Rn 4

Die Vorschrift erfasst wie § 280 s ämtliche bereits bestehenden Schuldverhältnisse; für das Deliktsrecht gilt sie nicht. Der Eingangshalbsatz verweist auf die Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung. Die einzelnen Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung, va Vertretenmüssen der Pflichtverletzung und regelmäßig Fristsetzung, müssen also vorliegen (zum Entfall des Fristsetzungserfordernisses bei Verbrauchsgüterkäufen gem 475d II sowie bei Verbraucherverträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gem § 327c II 2 und § 327m III 1, s § 281 Rn 2 und 5). Dh außerdem, dass die Schadensberechnungsmöglichkeit nach § 284 nur besteht, soweit der Gläubiger grds auch einen Erfüllungsanspruch hinsichtlich der verletzten Pflicht hat. Das bedeutet auch, dass ggf Schutzpflichtverletzungen die Möglichkeit des Ersatzes frustrierter Aufwendungen begründen können; eine zu enge Auslegung des Anwendungsbereichs von §§ 280 III, 281–283 rächt sich hier. § 284 gestattet den Ersatz frustrierter Aufwendungen unabhängig von der Anspruchsgrundlage und findet daher etwa in den Fällen der §§ 523 II 1, 524 II 2, 536a, 651n ebenfalls – unmittelbare (Huber/Faust 160 f), nicht entspr (aA Jauernig/Stadler § 284 Rz 2) – Anwendung. Dasselbe gilt außerhalb des BGB etwa für §§ 15, 21 II AGG (s Grüneberg/Weidenkaff § 15 AGG Rz 5).

 

Rn 5

Die Aufwendungen können ›anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung‹ verlangt werden. ›Anstelle‹ bedeutet auch Alternativität, so dass bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung ein zusätzlicher Anspruch aus § 284 ausscheidet (NK/Arnold § 284 Rz 38). Die Schwierigkeiten, die verlorenen Aufwendungen als Schaden auszuweisen, die durch § 284 ausgeräumt werden sollen, tauchen dann wieder auf (s NK/Arnold § 284 Rz 10 [kein Rückgriff auf Rentabilitätsvermutung] anders Canaris JZ 01, 499, 517 [Anwendung der Rentabilitätsvermutung]). Zu beachten ist freilich, dass die Konkurrenz zwischen beiden Berechnungsarten für jeden Schadensposten einzeln zu klären ist (BGH NJW 05, 2848, 2850; Gsell NJW 06, 125, 126). Die Gefahr einer Überkompensation, welche durch die Alternativität beider Berechnungsarten vermieden werden soll, besteht dann nämlich nicht (vgl auch Weitemeyer AcP 205 [2005] 275, 287 ff). So kann etwa der Käufer eines PKW bei Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung als Schaden sowohl den gezahlten Kaufpreis als auch die mit der Abwicklung des Vertrages verbundenen Aufwendungen ersetzt verlangen (unrichtig Karlsr NJW 05, 989, 991 [OLG Karlsruhe 14.09.2004 - 8 U 97/04] [nicht § 284, sondern Rentabilitätsvermutung]). Die Gefahr einer Überkompensation besteht in diesen Fällen nämlich nur, wenn der Käufer außer dem Kaufpreis auch einen entgangenen Gewinn geltend macht, soweit sich die Auswirkungen auf diesen Gewinn bezogen haben. Soweit § 284 zur Berechnung eines Schadensersatzes statt der ganzen Leistung herangezogen wird, findet § 281 V Anwendung mit der Folge, dass §§ 346–348 die Rückabwicklung von Leistungen durch den Schuldner regeln und der Aufwendungsersatz im Gegenseitigkeitsverhältnis zu dieser Rückabwicklung steht (so iE auch BGH NJW 05, 2848, 2851 [BGH 20.07.2005 - VIII ZR 275/04] [§ 281 V übersehen]).

 

Rn 6

§ 284 gilt auch dann, wenn der Gläubiger aufgrund der Pflichtverletzung vom Vertrag zurücktritt. Der Anspruch ist nicht nach § 347 II auf den Ersatz notwendiger Verwendungen oder solcher Aufwendungen beschränkt, durch die der Schuldner bereichert wird (BGHZ 163, 381, 385). Dies ist eine Folge des freien Nebeneinanders von Rücktritt und Schadensersatz (§ 325). Bei tlw Zweckverfehlung sind die Aufwendungen anteilig zu erstatten (Stuttg ZGS 04, 434, 436; Fischinger/Wabnitz ZGS 07, 139, 141). Dasselbe gilt, wenn von mehreren verfolgten Zwecken nur ein Teil verfehlt wird (Fischinger/Wabnitz ZGS 07, 139, 143).

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