Gesetzestext

 

(1) Der wirkliche Erbe kann von dem Besitzer eines unrichtigen Erbscheins die Herausgabe an das Nachlassgericht verlangen.

(2) Derjenige, welchem ein unrichtiger Erbschein erteilt worden ist, hat dem wirklichen Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu erteilen.

A. Herausgabe.

 

Rn 1

Dem wirklichen Erben wird ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Herausgabe an das Nachlassgericht gegen den (ggf mittelbaren) Besitzer eines unrichtigen Erbscheins (Urschrift oder Ausfertigung) eingeräumt (I). Er muss nicht auf Einziehung vAw gem § 2361 warten (s Brandbg FamRZ 09, 1610 Dillberger/Fest ZEV 09, 220, 281), sollte sie aber gleichfalls anregen (§ 24 FamFG). Die Herausgabe hat Einziehungswirkung (§ 2362 I 2, str). Sie kann gem § 883 ZPO erzwungen werden. Zum Nacherben s § 2363 II, zum Testamentsvollstrecker s § 2364 II, zur Todeserklärung s § 2370 II. Verjährung: § 197 I 1 Nr 2.

B. Auskunft.

 

Rn 2

Der Auskunftsanspruch (II, § 260) des wahren Erben setzt nicht voraus, dass der Scheinerbe den Erbschein im Besitz hat (Staud/Herzog Rz 9; Erman/Simon Rz 4) oder Erbschaftsbesitzer (§ 2027) ist. Anspruchsgegner kann auch der Miterbe mit unrichtig ausgewiesener Erbquote (Staud/Herzog Rz 9; aA Zimmermann Rz 534) oder ein Gläubiger (§ 792 ZPO; MüKo/Grziwotz Rz 13) sein. Der Anspruch beinhaltet Auskunft über Erbschaftsgegenstände und den Bestand der Erbschaft, dh Vorlage eines Bestandsverzeichnisses (§ 260) und uU eidesstattliche Versicherung (§ 261).

C. Prozessuales.

 

Rn 3

Die Ansprüche werden durch gewöhnliche Klage im zivilprozessualen Streitverfahren geltend gemacht. Ihre Verbindung, eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 II ZPO) über das Erbrecht (BRHP/Siegmann/Höger Rz 8) und Anerkenntnis-, Versäumnis- oder Verzichtsurteil sowie Vergleich sind möglich. Im Wege einstweiliger Verfügung gem § 935 ZPO kann vorläufige Herausgabe zu den Akten des Nachlassgerichts beantragt werden (NK/Kroiß Rz 5). Mitbesitzer sind notwendige Streitgenossen (§ 62 ZPO). § 27 ZPO gilt außer bei idR zweckmäßiger Verbindung mit der Erbschaftsklage (§§ 2018 ff) nicht (MüKo/Grziwotz Rz 6, 15). Wer nach § 2362 begehrt, muss beweisen, dass er Erbe und der erteilte Erbschein unrichtig ist, bei I auch, dass der Schuldner Besitzer ist. Die Vermutung des § 2365 gilt nicht (München NJW-RR 95, 779, 780 [OLG München 11.11.1994 - 15 W 1742/94]). Der Streitwert bemisst sich nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Beseitigung des unrichtigen Erbscheins.

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