Gesetzestext

 

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) 1Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. 2Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. 3Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. 4Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) 1Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. 2Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. 3Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) 1Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. 2Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) 1Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. 2Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Diese Norm regelt die Befugnis des Kl zur Klagerücknahme und die daraus resultierende Wirkung und Kostentragungspflicht. Zweck des Einwilligungserfordernisses ist es, dem Bekl die Einwendung anderweitiger Rechtshängigkeit zu erhalten und ihm die Herbeiführung einer endgültigen, rechtskräftigen Entscheidung zu ermöglichen. Da der Kl nach Klagerücknahme neu klagen könnte (Abs 6), soll der Bekl dies mit seiner erforderlichen Einwilligung verhindern und eine Klageabweisung erzwingen können.

B. TB-Voraussetzungen.

 

Rn 2

Klagerücknahme ist abzugrenzen von Erledigungserklärung (§ 91a), Klageänderung (§ 263) oder Verzicht (§ 306). Auslegung und Umdeutung einer eindeutigen Klagerücknahme in eine einseitige Erledigungserklärung ist unzulässig (BGH NJW 07, 1460 [BGH 13.12.2006 - XII ZB 71/04]). Bei der qualitativen Klagebeschränkung ist von einer zustimmungsfreien Antragsbeschränkung nach § 264 Nr 2 auszugehen (Frankf WuW/E DE-R 811–816). Anwendung unmittelbar auf Klage und Widerklage und mittelbar auf sonstige Anträge, über die eine mündliche Verhandlung notwendig ist.

I. Zulässigkeit (Abs 1).

1. Gegenstand.

 

Rn 3

Die Rücknahme kann einen Parteiwechsel oder eine quantitative Klagebeschränkung betreffen. Ein nicht mehr weiter verfolgter Teil des Anspruchs muss dem Streit der Parteien entzogen werden (BGH NJW 90, 2682 [BGH 01.06.1990 - V ZR 48/89]).

2. Zeitpunkt.

 

Rn 4

Möglich ab Rechtshängigkeit (Abs 3 S 3) bis zur Rechtskraft. Nur eine wirksam erhobene Klage kann mit Kostenentscheidung zurückgenommen werden (Karlsr MDR 97, 689), weil anderenfalls noch kein Prozessrechtsverhältnis zustande gekommen ist (Hamm NJW-RR 94, 63 [OLG Hamm 02.12.1992 - 8 W 62/92]), auch nicht bei Verzicht des Bekl auf Zustellung (Nürnbg OLGR 99, 263). Nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache ist Klagerücknahme ausgeschlossen (Bambg NJW-RR 97, 1365 [OLG Bamberg 12.11.1996 - 2 WF 76/96]).

II. Einwilligung des Bekl (Abs 1).

 

Rn 5

Erforderlich ab Beginn der mündlichen Verhandlung dh idR mit Stellung des Klageabweisungsantrags (§ 137 I). Um einen Prozess nicht mit Schwebezuständen zu belasten, kann die Einwilligung nur in dem Termin erklärt werden, in dem bzw. vor dem die Rücknahme schriftsätzlich erfolgt ist (Ddorf 14.4.16 I-15 W 8/16 – juris), also nicht mit Erörterung von Zulässigkeitsfragen oder der Sachlage mit dem Gericht (Dresd OLGR 97, 187), Güteverhandlung (BGHZ 100, 383), Erklärungen des nicht postulationsfähigen Gegners (Stuttg OLGR 04, 159). Im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 II entspricht die Zustimmungserklärung des Bekl dem Beginn der mündlichen Verhandlung.

III. Erklärung (Abs 2).

 

Rn 6

Gegenüber Streitgericht (BGH MDR 81, 1002) durch Einreichung eines Schriftsatzes oder in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll (S 2). Rücknahme und Einwilligung sind als Prozesshandlung unwiderruflich, bedingungsfeindlich und unanfechtbar (BGH NJW-RR 08, 85 [BGH 26.09.2007 - XII ZB 80/07]), auch wenn sie nach einem unzutreffenden gerichtliche...

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