Rn 17

Grds erfasst der gesetzliche Formzwang das gesamte Rechtsgeschäft nebst Bezeichnung der Parteien (BGH NJW 02, 3391), mit allen dazugehörenden Essentialia und wesentlichen Vertragsbestimmungen (BGHZ 40, 262; BGH NJW 99, 2592; 05, 885; NJW-RR 94, 779), aber auch Nebenabreden (BGH DNotZ 66, 738; 71, 38 f), soweit sie Rechtswirkungen entfalten (BGH NJW 89, 898 [BGH 14.10.1988 - V ZR 73/87]), zur Bestimmbarkeit eines Mietobjekts (BGH NJW 06, 141 [BGH 02.11.2005 - XII ZR 233/03]; § 126 Rn 5). Ausnahmsweise kann bei Verträgen nur eine Willenserklärung formbedürftig sein, §§ 518, 766, 780 f, 1154. Über den Umfang entscheidet der jeweilige Zweck der maßgebenden Formvorschrift (BGH NJW 89, 1484 [BGH 02.02.1989 - IX ZR 99/88]; 98, 59 [BGH 24.09.1997 - XII ZR 234/95]). Nicht dem Formzwang unterliegen unwesentliche Abreden, deren Fehlen den Vertragswillen nicht beeinflussen (BGH NJW 81, 222), eine Beurkundung der Kaufpreiszahlung (BGH NJW 11, 2785 [BGH 20.05.2011 - V ZR 221/10] Tz 7) sowie Bestimmungen, die den Vertragstext erläutern bzw veranschaulichen (BGH NJW 99, 2592 [BGH 30.06.1999 - XII ZR 55/97]; 05, 885 [BGH 02.12.2004 - IX ZR 200/03]; zur versehentlichen Falschbezeichnung § 133 Rn 21). Eine Ausschneidung berührt nicht die Formwirksamkeit, sondern den Beweiswert (Hamm NJW-RR 08, 22 [OLG Hamm 14.08.2007 - 15 W 331/06]). Umfasst ein formfreier Vertrag eine formbedürftige Einzelverpflichtung (Grundstücksübertragung iRe Gesellschaftsvertrags), unterliegt der ganze Vertrag dem Formzwang (BGH NJW 98, 1558 [BGH 21.01.1998 - IV ZR 346/96]). Sind mehrere rechtlich selbstständige Rechtsgeschäfte durch einen Verknüpfungswillen zu einer Geschäftseinheit verbunden, die miteinander stehen und fallen sollen, erfasst der Formzwang eines Geschäfts das gesamte Verhältnis. Dies gilt insb gem § 311b I (BGHZ 101, 396; BGH NJW-RR 98, 951 Schwarzgeldzahlung an Dritten; 98, 1502 f), aber auch sonst (BGHZ 84, 324). Ein Bauvertrag ist formbedürftig, wenn der Grundstückserwerb vom Bauvertrag abhängt (BGHZ 186, 345 Tz 10). Die Abhängigkeit der Absprachen muss urkundlich fixiert sein (BGHZ 104, 18, 22; s.a. Maier-Reimer NJW 15, 273).

 

Rn 18

Änderungen und Ergänzungen des formbedürftigen Rechtsgeschäfts unterliegen den Formerfordernissen (BGH MDR 08, 198, geänderte Zahlungsmodalitäten). Dies soll auch für die Verlängerung der Widerrufsfrist eines gerichtlichen Vergleichs gelten (LG Bonn NJW-RR 98, 427 [LG Bonn 30.12.1996 - 9 O 173/96]; aA Zö/Stöber ZPO § 794 Rz 10c). Vom aktuellen Vertrag muss durch lückenlose Bezugnahme auf den Ausgangsvertrag und alle ergänzenden Urkunden verwiesen werden (BGH NJW 08, 2178 [BGH 07.05.2008 - XII ZR 69/06] Tz 21; 2181 Tz 27). Kein Formzwang besteht für die Änderung eines Grundstücksvertrags nach der Auflassung, § 311b I 2 (BGH NJW 85, 266 [BGH 28.09.1984 - V ZR 43/83]; aA Mertens JZ 04, 433), bzw die Behebung von Abwicklungsschwierigkeiten, die den Inhalt der Leistungsverpflichtungen unberührt lassen (BGH NJW 74, 271). Beim Schuldbeitritt (BGH NJW 00, 3497, Verbraucherdarlehen; 97, 3170, Finanzierungsleasing; VersR 16, 1139, Anwaltsgebühren; 93, 584, Schuldanerkenntnis) und der Vertragsübernahme (BGH NJW 99, 2665 f, Verbraucherdarlehen) ist für das Formerfordernis nach dem Zweck der Formvorschrift zu unterscheiden. Sie unterliegen der Form des Hauptvertrags, wenn diese allg wegen des Leistungsgegenstands des Hauptvertrags aufgestellt sind (BGHZ 138, 321, 327; VersR 16, 1139). Die Aufhebung eines formbedürftigen Geschäfts ist formloswirksam (BGHZ 83, 395), anders §§ 2290 IV, 2351, s.a. § 623 zur Aufhebung eines Arbeitsvertrags. Zum Vertretungszusatz § 126 Rn 14. Eine Annahmefrist unterliegt nicht dem Schriftformzwang (BGH NJW 10, 1518 [BGH 24.02.2010 - XII ZR 120/06] Tz 13). Die Vollmacht zum Abschluss eines formbedürftigen Geschäfts ist gem § 167 II grds formfrei wirksam; anders § 492 IV sowie Vollmacht zur Abgabe einer Bürgschaftserklärung bzw Ausfüllungsermächtigung (BGHZ 132, 123). Der Vorvertrag eines formbedürftigen Vertrags ist regelmäßig formbedürftig (BGH NJW 89, 167), es sei denn aus dem Normzweck ergibt sich etwas anderes (BGH NJW 80, 1578, Vorvertrag zum Mietvertrag). Formfrei ist auch die Zustimmung gem § 182 II zu einem formbedürftigen Geschäft.

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