Rn 23

Die Frage nach der Möglichkeit der Herstellung hängt zusammen mit der anderen Frage nach der Verwendungsfreiheit des Geschädigten: Muss er den Betrag der erforderlichen Kosten wirklich für die Herstellung verwenden oder kann er darüber frei verfügen? Im ersten Fall müsste ihm die Herstellung noch möglich sein; im zweiten käme es darauf nicht an. Für die Antwort dürfte zu unterscheiden sein.

 

Rn 24

Bei Personenschäden (s.o. Rn 11) kann beim Ersatz von Heilbehandlungskosten nur verlangt werden, was wirklich an Kosten für die Herstellung entsteht (BGHZ 97, 14, 18 ff: Die für eine Operation nötigen Kosten könnten nur bei deren Durchführung verlangt werden. Andernfalls geriete man in Konflikt mit § 253 I). So sind auch nicht die Kosten für einen ›eigentlich‹ nötigen Krankenhausaufenthalt zu ersetzen, wenn der Verletzte sich zu Hause von seinen Angehörigen hat pflegen lassen. Anders hat BGH NJW 58, 627 entschieden (bejaht wurde dort der Ersatz der Kosten für ein wegen Geldmangels nicht gekauftes Stärkungsmittel, dagegen etwa Medicus/Lorenz SchuldR AT Rz 642). Anders auch bei sonstigen Personenschadensansprüchen wie Pflegekosten (dazu § 843 Rn 9) oder Haushaltsführungsschäden (§ 252 Rn 18), welche ›fiktiv‹ abrechenbar sind.

 

Rn 25

Einen Sonderposten bilden bei Personenverletzungen die Kosten für Besuche im Krankenhaus. Der BGH (zB NJW 90, 1037 [BGH 24.10.1989 - VI ZR 263/88]) bejaht einen Anspruch des Verletzten auf Ersatz der hierbei (den Besuchern! Aber dass diese auf Ersatz vom Verletzten verzichten, soll den Schädiger nicht entlasten) entstehenden Fahrtkosten und des Verdienstausfalls, auch der Kosten für einen Babysitter. Fortkommensschäden des Besuchers sind nicht ersatzfähig (BGH NJW 91, 2340 [BGH 19.02.1991 - VI ZR 171/90]). Nicht ersatzfähig ist auch die (nicht mit Kosten verbundene, hinsichtlich ersatzfähiger Pflegekosten vgl § 843 Rn 9) vermehrte elterliche Zuwendung für das verletzte Kind (BGHZ 106, 28, 30).

 

Rn 26

Bei Sachschäden, insb an Kfz, hat der BGH überwiegend die bei Körperschäden verneinte Verwendungsfreiheit des Geschädigten bejaht (etwa BGHZ 99, 81). BGH NJW 07, 1674 Tz 10 mN spricht von einem geradezu gesetzlichen Bild des Schadensersatzes, nach dem der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist und grds selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt‹. Einschr aber der V. ZS BGHZ 81, 385, 392 für Grundstücke (da nach Veräußerung des Grundstückes die Naturalrestitution unmöglich werde, erlösche der Ersatzanspruch bei Verkauf des beschädigten Grundstückes), dies dann wieder einschr BGHZ 147, 320, 322: wird das Eigentum an dem beschädigten Grundstück übertragen, so erlischt der Anspruch aus § 249 II 1 auf Zahlung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrags dann nicht, wenn er bis zum Wirksamwerden der Übereignung an den Erwerber des Grundstücks abgetreten wird. BGH MDR 16, 482 unterscheidet für die Frage, ob der Schadensersatzanspruch bei Veräußerung des Grundstücks weiterbesteht, dann noch, ob dieser aus Delikt oder Kaufrecht resultiert – zwingend ist all dies nicht mehr. Für das Werkvertragsrecht hat der VII. Senat des BGH die Zulässigkeit fiktiver Abrechnung (von Mängelbeseitigungskosten) verneint, NJW 18, 1463; dies hat zu einer Vorlagefrage des für Kaufrecht zuständigen V. Senats geführt (BauR 20, 1315), auf die der VII. Senat mit weiterer Begründung an seiner Rspr festgehalten hat (NJW 21, 53). Der V. Senat hat daraufhin eine Vorlage nicht mehr für erforderlich gehalten (NJW 21, 1532 [BGH 12.03.2021 - V ZR 33/19]). Für den Kfz-Schaden s Rn 29.

 

Rn 27

Bei dieser Abrechnungsart erlangt der 2002 eingeführte (s.o. Rn 1) II 2 Bedeutung: Bloß fiktive (also in dem Gutachten für die Reparaturkosten zwar angesetzte, aber nicht wirkliche angefallene) Umsatzsteuer soll nicht ersetzt werden. Diese Norm steht aber dem fiktiven Ersatz weiterer Kostenfaktoren (Lohnnebenkosten, Sozialabgaben) nicht entgegen, BGH NJW 13, 1732. Doch kann auch (insb für die Beschaffung von Ersatzteilen) bei Hinterhof- oder Teilreparaturen Umsatzsteuer anfallen, wenngleich in geringerer Höhe; diese ist dann zu ersetzen (teils anders BGHZ 162, 170, 175, dagegen Schiemann VersR 06, 160, 165 und klarstellend BGH NJW 06, 285, 286, für die bloß fiktive Wiederbeschaffung BGH NJW 06, 2181). Unterschreiten indes die tatsächlichen Kosten einer Reparatur, die im vom Gutachter vorgegebenen Umfang erfolgt, die von diesem Gutachter hierfür prognostizierten Kosten, beschränkt sich wegen des Verbots schadensrechtlicher Besserstellung die Ersatzpflicht nur auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten; der Geschädigte kann also hier nicht etwa die Nettokosten nach Gutachten zuzüglich tatsächlich angefallener Umsatzsteuer verlangen (BGH NJW 14, 535 [BGH 03.12.2013 - VI ZR 24/13]; klar auch BGH NJW 22, 543 [BGH 12.10.2021 - VI ZR 513/19]; 22, 1884 [BGH 05.04.2022 - VI ZR 7/21]: kein Ersatz der USt, wenn Geschädigter zwar reparieren lässt, aber ohne Bezug zu diesen Aufwendungen fiktiv nach Gutachten abrechnet). Auch ...

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