Entscheidungsstichwort (Thema)

Anweisung eines Bankkunden, nach seinem Tode ein Sparguthaben an einen Dritten auszuzahlen

 

Leitsatz (amtlich)

Weist jemand seine Bank an, nach seinem Tode ein Sparguthaben an einen Dritten auszuzahlen, so erlangt dieser im Todesfall einen Anspruch auf das Guthaben nur dann, wenn der Bankkunde es ihm zuwenden wollte und diese Rechtsfolge vom Vertragswillen der Bank umfaßt war.

 

Normenkette

BGB § 328 Abs. 1-2, §§ 331, 2301 Abs. 1-2, §§ 812, 518 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 22. Februar 1982 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie die Beklagte gemäß Ziffer 1 a) des Urteilstenors verurteilt worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien sind Geschwister; sie haben ihre am 2. Januar 1979 verstorbene Mutter (Erblasserin) zu je 1/2 beerbt. Die Erblasserin war Inhaberin mehrerer Wertpapierdepots sowie von Spar- und Festgeldguthaben unter anderem bei der B. Bank AG. Am Todestag wiesen bei dieser Bank das genannte Festgeldkonto ... 40 ein Guthaben von 8.308,26 DM und das Sparkonto ... 80 ein solches von 42.042,58 DM auf; am 31. August 1981 befanden sich auf dem Festgeldkonto 79.299,70 DM und auf dem Sparkonto 512,18 DM. Mit der Klage betreibt der Kläger die Auseinandersetzung. Er hat unter anderem die Zustimmung zur Aufteilung der Guthaben auf den genannten Konten auf die Parteien je zur Hälfte verlangt. Die Beklagte widersetzt sich dieser Aufteilung, weil die Erblasserin ihr die bei der B. Bank befindlichen Vermögenswerte durch Vertrag zugunsten Dritter schenkweise zugewendet habe.

Landgericht und Kammergericht haben die Klage hinsichtlich der genannten Konten und einiger weiterer Posten für begründet erklärt. Die hiergegen gerichtete Revision hat der Senat nur wegen der angeführten Konten bei der B. Bank zur Entscheidung angenommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt, soweit sie angenommen ist, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Kammergericht ist der Auffassung, die bei der B. Bank befindlichen Vermögenswerte seien in den Nachlaß gefallen und daher gemäß §§ 2042, 752 ff BGB auf die Parteien so aufzuteilen, wie der Kläger das wünsche. Weder aus dem Brief der Erblasserin an die Beklagte vom 7. Oktober 1960 noch aus dem Formularauftrag "Bezeichnung eines Verfügungsberechtigten für den Todesfall", den die Erblasserin der B. Bank unter dem 10. November 1960 erteilt habe, ergebe sich eine Berechtigung der Beklagten an diesen Werten, Eine testamentarische Verfügung oder eine Schenkung für den Todesfall hat das Berufungsgericht diesen Erklärungen der Erblasserin nicht entnommen. Der Annahme einer bereits unter Lebenden vollzogenen Schenkung von Todes wegen stehe entgegen, daß die Erblasserin sich ihrer Vermögenswerte praktisch noch nicht begeben habe; sie habe sich nämlich den jederzeitigen Widerruf des der Bank erteilten Auftrages vorbehalten. Wenn die Beklagte sich darauf berufe, die Bank habe ihr bereits 1960 ein entsprechendes Schenkungsangebot der Erblasserin übermittelt, dann übersehe sie, daß der Auftrag der Erblasserin auf Auszahlung des Guthabens erst nach deren Tod auszuführen gewesen sei. Wenn die Bank dennoch der Beklagten bereits 1960 ein derartiges Angebot unterbreitet haben sollte, dann wäre das von dem Auftrag der Erblasserin nicht gedeckt gewesen, so daß die Beklagte ein solches Angebot auch nicht wirksam habe annehmen können. Die Bank habe dann nicht als Vertreterin der Erblasserin, sondern im eigenen Namen gehandelt. Anders wäre die Rechtslage nur dann, wenn die Bank später geleistet hätte. Mangels Bewirkung der Schenkung habe die noch ausstehende Einigung im Valutaverhältnis gemäß § 518 BGB der notariellen Beurkundung bedurft; daran fehle es.

Mit dieser Begründung kann die angefochtene Entscheidung nicht bestehen bleiben.

Ohne Rechtsverstoß geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Brief der Erblasserin an die Beklagte vom 7. Oktober 1960 keine Verfügung von Todes wegen zugunsten der Beklagten enthält. Dagegen ist der Gedankengang, mit dem das Kammergericht eine vollzogene Schenkung ausschließen will, nicht frei von Rechtsfehlern.

1.

Als Mittel für die gewillkürte Weitergabe von Vermögensstücken im Todesfall stehen dem Erblasser neben den Verfügungen von Todes wegen auch rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten außerhalb des Erbrechts offen; anerkanntermaßen kann er auch durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden für den Fall seines Todes zugunsten der von ihm Bedachten schuldrechtliche Ansprüche begründen und dingliche Verfügungen treffen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 01.06.1983 - IVa ZR 35/82 = WM 1983, 939). Zu diesen Gestaltungsmöglichkeiten gehört auch der echte Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328, 331 BGB). Durch ihn kann sich der Erblasser eine Leistung an den von ihm begünstigten Dritten derart versprechen lassen, daß dieser nach dem Tode des Erblassers unmittelbar einen Anspruch gegen den Versprechenden auf die Leistung erlangt. Die Rechtsbeziehungen des Erblassers (Versprechensempfängers) zu dem Versprechenden, das sogenannte Deckungsverhältnis, und auch der dadurch begründete Anspruch des Dritten gegen den Versprechenden unterliegen zumindest im Grundsatz (vgl. dazu BGHZ 66, 8, 13 f) nicht dem Erbrecht, sondern dem Schuldrecht. Demgemäß hat die höchstrichterliche Rechtsprechung sowohl des Reichsgerichts als auch des Bundesgerichtshofes es beständig abgelehnt, derartige Verträge zugunsten Dritter in Anlehnung an § 2301 Abs. 1 BGB den erbrechtlichen Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen zu unterwerfen, auch wenn es sich im Verhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Begünstigten, im Valutaverhältnis, um eine unentgeltliche Zuwendung handelte (RGZ 106, 1 ff; 128, 187 ff; BGHZ 66, 8, 11 ff; Urteil vom 14.07.1976 - IV ZR 123/75 = WM 1976, 1130).

Dementsprechend ist auch die Frage, ob der Begünstigte den auf diese Weise erlangten Anspruch gegen den Versprechenden (oder die zu dessen Erfüllung bewirkte Leistung) behalten darf oder gemäß § 812 BGB an die Erben herausgeben muß, also die Frage nach dem rechtlichen Grund für die Bereicherung des Begünstigten im Valutaverhältnis, nicht nach Erbrecht, sondern nach Schuldrecht zu beurteilen (BGH aaO). Dafür kommt bei unentgeltlicher Begünstigung im allgemeinen nur eine Schenkung in Betracht, Hierzu bedarf es einer Einigung des Begünstigten mit dem Schenker über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung gemäß § 516 BGB, wobei es ausreicht, wenn diese erst nach dem Tode des Schenkers zustande kommt (§§ 130, 153 BGB). Selbst wenn es sich auf seiten des Schenkers lediglich um ein Schenkungsversprechen handelt, und sei es auch nur ein durch das Überleben des Beschenkten bedingtes Versprechen, ist dieses nicht schon deshalb unwirksam, weil es gemeinhin weder den Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB) noch denjenigen für Schenkungsversprechen (§ 518 Abs. 1 Satz 1 BGB) genügt. Denn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nimmt in diesen Fällen im Hinblick auf den sogenannten "Von-Selbst-Erwerb" des Begünstigten (BGHZ 41, 95 f) sowohl Vollziehung im Sinne von § 2301 Abs. 2 BGB als auch Heilung des Formmangels gemäß § 518 Abs. 2 BGB an.

2.

Bei Beachtung dieser Rechtslage hätte das Berufungsgericht zunächst prüfen sollen, ob zwischen der Erblasserin und der Bank ein echter Vertrag zugunsten der Beklagten im Sinne von §§ 328 ff BGB zustandegekommen ist. Der Bundesgerichtshof und bereits das Reichsgericht haben wiederholt angenommen, daß in dem Auftrag eines Bankkunden an seine Bank, nach seinem Tode ein Sparguthaben (oder einen Teil davon) an eine bestimmte Person auszuzahlen, ein echter Vertrag zugunsten dieses Dritten liegen kann (RGZ 88, 137; Urteil vom 30.10.1974 - IV ZR 172/73 = LM BGB § 331 Nr. 5 = NJW 1975, 382). Der Leitsatz der in BGHZ 66, 8 abgedruckten Entscheidung geht sogar noch weiter; ihm könnte - über die Entscheidungsgründe hinausgehend - entnommen werden, ein Vertrag zugunsten Dritter sei in derartigen Fällen stets anzunehmen. Indessen würde eine derartige Annahme zu weit gehen. Ob der Dritte im Todesfall einen Anspruch auf das Guthaben erlangen soll, muß sich vielmehr aus dem Vertrag des Bankkunden mit seiner Bank ergeben. Der Kunde muß das Guthaben dem Dritten für den Todesfall zuwenden wollen. Außerdem muß diese Rechtsfolge auch vom Vertragswillen der Bank mit umfaßt sein; dabei sind aber keine strengen Anforderungen zu stellen (vgl. dazu BGHZ 46, 198, 202). Bei der Auslegung einer derartigen Abrede zwischen dem Bankkunden und seiner Bank darf, wenn sie nicht schon eine ausdrückliche Bestimmung im Sinne von § 328 Abs. 1 BGB enthält, nicht allein auf den Vertragswortlaut abgestellt werden, erst recht nicht, wenn es sich - wie hier - um formularmäßige Erklärungen handelt; vielmehr kommt den Umständen und insbesondere dem Zweck des Vertrages für die Auslegung insoweit gemäß § 328 Abs. 2 BGB besondere Bedeutung zu (BGH Urteil vom 29.11.1974 - V ZR 73/73 = LM BGB § 328 Nr. 48). Hier kann auch ins Gewicht fallen, daß nach dem Vortrag der Beklagten vor dem Tatrichter die Erblasserin das Sparkonto bei der B. Bank nicht in den Nachlaß fallen lassen wollte; dies sei bei Kontoerrichtung und auch noch danach gegenüber Angestellten der Bank klargestellt worden (Bl. 25, 110 d.A.). Der vom Berufungsgericht hervorgehobene Gesichtspunkt, die Erblasserin habe sich den jederzeitigen Widerruf des der Bank erteilten Auszahlungsauftrages zugunsten der Beklagten vorbehalten, steht der Annahme eines Vertrages zugunsten der Beklagten schon deshalb nicht entgegen, weil das Gesetz den zweiseitigen und auch den einseitigen Widerrufsvorbehalt für den Vertrag zugunsten Dritter in §§ 328 Abs. 2, 332 BGB ausdrücklich vorsieht (vgl. auch BGHZ 46, 198, 202; Urteil vom 14.07.1976 - IV ZR 123/75 = WM 1976, 1130).

Sodann wäre durch den Tatrichter zu prüfen gewesen, ob zwischen der Erblasserin und der Beklagten eine Einigung über die Unentgeltlichkeit der - möglichen - Zuwendung des Sparguthabens zustandegekommen ist (BGH Urteil vom 14.07.1976; Urteil vom 30.10.1974). Ein entsprechendes - formloses - Angebot der Erblasserin an die Beklagte könnte hier bereits in deren Schreiben vom 7. Oktober 1960 liegen ("Alles habe ich auf Deinen Namen gegeben, wenn ich sterbe, so daß Du sofort rankommst").

Dafür, daß mit dem Ausdruck "rankommst" mehr gemeint sein könnte, als nur eine Vollmacht oder Verfügungsermächtigung spricht die anschließende Bemerkung der Erblasserin über ihre Vorkehrungen zugunsten des Klägers bei einer anderen Bank, da sei "das Geld auf sein 'abtreten' Teilerbe ebenso gemacht". In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, ob der Kläger tatsächlich eine entsprechende Zuwendung unter Lebenden erhalten hat.

3.

Sollte das Berufungsgericht die Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung des Sparkontos an die Beklagte bereits aufgrund des Schreibens der Erblasserin vom 7. Oktober 1960 dennoch nicht feststellen können, dann wird es weiter zu prüfen haben, ob ein in dem weiteren Verhalten der Erblasserin liegendes Schenkungsangebot der Beklagten zugegangen und von dieser wirksam angenommen (§ 151 BGB) worden ist. Für den Zugang eines derartigen Angebots würde es schon ausreichen, wenn die Beklagte - vor oder nach dem Tode der Erblasserin - von Angestellten der Bank erfahren hätte, daß die Erblasserin ihr das Sparguthaben nach ihrem Tode zuwenden wollte. Ein Widerruf eines solchen Schenkungsangebots der Erblasserin durch den Kläger wäre, sofern er überhaupt von einem einzigen Miterben erklärt werden könnte (vgl. dazu Soergel/Wolf BGB 11. Aufl. § 2301 Rdn. 12 und Lange/Kuchinke, Erbrecht 2. Aufl. S. 456), gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nur dann erheblich, wenn er der Beklagten spätestens mit dem Angebot zugegangen wäre, was der Kläger gegebenenfalls zu beweisen hätte (Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht Band 1 § 130 BGB Rdn. 6 m.w.N.).

4.

Der Senat kann sich nicht darauf beschränken, das angefochtene Urteil nur wegen des bei der B. Bank geführten Sparkontos aufzuheben. Zwar beziehen sich die Erklärung der Erblasserin vom 10. November 1960 und der schlüssige Vortrag der Beklagten hierzu nur auf eben dieses Sparkonto. Das auf diesem Konto am Todestag verbuchte Guthaben von 42.042,58 DM ist jedoch durch nachträgliche Kontobewegungen vermindert worden und scheint auf das von der möglichen Zuwendung an die Beklagte an sich nicht betroffene Festgeldkonto umgebucht worden zu sein. Sollte der Einwand der vollzogenen Schenkung begründet sein, dann steht der Beklagten daher nicht nur das Sparkonto zu, sondern die Erbengemeinschaft wird vor der vom Kläger angestrebten restlichen Auseinandersetzung bezüglich des Festgeldkontos zunächst noch die möglichen Verschiebungen zwischen den beiden Konten (einschließlich des anteiligen Überschusses der angefallenen Nutzungen über die Lasten) rückgängig machen müssen.

 

Unterschriften

Dr. Hoegen

Dehner

Dr. Schmidt-Kessel

Rassow

Dr. Zopfs

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456605

ZIP 1984, 162

DNotZ 1984, 692

JZ 1984, 340

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