Gesetzestext

 

(1) 1Die Mitglieder der im Geltungsbereich dieses Gesetzes errichteten konsularischen Vertretungen einschließlich der Wahlkonsularbeamten sind nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (Bundesgesetzbl. 1969 II S. 1585 ff) von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. 2Dies gilt auch, wenn ihr Entsendestaat nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist; in diesem Falle findet Artikel 2 des Gesetzes vom 26. August 1969 zu dem Wiener Übereinkommen vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (Bundesgesetzbl. 1969 II S. 1585) entsprechende Anwendung.

(2) Besondere völkerrechtliche Vereinbarungen über die Befreiung der in Absatz 1 genannten Personen von der deutschen Gerichtsbarkeit bleiben unberührt.

A. Regelungsbereich.

I. Grundsatz.

 

Rn 1

Im Gegensatz zur diplomatischen (s § 18 GVG) behandelt § 19 GVG die Immunität im Bereich der konsularischen Vertretungen. Auch dabei verweist die heutige Fassung des GVG auf eine völkerrechtliche Vereinbarung, konkret das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24.4.63 (WÜK, BGBl II 69, 1587), das allerdings ebenfalls nicht abschließend ist, sondern schon in der Präambel erg auf die Regeln des Völkergewohnheitsrechts Bezug nimmt und in Art 69 II WÜK die Möglichkeit erg, nach Art 73 WÜK ggf vorrangiger besonderer völkerrechtlicher Vereinbarungen erwähnt (vgl zB den Konsularvertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 28.5.29, RGBl II 30, 737 und BGBl II 52, 608). Die Regelungen des WÜK sind unabhängig von dem insoweit deklaratorischen § 19 GVG bereits aufgrund unmittelbaren innerstaatlichen Rechtsanwendungsbefehls (Zustimmungsgesetz v 26.8.69, vgl BGBl II 69, 1585) von den Gerichten zu beachten. Insgesamt bleibt die konsularische Immunität hinter der diplomatischen nach dem WÜD sowohl vom privilegierten Personenkreis als auch vom Inhalt her zurück.

II. Persönlicher Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Das Abk begünstigt zunächst die berufsmäßigen Mitglieder der Vertretungen, primär wenn sie weder die Staatsangehörigkeit des Empfangsstaates besitzen noch dort dauerhaft ansässig sind (Art 1 Ig, 22, 40–57 WÜK), aber auch wenn sie diese Voraussetzung nicht erfüllen, also etwa Deutsche sind (Art 71 WÜK). Die konsularische Immunität erstreckt sich nach dem Abk aber auch – wenngleich naturgem mangels eigener Wahrnehmung konsularischer Aufgaben sehr eingeschränkt – auf Familienangehörige (Art 57, 58 WÜK), auf Konsularbeamte und andere Mitglieder konsularischer Vertretungen auf dienstlich motivierter Durchreise samt der in ihrer Begleitung reisenden Familienangehörigen (Art 54 I, II WÜK) und auf Wahlkonsularbeamte (Art 1 II, 58–68 WÜK). Letztere unterliegen zwar grds der deutschen Gerichtsbarkeit, jedoch sind auch die Verfahren gegen sie in einer möglichst Aufgaben schonenden Weise zu führen (Art 63 WÜK).

III. Sachlicher Annex.

 

Rn 3

Durchsuchungen und Beschlagnahmen in Räumen der Konsulate (zum Umfang der Unverletzlichkeit Art 31, 55 III, 59 WÜK), insb eines gesondert verwahrten konsularischen Archivs und der dienstlichen Schriftstücke sind vorbehaltlich der ausdrücklichen Zustimmung des Missionschefs zum Schutz des konsularischen Verkehrs ebenfalls unzulässig (Art 1, 33 WÜK). Diese Regeln sind auch in Vollstreckungsverfahren zu beachten, die grds nicht dem besonderen Schutz konsularischer Immunität unterliegen.

B. Inhalte der konsularischen Immunität.

I. Amtsimmunität.

 

Rn 4

Die Konsularbeamten und die Angehörigen des Verwaltungs- und des technischen Personals der Konsulate genießen grds nicht die allg Immunität der Diplomaten, sondern nur die sog Amtsimmunität (Art 43 WÜK, dazu iE Kissel/Mayer § 19 Rz 4 u 9). Das ebenfalls vAw zu beachtende Verfahrenshindernis gilt sowohl für Strafverfahren als auch vor den Zivilgerichten sowie ggü Verwaltungsbehörden und erfasst alle Handlungen, die von ihnen im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihrer konsularischen Aufgaben (›in the exercise of consular functions‹), bei Wahlkonsularbeamten nur bei Amtshandlungen (Art 71 WÜK), vorgenommen werden. Das gilt grds auch für Vollstreckungsverfahren (zur Strafvollstreckung Art 41 WÜK; Rn 5). Bei der insoweit gebotenen weiten Auslegung zu Art 5 WÜK ist zu fragen, ob sich im Einzelfall noch ein irgendwie gearteter innerer Zusammenhang zwischen den konkreten Handlungen des Konsuls oder seiner Beamten und ihrer dienstlichen Tätigkeit feststellen lässt (BGH NJW 90, 1799). Für die Immunität ist grds nicht von Belang, ob die in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben entfaltete Tätigkeit rechtmäßig war oder nicht, da ansonsten die Regelung weitgehend wirkungslos bliebe (BGH NStZ 13, 600, zu Art 5 lit a WÜK).

1. Strafgerichtsbarkeit.

 

Rn 5

Bei Abgrenzungsschwierigkeiten, zumeist im Zusammenhang mit Straf- und Bußgeldverfahren wegen Verkehrsdelikten, ist im Zweifel dem Grundgedanken der Immunität Vorzug einzuräumen (sog Zweifelsgrundsatz, Schlesw VRS 62, 277). Überwiegend wird allerdings für die Annahme des Verfahrenshindernisses gefordert, dass ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Gebrauch des Kraftfahrzeugs und der Wahrnehmung einer konsularischen Aufgabe positiv festgestellt wird (Karlsr NJW 04, 3273; Hambg NJW 88...

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