Rn 5

Auch wenn das Gericht die Prozessakten elektronisch führt, sind die Beteiligten nicht verpflichtet, Dokumente elektronisch einzureichen. Auch zum Beweis bestimmte Urkunden werden idR in Papierform (in Abschrift: § 130 I) vorgelegt. Abs 2 S 1 regelt, dass im laufenden Verfahren (nicht: Vorinstanz) eingereichte Schriftsätze und Unterlagen (zB Pläne und Zeichnungen; gerichtliche Verfügungen) in papierener Form nach dem Stand der Technik (Technischen Richtlinie Rechtssicheres Scannen‹ [TR-RESISCAN] oder vergleichbarer Verfahren) zur Ersetzung der Urschrift in ein elektronisches Dokument zu übertragen sind. Dies ist geboten, damit die elektronische Akte vollständig ist und eine doppelte Aktenführung (›Hybridakte‹) vermieden wird. Die Ausführung obliegt der Geschäftsstelle. In der Praxis werden Bedienstete für die Tätigkeit an der Scanstelle speziell qualifiziert.

 

Rn 6

Dabei müssen, so S 2, Papierdokument und elektronisches Dokument bildlich und inhaltlich übereinstimmen. Geringfügige technisch bedingte Abweichungen in Größe und Farbe sind akzeptabel, soweit sie den Inhalt des Papierdokuments nicht beeinträchtigen (BTDrs 17/12634, 30). Soweit Unterlage wie bspw Röntgenbilder wegen ihrer Form nicht scanbar sind, wird vom Scannen weiterhin abgesehen werden müssen, wobei ein spezielles Hinweisblatt darauf in der E-Akte hindeutet.

 

Rn 7

Der nach S 3 vorgesehene Übertragungsnachweis dokumentiert das bei der Übertragung angewandte Verfahren und die bildliche und inhaltliche Übereinstimmung. Er ist bei der elektronischen Zustellung (§ 169 Abs 5 Nr 3) dem Dokument beizufügen. Einer gesonderten Beglaubigung bedarf es dann nicht mehr (BTDrs 18/12203, 80). Der vormals geforderte Vermerk, wann und durch wen ein Schriftstück in ein elektronisches Dokument übertragen worden ist, ist iÜ entfallen, was der Einfachheit dient und den tatsächlichen Umständen Rechnung trägt, dass bei automatisierten Scanprozessen eine personelle Zuordnung des Übertragungsvorgangs gar nicht mehr möglich ist. Ausreichend ist, dass auf dem gescannten Dokument automatisiert der Übertragungszeitpunkt wiedergegeben wird; damit soll festgehalten werden, wann die Aufbewahrungsfrist zu laufen beginnt (BTDrs 17/12634, 30).

 

Rn 8

Bei handschriftlich unterzeichneten gerichtliches Schriftstück ist der Übertragungsnachweis mit einer qeS des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (s § 153 V GVG) zu versehen (S 4). Die auf diese Weise erstellten elektronischen Dokumente werden damit originäre gerichtliche elektronische Dokumente (BTDrs 18/122203, 80). Als Anwendungsbereich dachte der Gesetzgeber zB an Beschlussfassungen in Bereitschaftsdienst und an auch von ehrenamtlichen Richtern (bei der KfH) in Papierform unterzeichnete Urteile, die anschließend ersetzend in ein elektronisches Dokument überführt werden können. Die in Papierform vorliegenden Schriftstücke und sonstigen Unterlagen können sechs Monate nach der Übertragung vernichtet werden, sofern sie nicht rückgabepflichtig sind (S 5).

 

Rn 9

Die Aufbewahrungsfrist ist in Abs 2 Satz 5 (idR) verkürzt worden; für originäre elektronische Dokumente gilt § 298 IV. Sind die papierenen Schriftstücke nicht rückgabepflichtig, können sie nach sechs Monaten vernichtet werden. § 131 I gibt korrespondierend auf, Urkunden (nur) in Abschrift vorzulegen. In der praktischen Umsetzung werden die Schriftstücke daher nicht mehr Papierakten zusortiert, sondern der tägliche Eingang scandatumsbezogen zentral nach Tagesstapel verwahrt, bis die Aufbewahrungsfrist (ggf mit ›Sicherheitszuschlag‹) abgelaufen ist. Rückgabepflichtig sind dagegen idR Notar- oder Behördenakten sowie gem §§ 142, 420 vorgelegte Urkunden. Hier ist das Papierdokument Beweismittel und muss daher erhalten bleiben. Entsprechend sollten weiterhin Originaldokumente wie Vollmachtsurkunden (vgl § 174 BGB) verwahrt werden, um Streit über den Inhalt und die Echtheit eingereichter Urkunden, zB bei Quittungen oder über handschriftliche Zusätze, vorzubeugen. Gleiches gilt, wenn eine Bilddatei nicht den gleichen Beweiswert hat wie die eingereichte papierene Originalurkunde. Im Ergebnis sollten daher schriftliche Unterlagen wie vorgelegte (§§ 142 I, 273 II Nr 1, 2, 5) oder durch Urkundenbeweis beschaffte (§§ 430, 432) oder sonst verwahrte (§ 443) Urkunden generell zurückgegeben werden.

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