Gesetzestext

 

1Das Prozessgericht kann den mit der Beweisaufnahme betrauten Richter zur Ernennung der Sachverständigen ermächtigen. 2Er hat in diesem Falle die Befugnisse und Pflichten des Prozessgerichts nach den §§ 404, 404a.

A. Normzweck und Systematik.

 

Rn 1

Die Vorschrift ermöglicht eine Delegation aus Gründen der Prozessökonomie und um einen örtlich bedingten Wissensvorsprung bzgl der SV nutzen zu können. Sie setzt die Anordnung eines Sachverständigenbeweises und die Übertragung der Beweisaufnahme durch das Prozessgericht auf einen beauftragten (§ 361) oder ersuchten Richter (§ 362) voraus. Eine solche Übertragung ist als Durchbrechung des Unmittelbarkeitsprinzips (§ 355) außer im Falle einer Zuziehung zur Einnahme eines Augenscheins (§ 372 II) nur in den gesetzlich bestimmten Fällen zulässig, dh nur unter den Voraussetzungen des § 375 möglich (s § 402). Zur weiteren Übertragung s § 365. Nach § 405 ist die Ernennung übertragbar, mit ihr die Auswahlbefugnisse (inkl der Bestimmung der Anzahl) und Leitungsbefugnisse und -pflichten nach §§ 404, 404a (was regionale Kenntnisse nutzbar macht); iÜ gelten die allg Vorschriften: §§ 360, 404 (auch dessen Abs 5) bleiben unberührt (bei Mitteilung ggü dem Prozessgericht gehen reguläre Weiterleitungszeiten zu Lasten der Parteien). Zur Ermächtigung anderer als Richter s Rn 3 (ggf analoge Anwendung der Vorschriften, zB des § 573).

B. Einzelerläuterungen.

I. Verfahren und Rechtsbehelfe.

 

Rn 2

Die Ermächtigung erfolgt im Beweis(-änderungs/ergänzungs)-Beschluss (§§ 358 f, 360) und ist unanfechtbar (§ 355 II). Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs gelten die Ausführungen zu § 360 entspr. Das Prozessgericht kann weiterhin selbst SV ernennen. Für einen Ablehnungsantrag ist der Ermächtigte zuständig, § 406 IV, II (s § 406 Rn 20). Gegen Entscheidungen des Ermächtigten kann das Prozessgericht angerufen werden (Erinnerung, § 573 I), dagegen sofortige Beschwerde (§ 573 II). Zur Einführung in den Prozess s § 285 II.

II. Ausland.

 

Rn 3

Bei einer Beweiserhebung im Ausland ist – vorbehaltlich vorrangiger europa- oder völkerrechtlicher Regelungen – eine Übertragung auf eine ausländische Behörde (§ 363 III 1) oder einen deutschen Konsularbeamten (§ 363 III 2) sowie einen Beauftragten des Gerichts gem Art 17 HBÜ möglich (jedenfalls § 405 entspr). Zur mündlichen Anhörung s § 411 Rn 8. Nach der EuBVO kann ein ausländisches Gericht ermächtigt werden, jedoch nur wenn dieses unmittelbar um Aufnahme des Beweises ersucht wird (§§ 363 I, 1072 Nr 1); bei einer unmittelbaren Beweisaufnahme durch das deutsche Gericht in einem anderen Mitgliedstaat nach § 1072 Nr 2 (unter den Voraussetzungen des Art 19 EuBVO) bleibt es bei der Ernennung durch das deutsche Gericht. Zur Frage der Bestellung eines nicht im Inland ansässigen SV s § 404 Rn 7; zu Ermittlungen des SV im Ausland s § 404a Rn 14; s weiter ZPÜbkHaagG; im vertragslosen Bereich kommt eine bilaterale Übung in Betracht sowie das Rechtshilfeverfahren nach ZRHO.

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