I. Geltendmachung des Wertausgleichs (Abs 1).

 

Rn 2

Stirbt ein Ehegatte, der in den Wertausgleich bei der Scheidung (§§ 9–19) fallende Anrechte erworben hat, nach Rechtskraft der Scheidung, aber vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich, so erlischt sein Anspruch auf Wertausgleich (Kobl FamRZ 15, 1295, 1296). Die Erben des verstorbenen Ehegatten können kein Recht auf Wertausgleich geltend machen (§ 31 I 2). Das gilt auch im Fall des Todes während der Aussetzung oder des Ruhens des Versorgungsausgleichsverfahrens (BGH FamRZ 07, 1804). Der andere (überlebende) Ehegatte verliert das Recht auf Wertausgleich dagegen grds nicht. § 31 setzt auch nicht voraus, dass der Tod eines Ehegatten zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem das Verfahren über den Versorgungsausgleich bereits anhängig ist. Die Versorgungsanrechte des verstorbenen Ehegatten sind für den Versorgungsausgleich als fortbestehend anzusehen (BGH FamRZ 21, 668 Rz 17 f). Der überlebende Ehegatte muss sein Recht auf Wertausgleich nach dem Tod des anderen Ehegatten allerdings gegen dessen Erben geltend machen (§ 31 I 1). Diese treten wie Prozessstandschafter an die Stelle des verstorbenen Ehegatten und können die gleichen sachlich-rechtlichen Einwendungen wie dieser geltend machen, zB sich auf Härtegründe iSd § 27 berufen (BGH FamRZ 85, 1240, 1241 [BGH 18.09.1985 - IVb ZB 57/84]), wobei allerdings die durch den Tod des Erblassers entstandene Lage ergänzend zug des anderen Ehegatten berücksichtigt werden kann (BGH FamRZ 84, 467, 470). Die Erben sind von Amts wegen am Verfahren zu beteiligen (§ 219 Nr 4 FamFG).

II. Begrenzung des Anspruchs auf Wertausgleich (Abs 2).

 

Rn 3

Der dem überlebenden Ehegatten zustehende Anspruch ist gem § 31 II 1 dem Grund und der Höhe nach beschränkt: Dieser Ehegatte darf durch den Wertausgleich nicht bessergestellt werden, als wenn der Versorgungsausgleich insgesamt zu Lebzeiten des anderen Ehegatten durchgeführt worden wäre. Er soll nicht etwa seine eigenen ehezeitlichen Anrechte in voller Höhe behalten und seinerseits an den vom verstorbenen Ehegatten erworbenen Anrechten teilhaben dürfen, sondern max den wirtschaftlichen Gegenwert der hälftigen Differenz zwischen den beiderseits in der Ehezeit erworbenen Anrechten erhalten. Es ist also eine Vergleichsberechnung vorzunehmen, bei der die insg in der Ehezeit erworbenen Anrechte beider Eheleute einander gegenüberzustellen sind (BTDrs 16/10144, 71). Das erfordert eine aktuelle Gesamtsaldierung der Ausgleichswerte aller dem Wertausgleich unterliegenden Anrechte (BGH FamRZ 16, 1062 Rz 16; 17, 1303 Rz 11). Dies gilt allerdings nicht, wenn der überlebende Ehegatte selbst keine ehezeitlichen Anrechte erworben hat (BGH FamRZ 21, 668 Rz 16). Bei der Saldierung sind auch geringfügige Anrechte iSd § 18 zu berücksichtigen, wenn diese lediglich Rechnungsposten in der Gesamtbilanz darstellen, ohne selbst zum Ausgleich herangezogen werden (BGH FamRZ 17, 960 Rz 17 ff). Zwar darf der überlebende Ehegatte nach § 31 II 1 nicht bessergestellt werden, als wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden wäre. Mit dieser Regelung soll aber nur erreicht werden, dass der Ausgleich auf die Wertdifferenz der beiderseits erworbenen Anrechte beschränkt bleibt. Besserstellungen des ausgleichsberechtigten Ehegatten, die sich aus der Systematik des Versorgungsausgleichs selbst ergeben, werden dadurch nicht ausgeschlossen (BGH FamRZ 17, 960 Rz 25 f). Teilungskosten iSd § 13 sind iRd Gesamtsaldierung nicht von den Ausgleichswerten abzuziehen, da die einzelnen Anrechte nur als Rechnungsposten einzustellen sind (BGH FamRZ 17, 1303 Rz 26). Außer Betracht zu lassen sind die iSv § 19 II nicht ausgleichsreifen Anrechte sowie Anrechte, die zwar an sich ausgleichsreif sind, deren Einbeziehung in den Wertausgleich aber gem § 19 III unterbleibt (JHA/Holzwarth § 31 Rz 6; abw. Erman/Norpoth/Sasse § 31 Rz 5). Bei der Saldierung können die Ausgleichswerte von Anrechten, die in der gleichen Bezugsgröße ausgedrückt werden, miteinander verrechnet werden. Umfasst die Gesamtbilanz jedoch Anrechte mit verschiedenen Bezugsgrößen, ist ein Gesamtvergleich auf Basis eines gemeinsamen Nenners erforderlich. Grds werden nicht gleichartige Anrechte mit ihren korrespondierenden Kapitalwerten (iSd § 47) in die Bilanz eingestellt (BGH FamRZ 13, 1287 Rz 30; 17, 1303 Rz 30; aA Erman/Norpoth/Sasse § 31 Rz 6; Bührer FamRZ 19, 1846, 1849).

 

Rn 3a

Ergibt sich aus der Gesamtbilanz, dass der überlebende Ehegatte Anrechte von höherem Gesamtausgleichswert erworben hat, ist überhaupt kein Wertausgleich durchzuführen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass zugunsten einer verstorbenen Person kein Anrecht mehr begründet werden kann und deren Erben gem § 31 I 2 kein Recht auf Wertausgleich haben (s Rn 2). Das Familiengericht hat dann in entspr Anwendung des § 224 III FamFG ausdr festzustellen, dass ein Wertausgleich nicht stattfindet (München FamRZ 12, 1387, 1388; Brandbg FamRZ 20, 837). Ist der Versorgungsausgleich dennoch rkr durchgeführt worden, weil der Tod des insg ausgleichsberechtigten Ehegatten noch nicht bekannt war, kann der überlebe...

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