Rn 1

§ 1823 ersetzt § 1902 aF. Die Änderung in der Überschrift verweist darauf, dass es nicht um eine regelhafte Vertretung des Betreuten geht, sondern allein um die Vertretung im Außenverhältnis. Der Betreuer ist iRd ihm übertragenen Aufgabenkreises gesetzlicher Vertreter des Betreuten (s.a. § 1814 III 2). Die Vertretungsmacht des Betreuers gilt für die gerichtliche und auch die außergerichtliche Vertretung. Eine Betreuung ohne Vertretungsmacht ist nicht möglich (Staud/Bienwald § 1902 aF Rz 14). Durch die Ersetzung der Formulierung ›der Betreuer vertritt‹ durch ›der Betreuer kann vertreten‹ wird jedoch nunmehr klargestellt, dass keine Pflicht zur Vertretung gegeben ist, sondern der Betreuer gem § 1821 I 2 bei jeder Willenserklärung prüfen muss, ob er von seiner Vertretungsmacht Gebrauch machen darf oder der Betreute die Erklärung selbst abgeben kann (BTDrs 19/24445, 258 f).

 

Rn 2

Der Umfang der Vertretungsbefugnis wird durch den Aufgabenkreis des Betreuers bestimmt und reicht nur so weit, wie er ihrer bedarf, um die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen (München FamRZ 08, 1030). Für das Außenverhältnis ausschlaggebend ist dabei ausschließlich der im Bestellungsbeschluss nach § 286 I Nr 1 FamFG bezeichnete Aufgabenkreis (Jurgeleit/Deusing § 1902 aF Rz 35; Hamm FamRZ 07, 1841 f). IÜ gelten die allgemeinen Regeln der Stellvertretung §§ 164 ff, sodass der Betreuer innerhalb der Grenzen der Vertretungsmacht Erklärungen für den Betreuten abgeben und an diesen gerichtete Willenserklärungen empfangen kann (SG Karlsruhe FamRZ 10, 235; BFH FamRZ 07, 1650; Ddorf FamRZ 11, 674). Auch kann er für den Betroffenen Klagen erheben, und gegen ihn gerichtete Klagen können gem § 171 I ZPO nur ihm wirksam zugestellt werden.

 

Rn 3

Ist der Betreute trotz seiner Behinderung oder Krankheit geschäftsfähig, so konkurriert die Vertretungsbefugnis des Betreuers mit der fortbestehenden rechtsgeschäftlichen Handlungsfähigkeit des Betreuten (Staud/Bienwald § 1902 aF Rz 11). Diese Doppelzuständigkeit kann beieinander widersprechenden Rechtsgeschäften von Betreuer und Betreuten, soweit kein Einwilligungsvorbehalt (§ 1825) angeordnet ist, zu Schwierigkeiten führen. Bei widersprüchlichen Rechtsgeschäften durch den Betreuer einerseits und den Betreuten andererseits gilt Folgendes: Bei Rechtsgeschäften, deren Rechtswirkungen miteinander kollidieren, kommt das Prioritätsprinzip zur Anwendung, sodass im Außenverhältnis die zeitlich erste Erklärung Vorrang genießt (MüKo/Schwab § 1902 aF Rz 43). Davon unabhängig hat im Innenverhältnis idR der Wille des Betreuten Vorrang (§ 2021 II), sodass sich der Betreuer uU nach § 1826 (ggf auch § 823) schadensersatzpflichtig macht (Hamm FamRZ 01, 861). Sind die verschiedenen Rechtsgeschäfte lediglich wirtschaftlich unsinnig, so ändert dies an ihrer Wirksamkeit nichts und es verbleibt nur die Möglichkeit der Rückabwicklung (zB durch Widerruf, Rücktritt oder Anfechtung) nach den allgemeinen Vorschriften (Jürgens/Jürgens § 1902 aF Rz 4). Weiß der Geschäftsgegner, dass der Betreuer den Willen des Betreuten übergeht, so kann das Rechtsgeschäft nach den Regeln über den Missbrauch der Vertretungsmacht unwirksam sein (Schwab FamRZ 92, 493, 503). Soweit der Betroffene geschäftsunfähig ist (§§ 104 Nr 2; 105 I) oder für ihn ein Einwilligungsvorbehalt (§ 1825) vorgesehen ist, kann für ihn im Rechtsverkehr ausschließlich der Betreuer handeln.

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