Gesetzestext

 

Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn

1. der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,
2. bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich ist,
3. eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht oder
4. die Zustellung nicht erfolgen kann, weil der Ort der Zustellung die Wohnung einer Person ist, die nach den §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Gerichtsbarkeit nicht unterliegt.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 185 ermöglicht als ultima ratio (mittels Fiktion) Zustellungen in Fällen, in denen eine Zustellung auf einem anderen Weg nicht oder nur sehr schwer durchführbar ist (BGH NJW-RR 18, 503 [BGH 30.11.2017 - I ZB 5/17] Rz 9; BFH Beschl v 25.2.16 – X S 23/15 Rz 19). Bewilligt wird die öffentliche Zustellung durch das Prozessgericht (§ 186). Dies erfolgt jew nur für ein konkret bezeichnetes Schriftstück, nicht etwa für den ganzen Rechtszug. Sie müssen damit für jedes Schriftstück gesondert geprüft werden (BGH GRUR 19, 322 Rz 17). Ein erneuter Zustellversuch an eine bekannte Adresse kann – auch wenn ein vorhergehender Zustellversuch erfolglos blieb – nach einem Zeitablauf von 6 Monaten geboten sein (BGH GRUR 19, 322 [BGH 31.10.2018 - I ZR 20/18] Rz 18).

§ 185 ist auch auf Parteizustellungen anwendbar (BGH NJW-RR 18, 503 Rz 11). Ein Mahnbescheid kann nicht nach § 185 zugestellt werden (§ 688 II Nr 3), wohl aber ein Vollstreckungsbescheid (§ 699 IV 3). Öffentliche Zustellung ist für einen Arrestbeschluss oder eine Beschlussverfügung im Eilverfahren möglich (Bambg MDR 13, 672). Die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft kann in entsprechender Anwendung von § 185 öffentlich zugestellt werden (BGH NJW-RR 18, 503 [BGH 30.11.2017 - I ZB 5/17] Rz 9). Sie findet nicht statt in den Fällen von § 763 II 3, § 829 II 2, § 835 III 1, §§ 841, 844 II, § 875 II. Keine öffentliche Zustellung an Angehörige der NATO-Truppen (Art 36 I NTS-ZA).

B. Tatbestandsvoraussetzung.

I. Allgemein.

 

Rn 2

Die öffentliche Zustellung muss angeordnet sein (vgl § 186 I). Für die Ausführung und Wirkungen s §§ 186–188.

II. Einzelfälle.

1. Unbekannter Aufenthalt (Nr 1).

 

Rn 3

Als Person, deren Aufenthalt unbekannt sein muss, kommt jeder Prozessbeteiligte oder sein Vertreter (zB GmbH-Geschäftsführer, Stuttg MDR 05, 472 [OLG Stuttgart 02.12.2004 - 13 U 133/04]) in Betracht. Anwendbar ist § 185 auch auf Zeugen oder Drittschuldner (so auch MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 4; St/J/Roth Rz 2; aA Musielak/Voit/Wittschier Rz 3; ThoPu/Hüßtege Rz 6). Der Zustellungsadressat muss noch leben, jedenfalls darf sein Tod nicht feststehen (vgl Celle FamRZ 05, 1492). Der Aufenthalt muss allgemein unbekannt, dh für den Zustellungsveranlasser mit zumutbarem Aufwand nicht ermittelbar sein; dies ist dem Gericht darzulegen (vgl BGHZ 149, 311, 314 = NJW 02, 827, 828; BGH NJW 12, 3582 Rz 16; MDR 13, 484; WM 16, 1231 Rz 37; Karlsr NJW-RR 13, 1471, 1472). Nicht erforderlich ist, dass niemand den Aufenthalt kennt. Generell sind für das Erkenntnisverfahren indes hohe Anforderungen zu stellen und eingehende Ermittlungen erforderlich (vgl BGH NJW 12, 3582 Rz 17; NJW-RR 14, 377 Rz 3; WM 16, 1231 Rz 40 f; BFHE 201, 425, 431). Eine ergebnislose Anfrage an die mutmaßlich zuständige Meldebehörde ist erforderlich (KG MDR 98, 124 zu § 203 aF), aber grds nicht ausreichend (BGH NJW 12, 3582 Rz 17; WM 16, 1231 Rz 40; Bambg FamRZ 18, 116, 117); nötig ist des Weiteren, soweit möglich, auch eine persönliche Nachfrage bei Verwandten, beim letzten Vermieter, Nachbarn oder Arbeitgeber (BGH NJW 12, 3582 Rz 17; WM 16, 1231 Rz 41; Karlsr aaO; Bambg aaO; s.a. Frankf NJW 13, 2913: ggf Einschaltung eines Privatdetektivs). Ist eine E-Mail-Adresse oder (Mobil-)Telefonnummer bekannt, muss dort nach einer Anschrift nachgefragt werden (vgl BGH NJW-RR 14, 377 Rz 4; Frankf NJW 09, 2543, 2544; Karlsr aaO). In Ehesachen können strengere (AG Neustadt FamRZ 05, 377; vgl auch Hamm MDR 13, 97), in Zwangsvollstreckungsverfahren im Hinblick auf das vorangegangene Verfahren geringere Anforderungen gelten (BGH NJW 03, 1530). Bei Ausländern mit früherer Inlandsanschrift ist beim Bundesverwaltungsamt in Köln nachzufragen. Dass die Voraussetzungen des § 185 erfüllt sind, muss das Gericht feststellen (vgl § 186 Rn 3). Ist eine Zustellung an einen Vertreter (§§ 170, 171) oder Zustellungsbevollmächtigten (§ 184) möglich, ist eine öffentliche Zustellung ausgeschlossen (vgl BGH WM 17, 170 Rz 12; BFH/NV 16, 945 Rz 19 ff). An einen Prozessunfähigen kann nicht nach § 185 zugestellt werden.

2. Zustellung an juristische Person (Nr 2).

 

Rn 4

Nach § 8 IV Nr 1 GmbHG ist eine GmbH und nach § 37 III Nr 1 AktG eine AG verpflichtet, bei der Anmeldung zum Handelsregister eine inländische Geschäftsanschrift anzugeb...

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