Gesetzestext

 

Der beauftragte oder ersuchte Richter ist ermächtigt, falls sich später Gründe ergeben, welche die Beweisaufnahme durch ein anderes Gericht sachgemäß erscheinen lassen, dieses Gericht um die Aufnahme des Beweises zu ersuchen. Die Parteien sind von dieser Verfügung in Kenntnis zu setzen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Im Interesse einer vereinfachten und beschleunigten Erledigung ermöglicht es die Vorschrift dem beauftragten oder ersuchten Richter, die ihm übertragene Beweisaufnahme bei veränderter Sachlage an ein anderes, besser geeignetes Gericht abzugeben, ohne dass nochmals das Prozessgericht entscheiden müsste.

B. Anwendungsbereich und Voraussetzungen.

I. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Die Bestimmung regelt nur die Weitergabe von einem inländischen Gericht an ein anderes inländisches Gericht. Der verordnete Richter kann dagegen nicht eigenständig die Beweisaufnahme an ein ausländisches oder eine für die Beweisaufnahme im Ausland zuständige deutsche Behörde delegieren. Nur das Prozessgericht kann über eine Beweisaufnahme im Ausland entscheiden (§ 363 Rn 15). Ebenso wenig gilt die Vorschrift für eine Übertragung von einer ersuchten ausländischen Behörde an die andere. Neben der lex fori ist dies va in den Abkommen über die internationale Rechtshilfe geregelt (Art 7 II EuBVO; Art 6, 9 I HBÜ; Art 12, 14 I HÜZ). Dort ist idR vorgeschrieben, dass das angegangene Gericht die Sache an das zuständige Gericht abzugeben und das ersuchende Gericht darüber zu informieren hat. Meint dagegen ein von einer ausländischen Behörde ersuchtes Gericht, es sei örtlich nicht zuständig, hat es das Ersuchen entweder an die Prüfstelle oder an das zuständige Gericht abzugeben und erteilt sowohl der Prüfungsstelle als auch der ausländischen Behörde Nachricht, §§ 82 II, 83 II ZRHO.

II. Voraussetzungen.

 

Rn 3

Gründe iSd Vorschrift sind nicht nur Umstände, die nach Erlass des Beweisbeschlusses entstanden sind, sondern auch solche, die zu diesem Zeitpunkt vorlagen, aber dem Prozessgericht nicht bekannt waren – zB die richtige Adresse des bereits bei Erlass des Beweisbeschlusses umgezogenen Zeugen (allgM, etwa St/J/Berger Rz 2). Dagegen reicht es nicht, wenn der ersuchte Richter die Gründe, die das Prozessgericht zu seinem Ersuchen veranlasst haben, nur anders bewertet. Sonst könnte die Verpflichtung, Rechtshilfe zu leisten, leicht unterlaufen werden. Ist der ersuchte Richter dagegen verhindert, gilt nicht § 365 sondern § 36 Nr 1 (RGZ 44, 394f).

 

Rn 4

Die Parteien müssen vor der Weitergabe nicht gehört werden. § 365 S 2 schreibt nur eine nachträgliche Mitteilung vor, die formlos ergehen kann. Darüber hinaus ist aber auch das Prozessgericht in Kenntnis zu setzen (MüKoZPO/Heinrich Rz 4).

C. Rechtsbehelfe.

 

Rn 5

Grds ist die Weitergabe unanfechtbar. Nur wenn das ersuchende Gericht das zunächst angegangene Gericht an dem Ersuchen festhalten will, liegt in der Weitergabe auch eine Ablehnung des Ersuchens. Sie ist gem § 159 GVG anfechtbar (MüKoZPO/Heinrich Rz 5; St/J/Berger Rz 5; aA Zö/Greger Rz 1).

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