Rn 19

Aus der Typenfreiheit ergibt sich zugleich die Möglichkeit zur Häufung oder Vermengung mehrerer, auch typenverschiedener Verträge. Einzelne solche Fälle sind gesetzlich geregelt (zB §§ 576 ff Werkwohnungen). Dagegen fehlt eine allg gesetzliche Regelung.

a) Vertragsverbindung nach §§ 358 ff.

 

Rn 20

Mehrere Verträge können rechtlich zusammenhängen. Das gilt nur ausnahmsweise für Verträge zwischen verschiedenen Personen. Dazu gehört va das mit einer Bank vereinbarte Darlehen, dessen Valuta die Kaufpreisforderung eines Dritten befriedigen soll (BGH ZIP 05, 69, 73). Die Rechtsfolgen derart im technischen Sinn unter besonderen Voraussetzungen ›verbundener Verträge‹ sind für Verbraucher in den §§ 358–360 geregelt.

b) Andere Verbindungen.

 

Rn 21

Aber auch außerhalb der §§ 358–360 können mehrere Verträge rechtlich zusammenhängen: Der Parteiwille kann ergeben, dass die Wirksamkeit jedes Vertrages von der des anderen abhängen soll, so dass beide Verträge ›miteinander stehen und fallen‹ (so BGHZ 101, 393, 396 für einen Grundstückskauf und einen Treuhandvertrag; s weiter BGH NJW-RR 09, 953, 954 mwN für einen Baubetreuungsvertrag mit einem Grundstücksgeschäft). Dabei ist Identität der Beteiligten häufig, aber nicht unbedingt erforderlich. Relevant ist dies insb für die Formbedürftigkeit nach § 311b I, vgl § 125 Rn 17 (Vorliegen eines ›Verknüpfungswillens‹).

c) Typenkombination.

 

Rn 22

Voraussetzung der genannten Verbindungen ist freilich, dass überhaupt mehrere Verträge vorliegen. Indizien dafür sind die Beteiligung verschiedener Personen, der Abschluss zu verschiedener Zeit oder die Verwendung verschiedener Urkunden. Dagegen lässt sich bei gleichzeitigem Abschluss zwischen denselben Personen in derselben Urkunde die Einheit des Vertrages vermuten. Verpflichtet sich eine Partei zu Leistungen, die verschiedenen Typen unterfallen, liegt ein Typenkombinationsvertrag vor.

 

Rn 23

Solche Kombinationen sind vereinzelt gesetzlich geregelt (zB Reisevertrag, §§ 651a ff), kommen aber auch sonst häufig vor (zB Besuch eines Kinos oder eines Restaurants; eingehend zum Zuschauervertrag Schulze JURA 11, 481; zu den haftungsrechtlichen Folgen BGH NJW 16, 3715 [BGH 22.09.2016 - VII ZR 14/16]; zum Skipassvertrag Sälzer Skiunfälle im organisierten Skiraum 14, 29 ff). Kombinationen begegnen nicht bloß bei verschiedenen Typen, sondern auch bei der Häufung von Untertypen, zB Vermietung eines Geschäftslokals mit Wohnung (etwa BGH ZIP 08, 2271). Auch hier tritt die für Typenkombinationen typische Frage auf: Nach welchen Normen sollen die verschiedenen Vertragsteile behandelt werden; erfasst zB der Kündigungsschutz für den Wohnungsmieter auch die Geschäftsräume oder gilt bloß § 578?

 

Rn 24

Regelmäßig wird jede Leistung nach den Vorschriften über den Typ beurteilt, dem sie angehört (vgl BGHZ 173, 344 Tz 19). Soweit eine Trennung nicht möglich ist, muss der rechtliche oder wirtschaftliche Schwerpunkt entscheiden (BGH NJW 95, 324, 326; BGHZ 173, 314 Tz 19; BGH NJW 14, 2864 Rz 18 ff). Lässt sich ein solcher nicht feststellen, soll die dem Vertragszweck am besten entspr Lösung angewendet werden (Grüneberg/Grüneberg vor § 311 Rz 26).

d) Typenverschmelzung.

 

Rn 25

Diese liegt vor, wenn es nicht um eine Mehrzahl von Leistungen geht, sondern nur um eine einzige, die aber zwischen zwei gesetzlichen Typen steht. Häufigster Fall ist die gemischte Schenkung: Eine Leistung wird für einen Preis versprochen, der nach dem Willen der Parteien den Wert nur zu einem Teil abgedeckt; iÜ soll die Leistung geschenkt sein. Vgl zu dieser ›gemischten Schenkung‹ § 516 Rn 26, 32, § 518 Rn 4, § 525 Rn 6, § 528 Rn 12, § 530 Rn 2, § 531 Rn 5.

 

Rn 26

Für die Rechtsfolgen ist hier nach der Teilbarkeit oder Unteilbarkeit der ›halb geschenkten‹ Leistung zu unterscheiden, wenn nicht einer der beiden Teile eindeutig überwiegt, vgl zB BGHZ 30, 120.

 

Rn 27

Ähnl liegt es bei den sog partiarischen Verträgen: Die Gegenleistung wird nach dem Umsatz oder Ertrag bemessen, den die andere Partei mit der Leistung erzielt (zB Vermietung eines Ladenlokals gegen 10 % Beteiligung des Vermieters am Umsatz). Hier ist insofern ein gesellschaftsrechtliches Element enthalten, als beide Parteien an einem hohen Gewinn interessiert sind. Daher können einige Vorschriften der §§ 705 ff entspr angewendet werden (zB § 716 bzw ab 1.1.24 § 717).

e) Verträge mit anderstypischer Gegenleistung.

 

Rn 28

Die meisten entgeltlichen Typenverträge sehen als Gegenleistung Geld vor. Die Inhaltsfreiheit erlaubt aber auch die Vereinbarung von Gegenleistungen, die zu einem anderen Vertragstyp gehören. Das Gesetz erwähnt den Tausch (§ 480: Sache gegen Sache). Weiter gehören hierhin der Hausmeistervertrag (Wohnung gegen Dienste) und Ähnliches.

 

Rn 29

Hier ist jede Leistung nach dem für sie geltenden Typ zu beurteilen. Schwierigkeiten können freilich entstehen, wenn es um die Beendigung geht. Diese ergreift regelmäßig beide Teile des Vertrages. Dass sich die beendete Pflicht bei Fortbestand der anderen in eine Geldleistungspflicht verwandelt, ist nur bei deutlichen Anzeichen für einen entsprechenden Parteiwillen anzunehmen. Außerdem bleibt eine solche Annahme als Notbehelf, wenn die Beendigung ...

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