1992 - VII ZR 159/91]).

 

Rn 29

Für die Formbedürftigkeit des Vorvertrags kommt es auf die Funktion der für den Hauptvertrag einschlägigen Formvorschrift an: Soweit diese auch Warnfunktion besitzt, ist sie auch auf den Vorvertrag anzuwenden (BGHZ 61, 48; NJW 06, 2843, 2844). Daher soll § 550 für den Mietvorvertrag nicht gelten (BGH NZM 07, 445 [BGH 07.03.2007 - XII ZR 40/05] zu § 566 aF; aM Häsemeyer, Die gesetzliche Form der Rechtsgeschäfte, 1971, 112). Durch den Abschluss eines formgültigen Hauptvertrags wird der Formmangel des Vorvertrags analog § 311b I 2 geheilt (BGHZ 160, 368, 323 = NJW 04, 3626; NJW 12, 3171: keine Heilung bei Vertragsschluss durch einen Dritten). Entspr gilt für ein behördliches Genehmigungserfordernis hinsichtlich des Hauptvertrags (Staud/Bork Vor zu §§ 145–156 Rz 63). Bei gewillkürter Schriftform gilt § 154 II (Jauernig/Mansel Vor § 145 Rz 5).

 

Rn 30

Die Pflichten aus dem Vorvertrag werden durch Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines Hauptvertrags und dessen Annahme erfüllt. Nichterfüllung dieser Pflichten kann Schadensersatzansprüche nach § 280 und ein Rücktrittsrecht nach § 323 auslösen (BGH NJW 84, 479). Wurde bei Bestehen eines Vorvertrags ein Hauptvertrag durch einen vollmachtlosen Vertreter geschlossen, besteht ein Anspruch auf Genehmigung mit Wirkung ex nunc (BGHZ 108, 380, 383 = NJW 90, 508 dazu K. Schmidt DNotZ 90, 710).

 

Rn 31

Die Vereitelung des mit dem Hauptvertrag einseitig oder zweiseitig bezweckten Erfolgs berührt die Geschäftsgrundlage des Vorvertrags nicht (BGH NJW 01, 1285, 1287). Die Verjährung der Ansprüche aus dem Vorvertrag unterliegt nicht den für den Hauptvertrag geltenden Regeln, sondern den allg Vorschriften (Staud/Bork Vor zu §§ 145–156 Rz 66; MüKo/Busche Vor § 145 Rz 66).

 

Rn 32

Die prozessuale Durchsetzung des Anspruchs aus dem Vorvertrag erfolgt durch Leistungsklage auf Annahme des vom Kläger gemachten Angebots über den Abschluss des Hauptvertrags. Das stattgebende Urt ersetzt gem § 894 ZPO die Annahmeerklärung des anderen Teils (BGH NJW 84, 480 [BGH 19.10.1983 - IVa ZR 71/82]). Mit der Klage auf Annahme des Angebots kann daher auch die Klage auf Leistung aus dem Hauptvertrag verbunden werden, wobei dieser Antrag unter die Bedingung gestellt werden kann, dass die Klage auf Abschluss des Hauptvertrags Erfolg hat (unechtes Eventualverhältnis, BGH NJW 01, 1285). Regelt ein Vorvertrag jedoch nicht den vollständigen Inhalt des in Aussicht genommenen Hauptvertrags, so muss der Berechtigte mit seinem Klageantrag kein eigenes Angebot unterbreiten und dessen Annahme verlangen, sondern kann auf Abgabe eines ausformulierten Vertragsangebots durch den Verpflichteten (BGH NJW 01, 1272 [BGH 12.01.2001 - V ZR 468/99]) oder auf Feststellung der Pflicht zum Vertragsschluss klagen (BGH NJW 02, 3017 [BGH 03.07.2002 - XII ZR 39/00]). Erhebt er allerdings Klage auf Annahme eines konkreten Vertragsangebots, so muss sich die Konkretisierung ggü...

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