Gesetzestext

 

Vertretbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen.

A. Begriff und Bedeutung.

 

Rn 1

Die Vorschrift definiert etwas antiquiert die vertretbare Sache. Eine bewegliche Sache ist vertretbar, wenn sie sich von anderen Sachen der gleichen Art nicht durch ausgeprägte Individualisierungsmerkmale abhebt und deshalb von anderen Sachen dieser Art ohne weiteres ersetzt werden kann (BGH NJW 66, 2307; 85, 2403). Nicht vertretbar sind dagegen Sachen, die speziell auf die Wünsche des Bestellers ausgerichtet sind. Der Unterschied zur Gattungsschuld nach § 243 besteht darin, dass es für die Vertretbarkeit nur auf die Verkehrsanschauung, also auf rein objektive Kriterien ankommt, während die Festlegung der Gattung der Parteivereinbarung unterliegt. Regelmäßig werden jedoch Gattungsschulden durch die Leistung vertretbarer Sachen erfüllt (MüKo/Stresemann Rz 6).

 

Rn 2

Bedeutsam ist die Unterscheidung va im Schuldrecht. Bei Untergang einer vertretbaren Sache ist idR Naturalrestitution durch Lieferung einer anderen Sache möglich, bei unvertretbaren Sachen dagegen nicht (BGH NJW 85, 2413 [BGH 22.05.1985 - VIII ZR 220/84]). Das Sachdarlehen (§ 607), der Werklieferungsvertrag (§ 651 I 3), die Verwahrung (§ 700) und die Anweisung (§ 783) setzen eine vertretbare Sache voraus. Weiterhin verwendet das Gesetz den Begriff bei Gesellschafterbeiträgen (§ 706 II entfällt zum 1.1.24), Handels- (§ 363 I HGB), Kommissions- (§ 406 II HGB) und Lagergeschäften (§ 469 I HGB). Die Klage im Urkundsprozess (§ 592 ZPO) und eine Herausgabevollstreckung (§ 884 ZPO) sind nur bei vertretbaren Sachen möglich. Ein Grundurteil (§ 304 ZPO) kommt nur bei Leistung einer vertretbaren Sache in Betracht (BGH NJW 75, 1968 [BGH 12.06.1975 - III ZR 34/73]).

B. Beispiele aus der Rspr.

 

Rn 3

Vertretbar sind Geld (vgl §§ 607, 783) und Wertpapiere sowie sämtliche Neuwaren aus einer Serienproduktion, zB Kraftfahrzeuge (München DAR 64, 189), Möbel (BGH NJW 71, 1793), Maschinen wie Wärmepumpen (Hamm BB 86, 555) oder Windkraftanlagen (LG Flensburg WM 00, 2113), Baustoffe (BGH NJW-RR 96, 837), landwirtschaftliche Produkte, Bier einer bestimmten Brauerei (München OLGZ 73, 455) und Wein eines Jahrgangs, einer Rebsorte, Lage und Qualitätsstufe (BGH NJW 85, 2403). Die Anpassung an Wünsche des Bestellers zB die Anfertigung eines Bezugsstoffes (Karlsr BB 88, 1209) ändert an der Vertretbarkeit nichts, solange dies im Serienprogramm des Herstellers vorgesehen ist.

 

Rn 4

Nicht vertretbar sind Grundstücke und bewegliche Sachen, die Grundstücksbestandteil geworden sind (LG Weiden NJW-RR 97, 1119 [AG Hanau 16.07.1996 - 32 C 1145/96 - 12]), Eigentumswohnungen (BGH NJW 95, 588 [BGH 02.12.1994 - V ZR 193/93]), Tiere, soweit sie nicht in Massen verkauft werden, Sonderanfertigungen und Kunstwerke. Trotz der Vielzahl wertet die Rspr auch Werbeprospekte (BGH NJW 66, 2307) und Werbematerial (BGH DB 81, 313 [BGH 13.11.1980 - III ZR 96/79]) für ein bestimmtes Unternehmen als unvertretbar. Unvertretbar ist hier jedoch nur die Gruppe, nicht das einzelne Stück. Weiterhin sind alle gebrauchten Sachen unvertretbar, da jedes Stück einen anderen Zustand aufweist. Bei einer aus Serienteilen bestehenden Sachgesamtheit (zB Einbauküche), handelt es sich jedenfalls dann um eine unvertretbare Sache, wenn diese individuell angepasst und eingebaut wird (BGH NJW-RR 90, 787 [BGH 15.02.1990 - VII ZR 175/89]; KG NJW-RR 96, 1010 [KG Berlin 31.10.1995 - 7 U 5519/95]).

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