Gesetzestext

 

1Von den Vorschriften der §§ 491 bis 511, 514 und 515 darf, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. 2Diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift (vor dem 21.3.16 [§ 491 Rn 7] § 511) zur Umsetzung des Art 22 II u III VerbrKrRL 2008 enthält zwei Tatbestände: Das Unabdingbarkeitsgebot zulasten des Verbrauchers in 1 u das Umgehungsverbot in 2. Die verbraucherschützenden Regelungen der §§ 491 ff sind, soweit nicht wie zB in § 493 III 2 u Art 247 § 15 II u III EGBGB, § 500 I 2 etwas anderes bestimmt ist, der Disposition der Parteien entzogen. Zum 10.6.17 ist 1 um den Verweis auf § 514u § 515 erweitert worden. § 513 enthält einen Verweis auf § 512, sodass die Vorschrift auch dort zur Anwendung gelangt.

B. Unabdingbarkeit (S 1).

 

Rn 2

Die Vorschrift erklärt die in Bezug genommenen Normen für halbzwingend; nur eine abweichende Vereinbarung zulasten des Verbrauchers ist unzulässig. Ob eine solche vorliegt, ist jeweils anhand der einzelnen Klausel u rechtlicher Betrachtungsweise zu prüfen (keine Gesamtschau der vertraglichen Bedingungen; MüKo/Weber Rz 3; Soergel/Seifert Rz 6 f; aA J. Nobbe, Das Günstigkeitsprinzip im Verbrauchervertragsrecht 07, 119 ff). Insb kann eine den Verbraucher belastende nicht im Wege der Kompensation durch eine ihn begünstigende Regelung ausgeglichen werden.

 

Rn 3

Eröffnet das Gesetz dem Unternehmer Gestaltungsmöglichkeiten (zB § 508), o erleichtert es die Einhaltung von Formvorschriften (zB § 504), sind die Voraussetzungen für die Privilegierung zwingend. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut sind neben Vereinbarungen auch einseitige Erklärungen des Verbrauchers, wie zB ein Verzicht auf ein Gestaltungsrecht, unzulässig, auch wenn dieser für ihn wirtschaftlich günstig ist (ausf Bülow/Artz Rz 11 ff; aA Karlsr WM 07, 590). Insb ein Verzicht des Verbrauchers auf sein Widerrufsrecht ist unwirksam (MüKo/Weber Rz 5). Dem Verbraucher bleibt es aber unbenommen, die Durchführung eines von ihm als formnichtig erkannten Vertrags zu verlangen (§ 494 Rn 3).

 

Rn 4

Jede von §§ 491 ff zum Nachteil des Verbrauchers abw Vereinbarung, auch eine solche in einem außergerichtlichen Vergleich, ist unwirksam (§ 134, BGH WM 16, 704 Rz 29 (Gebühr für Sondertilgungsrecht). Es tritt Teilnichtigkeit ein (§ 306 analog; Staud/Kessal-Wulf § 511 Rz 5; Soergel/Seifert Rz 12). Die entstandene Lücke wird durch die einschlägige gesetzliche Bestimmung gefüllt (BGH NJW 77, 1058 [BGH 09.03.1977 - VIII ZR 192/75]).

C. Umgehungsverbot (S 2).

 

Rn 5

Das Gesetz verbietet in Umsetzung des Art 22 III VerbrKrRL 2008 ›anderweitige Gestaltungen‹, die durch Tatbestandserschleichung o Normvermeidung, etwa durch Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Kreditvorgangs in Bagatell-Kreditverhältnisse unter 200 EUR (§ 491 II 2 Nr 1) o Kettenkreditverträge mit Laufzeiten jeweils unter drei Monate (§ 491 II 2 Nr 3) o durch Einschaltung eines Strohmanns (vgl BGHZ 170, 67 Rz 16; NJW 05, 1039; Celle ZGS 07, 79), darauf angelegt sind, die gesetzlichen Schutzvorschriften ganz o teilweise nicht zur Anwendung kommen zu lassen. Das kann auch Sachverhalte mit prozessualem Einschlag betreffen (zB Verhinderung isolierter Zinstitel, § 497 Rn 20). Eine Umgehungsabsicht ist nicht erforderlich (vgl BGHZ 110, 47, 64; BGH NJW 06, 1066; MüKo/Weber Rz 10).

 

Rn 6

S 2 erweitert nur den sachlichen, nicht den persönlichen Anwendungsbereich der §§ 491 ff, auch nicht wenn im Einzelfall ein personenbezogenes Schutzbedürfnis wie bei einem Verbraucher gegeben ist. Die Kreditaufnahme für private Zwecke über eine Einmann-GmbH fällt daher nicht unter die §§ 491 ff (MüKo/Weber Rz 14). Ausnahmen können bei Strohmanngeschäften gelten (Bülow/Artz Rz 28; MüKo/Weber Rz 15).

 

Rn 7

Rechtsfolge ist bei einem Umgehungstatbestand nicht die Unwirksamkeit der betreffenden vertraglichen Vereinbarung; denn durch eine Gesamtnichtigkeit mit bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung des Vertrags wäre der Verbraucher schlechter gestellt (Staud/Kessal-Wulf § 511 Rz 8). Vielmehr sind §§ 491 ff anzuwenden (Erman/Nietsch Rz 6).

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