Gesetzestext

 

(1) 1Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, dass das Eigentum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvertrag, bei anderen Sachen die Vorschriften über den Sachdarlehensvertrag Anwendung. 2Gestattet der Hinterleger dem Verwahrer, hinterlegte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden bei Geld die Vorschriften über den Darlehensvertrag, bei anderen Sachen die Vorschriften über den Sachdarlehensvertrag von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet. 3In beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den Verwahrungsvertrag.

(2) Bei der Hinterlegung von Wertpapieren ist eine Vereinbarung der im Absatz 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen wird.

A. Überblick.

 

Rn 1

§ 700 umschreibt den eigenständigen Vertragstyp ›unregelmäßige Verwahrung‹, der Elemente des Verwahrungs- und des Darlehensrechts (§§ 488 ff, 607 ff) enthält. Eine unregelmäßige Verwahrung ist nur in Bezug auf vertretbare Sachen (§ 91) möglich. Im Unterschied zur Verwahrung verliert der Hinterleger das Eigentum mit Übergabe der Sache. Die Rückgabepflicht bezieht sich auf Sachen gleicher Art, Güte und Menge. Im Gegensatz zum Darlehen dient die unregelmäßige Verwahrung vorwiegend den Interessen des Hinterlegers, insb die Gewährleistung der ständigen Verfügbarkeit gleichartiger Sachen. Die anwendbaren Vorschriften ergeben sich durch Verweisung auf das Geld- und Sachdarlehensrecht (§ 700 I 1). Aus dem Verwahrungsrecht sind nur die §§ 695–697 anwendbar (§ 700 I 3).

B. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Der Vertragsschluss richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Eine besondere Form ist nicht erforderlich (Ausnahme: DepotG); in Bezug auf Wertpapiere ist aber eine ausdrückliche Vereinbarung notwendig (§ 700 II). Der Vertrag ist Konsensualvertrag und kann auf zwei Arten geschlossen werden: Nach § 700 I 1 treffen die Parteien eine Vereinbarung mit dem Inhalt, vertretbare Sachen zu übereignen und Sachen gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren. Ferner kann ein Verwahrungsvertrag durch Umwandlung zur unregelmäßigen Verwahrung werden (Vertragsänderung durch Gestattung der Aneignung und die Aneignung: § 700 I 2). Die Hinterlegung (§§ 372 ff) und die Treuhandverwahrung durch einen Notar sind mangels privatrechtlicher Beziehung keine unregelmäßige Verwahrung iSd § 700 (MüKo/Henssler § 700 Rz 5).

 

Rn 3

Die unregelmäßige Verwahrung kann nur bezüglich vertretbarer Sachen vereinbart werden. Hauptanwendungsbereich sind die Sichteinlagen (§ 1 I Nr 1 KWG) bei Banken und Sparkassen. Die Einlagen auf Girokonten sind ebenfalls Gegenstand einer unregelmäßigen Verwahrung (BGHZ 84, 371; 131, 60). Anders dagegen Spar- oder Termineinlagen, bei denen eine Kündigungsfrist einzuhalten ist (Gelddarlehen); es fehlt insoweit an der jederzeitigen Verfügbarkeit. Prämiensparverträge unterliegen dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung, wenn eine Berechtigung, aber keine Verpflichtung, zur Erbringung der monatlichen Sparrate besteht (BGH VuR 19, 421 [BGH 14.05.2019 - XI ZR 345/18]). Besteht dagegen – ausnw – eine Sparverpflichtung, ergibt sich das gesetzliche Kündigungsrecht aus dem Darlehensrecht. Auf Giralgeld ist § 700 allenfalls analog anwendbar.

 

Rn 4

§ 700 I 3 begründet für den Hinterleger die jederzeitige Verfügbarkeit über gleichartige Sachen (§§ 695–697; Brandbg BeckRS 21, 3629, zu Girokonten bei Guthaben). IÜ finden ausschl die Geld- bzw Sachdarlehensnormen Anwendung. Bei Leistungsstörungen richten sich die Folgen nach den allg Regeln (Schadensersatz: §§ 280 ff; § 694 ist nicht anwendbar). Dabei sind die Regeln zur Anscheinsvollmacht zu beachten und der Geschäftspartner ist grds nicht zu einer Kontrolle der Vollmacht des erkennbar für eine Bank handelnden Vertreters verpflichtet (Köln 13 U 100/14). Die Regelungen sind abdingbar. Im Rechtsstreit über die Auszahlung eines Sparguthabens trägt die Bank die Beweislast für die Erfüllung (Dresd MDR 20, 1191 [OLG Dresden 30.07.2020 - 8 U 1827/19]). Regelungen zur Höhe des Verwahrentgelts sind einer AGB-Kontrolle als Preishauptabrede nicht zugänglich.

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