Gesetzestext

 

(1) Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, dass er seine Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen.

(2) Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung zu, so findet die Vorschrift des § 340 Absatz 2 Anwendung.

(3) Nimmt der Gläubiger die Erfüllung an, so kann er die Strafe nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei der Annahme vorbehält.

A. Funktion.

 

Rn 1

Die §§ 340, 341 behandeln das Verhältnis zwischen den Ansprüchen auf Leistung, Schadensersatz und Vertragsstrafe. Dabei geht es um die Frage, ob diese Ansprüche gehäuft werden oder sich gegenseitig ausschließen. § 340 regelt die Strafe für Nichterfüllung und § 341 diejenige für nicht gehörige Erfüllung, und zwar mit teils verschiedenen Rechtsfolgen.

B. Die Unterscheidung.

 

Rn 2

Im Prinzip bestimmt § 340 die Alt zwischen Vertragsstrafe und Schadensersatz, § 341 dagegen die Häufung. Der Grund hierfür ist, dass der Schadensersatz in beiden Vorschriften eine verschiedene Funktion hat: In § 340 handelt es sich um Schadensersatz statt der Leistung: Hier soll der Gläubiger bei Interessenidentität (BGH NJW 08, 2849 [BGH 08.05.2008 - I ZR 88/06] Tz 9) nicht das Surrogat der Leistung und die Vertragsstrafe verlangen können. Dagegen geht es bei § 341 um den Ersatz von Schäden außerhalb des eigentlichen Leistungsinteresses, namentlich um Verzögerungs- und Begleitschäden. Der Ersatz solcher Schäden lässt das Leistungsinteresse unbefriedigt, so dass der Gläubiger die Leistung neben der Strafe weiter muss verlangen können.

C. Einzelheiten zu § 340.

 

Rn 3

Nach I 1 hat der Gläubiger ein Wahlrecht iSv elektiver Konkurrenz (MüKo/Gottwald Rz 9, Grüneberg/Grüneberg § 340 Rz 4; vgl § 262 Rn 8) zwischen der Vertragsstrafe und der Erfüllung. Die Wahl erfolgt durch einseitiges Rechtsgeschäft. Nach I 2 ist der Gläubiger an die erklärte Wahl der (wirklich verfallenen, RGZ 77, 290, 292) Strafe gebunden und kann Erfüllung nicht mehr verlangen. Dagegen soll das Verlangen der Erfüllung den Anspruch auf die Strafe noch nicht ausschließen; hier tritt der Ausschluss erst durch die Annahme der Erfüllung ein (MüKo/Gottwald Rz 10).

 

Rn 4

Aus dem Wahlrecht des Gläubigers bei I ergibt sich eine Folgerung für die Fälligkeit des Anspruchs auf die Vertragsstrafe: Dieser entsteht zwar durch die Verwirkung nach § 339, wird aber erfüllbar und damit fällig erst durch die Wahl des Gläubigers.

 

Rn 5

Dagegen betrifft II den Fall, dass der Gläubiger statt des primären Leistungsanspruchs nur (noch) einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung hat (nach den §§ 280 III, 281 bis 283). Dann kann sich der Gläubiger jeden Schadensnachweis ersparen, indem er die Strafe verlangt. Dieses Verlangen schließt jedoch nach II 2 die Geltendmachung eines weiteren (dann aber nachzuweisenden) Schadens nicht aus.

 

Rn 6

Bei gegenseitigen Verträgen entfällt mit dem Erfüllungsanspruch (I 2) idR nach § 323 I auch der Anspruch auf die Gegenleistung. Doch kann die (geringe) Höhe der Vertragsstrafe zu dem Schluss führen, die Parteien hätten den Anspruch auf die Gegenleistung unberührt lassen wollen (MüKo/Gottwald Rz 13).

 

Rn 7

§ 340 ist idR abdingbar (Ausnahmen § 75c, § 75d HGB zu Gunsten von Handlungsgehilfen). Doch kann wegen § 307 II Nr 1 durch AGB nicht entgegen II vereinbart werden, die Vertragsstrafe solle nicht auf den Schadensersatz statt der Leistung angerechnet werden (BGHZ 63, 256, 258, 260 und für Handelsvertreterverträge BGH NJW 92, 1096, 1097 [BGH 21.11.1991 - I ZR 87/90]).

D. Einzelheiten zu § 341.

I. Vorbehalt bei der Annahme.

 

Rn 8

Nach I kann bei § 341 (anders als bei § 340 I) der Gläubiger die Strafe neben der Erfüllung verlangen (zum Grund s.o. Rn 2). Doch muss sich der Gläubiger nach III die Strafe bei der Annahme der Leistung als Erfüllung vorbehalten. Tut er das nicht, so erlischt der Anspruch auf die Strafe. Diese Rechtsfolge tritt auch bei Rechtsunkenntnis des Gläubigers und ohne Rücksicht auf einen Verzichtswillen und ein Erklärungsbewusstsein ein (BGHZ 97, 224, 227). Daher ist auch eine Anfechtung nach § 119 nicht möglich (MüKo/Gottwald Rz 6).

 

Rn 9

Der Vorbehalt muss bei der Annahme erklärt worden sein. Dieses Erfordernis wird zu Lasten des Gläubigers streng gehandhabt (vgl BGHZ 33, 236, 237; 85, 305, 309, beide mN; NJW 97, 1982, 1983). Ein nach der Annahme erklärter Vorbehalt ist allemal unwirksam. Ein vor der Annahme erklärter Vorbehalt sollte gleichfalls selbst dann nicht wirken, wenn er bei der Annahme erkennbar fortwirkt, etwa weil der Gläubiger seinen Anspruch auf die Strafe schon zur Aufrechnung verwendet hat (so noch BGHZ 85, 240, 243). Dies wurde freilich kritisiert, weil ein rechtsunkundiger Gläubiger die Notwendigkeit einer Wiederholung des Vorbehalts kaum kennen wird (MüKo/Gottwald Rz 7 f mN). Der BGH hat diese Rspr nunmehr jedenfalls insoweit aufgegeben, als der Besteller bereits vor Abnahme die Aufrechnung mit der Vertragsstrafe erklärt hat und der Anspruch auf Vertragsstrafe infolgedessen bereits vollständig erloschen ist (BGHZ 207, ...

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