Gesetzestext

 

(1) 1Das Gericht kann bei der Zustellung nach § 183 Absatz 2 bis 5 anordnen, dass die Partei innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat, falls sie nicht einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. 2Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, so können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird.

(2) 1Das Schriftstück gilt zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt. 2Das Gericht kann eine längere Frist bestimmen. 3In der Anordnung nach Absatz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. 4Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Schriftstück zur Post gegeben wurde.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 184 erleichtert weitere Zustellungen im Ausland, und dient der Beschleunigung des Verfahrens. Erfasst sind nunmehr auch Zustellungen, die aufgrund völkerrechtlicher Verträge durch Einschreiben mit Rückschein erfolgen könnten (§ 183 II 2 Alt 1). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen § 184 nicht (s BVerfG NJW 97, 1772 zu § 175 aF; BGHZ 193, 353 Rz 15 = NJW 12, 2588; BGH NJW 13, 387 Rz 39). Auch Art 6 I EMRK und das HZÜ stehen der Anwendung von § 184 nicht entgegen (BGHZ 193, 353 Rz 16 f; BGH NJW 13. 387 Rz 38f). Im Geltungsbereich der EuZVO ist § 184 allerdings nicht anwendbar (BGHZ 188, 164 Rz 9 ff = NJW 11, 1885).

B. Tatbestandsvoraussetzungen.

 

Rn 2

Eine Anordnung nach § 184 kann nur bei einer Zustellung nach § 183 innerhalb eines anhängigen Verfahrens getroffen werden. Im Rahmen einer Inlandszustellung, zB auf einem Messestand als Geschäftsraum iSd § 178 I Nr 2, kann keine Anordnung nach § 184 ergehen (BGH NJW-RR 08, 1082 [BGH 05.05.2008 - X ZB 36/07]). Ist ein ProzBev bestellt, ist § 172 vorrangig. Die Anordnung sowie der Hinweis gem Abs 2 S 3 sind gemeinsam mit dem Schriftstück zuzustellen. Eine Begründung ist nicht erforderlich (BGHZ 193, 353 Rz 27 = NJW 12, 2588). Der Hinweis auf die Folgen (s Rn 4) einer unterlassenen Benennung innerhalb der Frist ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Anordnung (BSG NJOZ 13, 1342 Rz 12). Anordnung und Hinweis müssen ggf in eine für den Adressaten verständliche Sprache übersetzt sein (str). Zuständig ist der Vorsitzende des Prozessgerichts (vgl § 168 Rn 2; BGHZ 193, 353 Rz 18 ff; Köln MDR 11, 1068 f; MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 9; Zö/Schulzky Rz 4; aA Frankf NJW-RR 10, 285 [OLG Zweibrücken 30.10.2008 - 4 U 41/08]). Die Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts und ist als solche unanfechtbar (BGH GRUR 14, 705 [BGH 06.11.2013 - I ZB 48/13] Rz 3 ff, 9). Die Anordnung sollte wegen der für den Adressaten damit verbundenen Erschwernisse nur dann erfolgen, wenn hierfür ein praktisches Bedürfnis besteht, etwa weil sich bisherige Zustellungen als schwierig durchführbar erwiesen haben. Insbesondere im Fall des § 183 II 2 Alt 1 (Einschreiben mit Rückschein) ist Zurückhaltung geboten. Sind Zustellungen auf diesem Weg bisher in einem zumutbaren Zeitraum ausgeführt worden, ist für eine Anordnung nach § 184 kein Raum. Die Frist (Abs 1 S 1) muss angemessen sein und sollte daher idR 2 bis 3 Wochen nicht unterschreiten.

C. Wirkung.

I. Ein Zustellungsbevollmächtigter ist benannt.

 

Rn 3

Der Zustellungsbevollmächtigte wird durch Erteilung der entspr (stets widerruflichen) Vollmacht und eine Mitteilung hiervon an das Gericht bestellt (vgl § 172 Rn 3 f). Die Vollmacht erlischt, wenn sich ein ProzBev bestellt (dann gilt § 172). Dem Zustellungsbevollmächtigten kann, muss aber nicht zugestellt werden. Er muss prozessfähig sein (§ 170 I 2; str) und eine Wohnung (vgl § 178 Rn 3) oder einen Geschäftsraum (vgl § 178 Rn 8) im Inland haben.

II. Kein Zustellungsbevollmächtigter.

 

Rn 4

Unterbleibt die Benennung, können weitere Zustellungen – auch Klageerweiterungen (BGHZ 193, 353 Rz 12) – nach Ablauf der Frist durch Aufgabe eines einfachen Briefs zur Post unter der bekannten Anschrift der Partei vorgenommen werden. Übersetzungen sind nicht erforderlich (BGH NJW 99, 1871, 1872 [BGH 03.02.1999 - VIII ZB 35/98]; krit MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 9, 13). Änderungen der Anschrift müssen nur berücksichtigt werden, wenn sie dem Gericht mitgeteilt worden sind. Zwei Wochen nach Aufgabe zur Post (Einwurf in den Briefkasten; Zö/Schultzky Rz 10; BGHZ 182, 203) gilt das Schriftstück als zugestellt (Abs 2 S 1; Fiktion). Unerheblich ist, ob das Schriftstück den Adressaten tatsächlich erreicht; fehlt es daran, so kann dies aber eine Wiedereinsetzung rechtfertigen (vgl BGH NJW 00, 3284, 3285 [BGH 24.07.2000 - II ZB 20/99]). Das Gericht kann in der Anordnung nach Abs 1 S 1 nach fristgemäßem Ermessen eine längere Frist bestimmen (Abs 2 S 2). Fristberechnung: § 222. Die Fiktion gilt auch, wenn durch die Zustellung eine Frist in Lauf gesetzt wird (BGH NJW 92, 1701 [BGH 04.12.1991 - IV ZB 4/91]). Zustellungsort ist dort, wo das Schriftstück zur Post gegeben worden ist, so dass es sich nicht um eine Auslandszustellung, sondern um eine Inlandszustellung handelt (BGH NJW 13, 387 [BGH 12.12.2012 - VIII ZR 307/11] Rz 39; vg...

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