Gesetzestext

 

(1) Bei jedem Gericht und jeder Staatsanwaltschaft wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die mit der erforderlichen Zahl von Urkundsbeamten besetzt wird.

(2) 1Mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann betraut werden, wer einen Vorbereitungsdienst von zwei Jahren abgeleistet und die Prüfung für den mittleren Justizdienst oder für den mittleren Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden hat. 2Sechs Monate des Vorbereitungsdienstes sollen auf einen Fachlehrgang entfallen.

(3) Mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann auch betraut werden,

1. wer die Rechtspflegerprüfung oder die Prüfung für den gehobenen Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden hat,
2. wer nach den Vorschriften über den Laufbahnwechsel die Befähigung für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes erhalten hat,
3. wer als anderer Bewerber nach den landesrechtlichen Vorschriften in die Laufbahn des mittleren Justizdienstes übernommen worden ist.

(4) 1Die näheren Vorschriften zur Ausführung der Absätze 1 bis 3 erlassen der Bund und die Länder für ihren Bereich. 2Sie können auch bestimmen, ob und inwieweit Zeiten einer dem Ausbildungsziel förderlichen sonstigen Ausbildung oder Tätigkeit auf den Vorbereitungsdienst angerechnet werden können.

(5) 1Der Bund und die Länder können ferner bestimmen, dass mit Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch betraut werden kann, wer auf dem Sachgebiet, das ihm übertragen werden soll, einen Wissens- und Leistungsstand aufweist, der dem durch die Ausbildung nach Absatz 2 vermittelten Stand gleichwertig ist. 2In den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dürfen solche Personen weiterhin mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut werden, die bis zum 25. April 2006 gemäß Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe q Abs. 1 zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 889, 922) mit diesen Aufgaben betraut worden sind.

A. Bedeutung der Norm.

 

Rn 1

Die Vorschrift ordnet in Abs 1 die Einrichtung von Geschäftsstellen und deren Besetzung mit Urkundsbeamten an. Abs 2 sieht die Besetzung mit Beamten des mittleren Justizdienstes als Regelfall vor und verleiht dieser Laufbahn damit eine Leitfunktion. Abs 3 nennt weitere geeignete Bedienstete, deren Qualifikation an formale Voraussetzungen anknüpft. Abs 4 überträgt die nähere Ausgestaltung der Einrichtung und Ausbildung dem jeweiligen Dienstherrn. Abs 5 ermöglicht die Betrauung von Bediensteten mit Aufgaben des Urkundsbeamten auch ohne Prüfung bei entsprechendem Wissens- und Leistungsstand.

B. Aufgaben.

 

Rn 2

Die Geschäftsstelle ist für alle Aufgaben der Rechtspflege zuständig, die nicht dem Richter oder Rechtspfleger übertragen sind. Sie hat eine umfassende Unterstützungsfunktion. Darüber hinaus sind dem Urkundsbeamten Aufgaben ausdrücklich in den Verfahrensordnungen, tw auch in den AGGVG der Länder, und in Verwaltungsvorschriften und Dienstanweisungen zugewiesen.

 

Rn 3

Die Aufgaben des Urkundsbeamten ergeben sich va aus den Verfahrensordnungen und Verwaltungsvorschriften. Nach der ZPO gehören dazu die Entgegennahme von Erklärungen und Anträgen, wobei gem § 78 V kein Anwaltszwang besteht, (§§ 44, 91a, 107, 109, 117, 118, 129, 248, 281, 364, 381, 386, 406, 486, 496, 566, 569, 571, 573, 620a, 630, 641d, 657, 696, 697, 702, 920, 924, 947, 952, 1063), Schriftstücken und Urkunden nebst deren Verwahrung (§§ 134, 142, 443, 875a), die Protokollführung (§ 159), die Zustellung, Ladung und Benachrichtigung (§§ 168, 176, 274, 317, 377, 693, 699, 733, 753), sowie die Ausstellung von Bescheinigungen, Abschriften, Beglaubigungsvermerken und Ausfertigungen (§§ 169, 299, 315, 706, 724, 725, 795b, 797, 797a).

 

Rn 4

Die Länder können dem Urkundsbeamten nach § 36b RpflG die Rechtspflegeraufgaben übertragen für die Testamentsverwahrung gem den §§ 2258b, 2300 BGB, für das Mahnverfahren und für die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung gem den §§ 733 und 797 III ZPO (zB in BaWü: VO v 27.11.02, GBl 492). Über Einwendungen entscheidet der Rechtspfleger, § 36b IV 1 RpflG.

C. Befähigung zum Urkundsbeamten.

 

Rn 5

Der gesetzliche Regelfall des Urkundsbeamten gem Abs 2 ist der Beamte des mittleren Justizdienstes. Absolventen der Rechtspflegerprüfung können gem Abs 3 Nr 1 Aufgaben des Urkundsbeamten übertragen werden. Dem Rechtspfleger sind durch die §§ 26, 20 S 1 Nr 12, 21, 24 RpflG folgende Aufgaben der Geschäftsstelle zugewiesen: die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gem § 726 ff ZPO, die Kostenfestsetzung gem §§ 103 ff ZPO, die Aufnahme von Erklärungen nach § 24 RpflG. IÜ ist er zur Wahrnehmung von sonstigen Geschäften, auch solchen des Urkundsbeamten, verpflichtet, § 27 RpflG.

 

Rn 6

Für die Ausbildung, den Vorbereitungsdienst und die Prüfung gilt Abs 2. Detaillierte Regelungen zur Ausbildung und Übertragung von Aufgaben gem Abs 4 wurden tw in den AGGVG der Länder getroffen (zB BaWü § 12; Bay §§ 15, 16; Berlin §§ 10, 11; Bremen §§ 19, 20), ferner in Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften,...

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