Rn 6

Abs 1 S 2 lässt die Übertragung der Beweisaufnahme nur auf Mitglieder des Prozessgerichts (beauftragte Richter, § 361) oder ein anderes Gericht (ersuchte Richter, § 362) und nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Gestattung zu. Dabei ist bei überbesetzten Kollegialgerichten nur der Richter Mitglied des Prozessgerichts, der bei Übertragung der Beweisaufnahme zu dem zur Entscheidung berufenen Spruchkörper gehört (BGH NJW 18, 1261 [BGH 25.01.2018 - V ZB 191/17] Rz 8). Die Übertragung erfolgt durch Beweisbeschluss. Die einschlägigen Bestimmungen sind beim Augenschein § 372 II, beim Zeugen- und Sachverständigenbeweis §§ 375, 402, 405, beim Urkundenbeweis § 434 und bei der Parteivernehmung § 451 iVm §§ 375, 479, 613 I 3, 640 I. Darüber hinaus kann der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen unter den in § 349 I 2 umschriebenen Voraussetzungen Beweise allein erheben. In ähnlicher Weise kann das Berufungsgericht gem § 527 II 2 einzelne Beweiserhebungen durch den vorbereitenden Einzelrichter vornehmen lassen, sofern es diesem nicht die Entscheidung des gesamten Rechtsstreits überlassen will. Als weiterer Sonderfall ist die Beweiserhebung im Ausland anzusehen, s § 363 Rn 2 und Leipold ZZP 105, 505, 510f).

 

Rn 7

Der Sache nach wird das Unmittelbarkeitsprinzip auch für das Beweisergebnis durchbrochen, das im selbstständigen Beweisverfahren gewonnen wurde und gem § 493 I wie ein Beweis des Prozessgerichts zu behandeln ist. Es gelten deshalb nicht die Regelungen für den Urkundenbeweis (RG JW 1912, 802, 803; BGH NJW 70, 1919, 1920 [BGH 29.05.1970 - V ZR 24/68]). Das Prozessgericht kann vielmehr über eine erneute Beweisaufnahme nach seinem Ermessen entscheiden, §§ 398, 412 (BGH VersR 10, 1241, 1242 Rz 7). Es muss dabei aber den Unmittelbarkeitsgrundsatz beachten und deshalb prüfen, ob es die Beweisaufnahme auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Zeugen oder SV angemessen würdigen kann. Soweit die Tatsachenbindung des Berufungsgerichts nach § 529 I Nr 1 aufgehoben ist und es die erstinstanzlichen Beweisergebnisse eigenständig würdigen muss, ist es unter denselben Voraussetzungen gehalten, die Beweiserhebung zu wiederholen (BGHZ 158, 269, 272f).

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