Gesetzestext

 

(1) Erhebt sich bei der Beweisaufnahme vor einem beauftragten oder ersuchten Richter ein Streit, von dessen Erledigung die Fortsetzung der Beweisaufnahme abhängig und zu dessen Entscheidung der Richter nicht berechtigt ist, so erfolgt die Erledigung durch das Prozessgericht.

(2) Der Termin zur mündlichen Verhandlung über den Zwischenstreit ist von Amts wegen zu bestimmen und den Parteien bekannt zu machen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift setzt – ohne allerdings selbst die Abgrenzung vorzunehmen – die unterschiedlichen Entscheidungsbefugnisse von verordnetem Richter und Prozessgericht voraus und betont die fortbestehende Zuständigkeit des Prozessgerichts für das Verfahren, soweit dem beauftragten und ersuchten Richter keine eigenständigen Entscheidungsbefugnisse zuwachsen.

B. Abgrenzung der Entscheidungszuständigkeiten.

I. Prozessgericht.

 

Rn 2

IdR hat das Prozessgericht über die Streitigkeiten zu entscheiden, von denen die Fortsetzung der Beweisaufnahme und damit letztlich des Verfahrens abhängt. Ausdrücklich ist dies in §§ 387, 389 für die Berechtigung einer Zeugnisverweigerung und in §§ 402, 408 iVm §§ 387, 389 für die Berechtigung einer Gutachtensverweigerung geregelt. Es entscheidet aber auch über die Zulässigkeit von Fragen gem §§ 397 III, 398 II und die Zulässigkeit einer schriftlichen Zeugenaussage nach § 377 III. Das Prozessgericht kann auch die Beeidigung eines Zeugen erzwingen, § 391.

II. Beauftragter oder ersuchter Richter.

 

Rn 3

Dem verordneten Richter werden eigene Befugnisse für die Verfügungen bei Nichterscheinen eines Zeugen oder SV eingeräumt, §§ 400, 402. Er kann auch vorläufig über die Zulässigkeit einer Frage entscheiden oder die nochmalige Vernehmung eines Zeugen durchführen, § 400. Wurde er zur Benennung des SV ermächtigt (§ 405), ist er auch für die Entscheidung über dessen Ablehnung zuständig, § 406 II, IV. Darüber hinaus ist er zu allen Entscheidungen befugt, die die Ausführung des ihm übertragenen Auftrags betreffen, mithin die Bestimmung von Terminen und Fristen gem § 229 mit Ausnahme der Fristsetzung nach § 356, die Änderung des Beweisbeschlusses iRd § 360 S 3 und die Entscheidung über die Weitergabe des Auftrags nach § 365. Ebenso hat er die Sitzungsgewalt und die damit verbundene Befugnis inne, Ordnungsstrafen zu verhängen, § 180 GVG. Aus Gründen der Prozessökonomie wird man ihm auch die Entscheidung über die Beeidigung zubilligen müssen, soweit sich dem Beweisbeschluss nichts Gegenteiliges entnehmen lässt. Denn er kann deren Gebotenheit aufgrund des Aussageverhaltens des Zeugen und des Beweisthemas beurteilen (St/J/Berger § 391 Rz 16; MüKoZPO/Damrau Rz 7; aA Zö/Greger Rz 6; MüKoZPO/Heinrich Rz 6; BeckOKZPO/Bach Rz 2.2).

C. Verfahrensfragen.

I. Verfahren.

 

Rn 4

Ist aus Sicht des verordneten Richters ein Zwischenstreit durch das Prozessgericht zu entscheiden, soll er die Beweisaufnahme soweit durchführen als dies ungeachtet des Zwischenstreits möglich und zweckmäßig erscheint (BeckOKZPO/Bach Rz 3; aA Musielak/Voit/Stadler Rz 5: grds soweit wie möglich durchzuführen). Sodann hat er das Protokoll bzw die Verfahrensakten dem Prozessgericht mit einer Darstellung des Zwischenstreits vorzulegen. Dieses terminiert die mündliche Verhandlung über den Zwischenstreit und gibt den Termin den Parteien bekannt, Abs 2. Soweit Zeugen und Sachverständige anzuhören sind, sind sie vAw zu laden, im Fall des § 389 (Zeugnisverweigerung) auch die Parteien. Mit Ausnahme der §§ 389, 402 hat das Gericht nicht Bericht zu erstatten. Vielmehr haben die Parteien zu den streitigen Punkten vorzutragen. Die Entscheidung ergeht durch Zwischenurteil (§ 303), wenn die Beweisaufnahme durch den verordneten Richter fortgesetzt werden soll oder Dritte (Zeugen oder Sachverständige) betroffen sind. Soll das Verfahren vor dem Prozessgericht fortgesetzt werden, kann es auch den Beweisbeschluss abändern, die noch nicht ausgeführte Beweisaufnahme vollenden und über den Zwischenstreit im Endurteil entscheiden (MüKoZPO/Heinrich Rz 3). Bei Säumnis einer Partei kann beschränkt auf den Zwischenstreit Versäumnisurteil gem § 347 ergehen.

II. Rechtsbehelfe.

 

Rn 5

Gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln durch den beauftragten oder ersuchten Richter steht die Beschwerde nach § 181 GVG offen. Gegen andere Entscheidungen ist zunächst Erinnerung zum Prozessgericht nach § 573 I einzulegen. Gegen Entscheidungen des Prozessgerichts 1. Instanz über die Erinnerung kann dann sofortige Beschwerde erhoben werden, § 573 II. Das Zwischenurteil ist grds unanfechtbar. Soweit über eine Zeugnis- oder eine Gutachtensverweigerung entschieden wurde, ist eine sofortige Beschwerde statthaft, §§ 387 III, 402.

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