Rn 6

Der in jeder Phase des Streitverfahrens einsetzbare Güterichter unterscheidet sich von der richterlichen Streitschlichtung, die vor Eintritt in die mündliche Verhandlung erfolgen soll (Abs 2) und der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (§ 278a). Die Verweisung liegt im nicht anfechtbaren gerichtlichen Ermessen der Prozessleitung und bedarf daher keiner Parteizustimmung (SächsOVG ZKM 14, 135; HessLSG ZKM 14, 134; aA OVG Lüneburg JurBüro 15, 208).

a) Güterichter.

 

Rn 7

Er ist ein für Güteversuche bestimmter und nicht entscheidungsbefugter Richter, der auch an einem anderen Gericht, sogar an einer anderen Gerichtsbarkeit (BTDrs 17/8058 S 21) tätig sein kann. Entscheidend ist lediglich die Eigenschaft als Güterichter, dessen Aufgaben im Geschäftsverteilungsplan zu regeln sind (§ 21e Abs 1 S 1 GVG). Er ist gesetzlicher Richter gem § 16 S 2 GVG, so dass seine Tätigkeit der Rspr zuzuordnen ist (Bambg JurBüro 18, 600). Auch eine Auflassung kann vor einem gerichtsinternen Mediator erklärt werden (Naumbg 25.1.17 – 12 Wx 40/16, juris).

Der Ausschlussgrund des § 41 Nr. 8 ist bei vorangegangener Güterichtertätigkeit nicht anwendbar. Ein Richterausschluss kann allerdings wegen der Besorgnis der Befangenheit angezeigt werden (VG Göttingen MDR 15, 55 [OLG Köln 28.04.2014 - 5 U 14/14]).

b) Verweisung.

 

Rn 8

Der gesamte Spruchkörper verweist die Parteien (nicht den Rechtsstreit!) durch Beschluss (§ 128 Abs 4) an den Güterichter. Die Verweisung innerhalb desselben Gerichts regelt die Geschäftsverteilung, während es sich bei der Verweisung an ein anderes Gericht um ein Rechtshilfeersuchen handelt, das der dortige Güterichter nicht ablehnen darf (§ 158 GVG). Die Verweisung kommt nur in Betracht, wenn die Parteien bereit sind, sich auf ein solches Verfahren einzulassen (BTDrs 17/8058 S 21; HessLSG ZKM 14, 134; aA SächsOVG 6.8.14 – 1 A 257/10 juris). Die Verweisung als prozessleitende Verfügung ist nicht anfechtbar (aA OVG Lüneburg JurBüro 15, 208).

c) Methoden der Konfliktbeilegung (Abs 5 S 2).

 

Rn 9

Der Güterichter ist frei in der Auswahl seiner Methoden der Konfliktbeilegung. Obwohl er kein Mediator ist, kann er in einer Güteverhandlung zahlreiche Methoden und Techniken der Mediation einsetzen. Dazu gehören etwa das sogenannte aktive Zuhören, die Widerspiegelung von Erklärungen und Botschaften der Parteien in deeskalierender Weise, die Umwandlung von Beschwerden in verhandelbare Themen, die Technik des offenen Fragens, die Erarbeitung von Fairnesskriterien zur Lösung des Konflikts sowie die Entwicklung von realisierbaren Probe- und Teillösungen (BTDrs 17/8058 S 18).

d) Verfahren.

 

Rn 10

Der Güterichter lädt die Parteien (§ 216) und ordnet deren persönliches Erscheinen (Abs 3 S 1) zur nicht öffentlichen Verhandlung (§ 169 S 1 GVG) an. Den weiteren Verfahrensablauf kann er, ggf in Abstimmung mit den Parteien, frei bestimmen. Eine Protokollierung erfolgt nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien (§ 159 Abs 2). Der Güterichter kann (im Gegensatz zum Mediator) rechtliche Bewertungen vornehmen und den Parteien Konfliktlösungen vorschlagen, auch ohne Zustimmung der Parteien in Gerichtsakten Einsicht nehmen und auf Wunsch der Parteien einen Vergleich protokollieren. Der nach § 78 bestehende Anwaltszwang gilt auch für den Abschluss eines Prozessvergleichs vor dem Güterichter. Da der Güterichter im Hinblick auf die Protokollierung eines Vergleichs einem ersuchten Richter nicht gleichsteht (vgl § 78 III), ist ein ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts protokollierter Vergleich zwar prozessrechtlich unwirksam, also ohne prozessbeendende Wirkung, aber materiell-rechtlich wirksam (Frankf 17.12.19 – 11 U 56/17 juris). Wollen Dritte dem Vergleich beitreten, benötigen diese keinen Anwalt (BGH NJW 83, 1433 [BGH 16.12.1982 - VII ZR 55/82]).

Da die Parteien keine Prozesshandlungen vornehmen, sind die Folgen einer Säumnis nicht anzuwenden. Ein bindendes Geständnis ist ausgeschlossen.

Da nur das erkennende Gericht eine Sachentscheidung treffen kann, darf der Güterichter weder Anerkenntnis- (§ 307) oder Verzichtsurteil (§ 306) noch Kostenbeschlüsse nach Erledigung (§ 91a) oder Klagerücknahme (§ 269 Abs 4) erlassen.

Im Gegensatz zur außergerichtlichen Streitbeilegung fallen keine zusätzlichen Kosten an.

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