Gesetzestext

 

(1) Wegen eines Anspruchs, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Euro zum Gegenstand hat, ist auf Antrag des Antragstellers ein Mahnbescheid zu erlassen.

(2) Das Mahnverfahren findet nicht statt:

1. für Ansprüche eines Unternehmers aus einem Vertrag gemäß den §§ 491 bis 508 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn der gemäß § 492 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzugebende effektive Jahreszins den bei Vertragsschluss geltenden Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs um mehr als zwölf Prozentpunkte übersteigt;
2. wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängig ist;
3. wenn die Zustellung des Mahnbescheids durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen müsste.

(3) Müsste der Mahnbescheid im Ausland zugestellt werden, findet das Mahnverfahren nur insoweit statt, als das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 2015 (BGBl. I S. 2146) und das Auslandsunterhaltsgesetz vom 23. Mai 2011 (BGBl I S. 898), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl I S. 2018) geändert worden ist, dies vorsehen oder die Zustellung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erfolgen soll.

(4) 1Die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl L 399 vom 30.12.2006, S. 1; L 46 vom 21.2.2008, S. 52; L 333 vom 11.12.2008, S. 17), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, bleiben unberührt. 2Für die Durchführung gelten die §§ 1087 bis 1096.

A. Normzweck und Entstehungsgeschichte.

 

Rn 1

§ 688 regelt die Zulässigkeit des Mahnverfahrens allgemein. § 690 legt den notwendigen Inhalt des Antrags fest. Nirgends bringt die ZPO zum Ausdruck, dass das Mahnverfahren nur für Forderungen vorgesehen ist, die unbestritten sind oder bleiben. Einige Verfahren können bestätigen, dass das Mahnverfahren deshalb bevorzugt wird, weil es ohne Vorschuss in Gang gesetzt wird und weil die Verjährung auch ohne den zeitaufwändigeren Aufwand einer Klageschrift gehemmt werden kann. Wenn Ag vorbringen, das Mahnverfahren werde missbraucht, um sie willkürlich, mühelos und risikoarm vor Gericht ziehen zu können, wird dieser, aus Einzelfällen abgeleitete, Verdacht durch die Statistik nicht bestätigt.

 

Rn 2

Die Vorschrift ist in II Nr. 1 geändert (›bis 508‹ statt ›bis 509‹) durch Gesetz v 11.3.16 (BGBl I 16, 396), mWv 21.3.16. § 688 III u IV 1 wurden geändert durch Gesetz v 11.6.17 (BGBl I 17, 1607) mWv 14.7.17.

 

Rn 3

Während im Mahnverfahren grds keine Schlüssigkeitsprüfung stattfindet, fordert § 688 II Nr 1 dem Mahngericht Ermittlungen und Berechnungen ab, um den Verbraucher als Kreditnehmer zu schützen.

 

Rn 4

In Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) gelten die Vorschriften über das Mahnverfahren entsprechend (§ 113 II FamFG).

B. Geldsumme (Abs 1).

I. Summe.

 

Rn 5

Der Anspruch muss auf eine Geldsumme gerichtet sein. Deshalb ist das Mahnverfahren nicht verfügbar für Ansprüche auf Duldung, auf Freistellung/Befreiung von einer Verbindlichkeit (Ddorf NJW-RR 98, 503) oder auf Feststellung der Forderung zur (Insolvenz-)Tabelle (§§ 179, 180 InsO).

II. Euro.

 

Rn 6

Der Anspruch muss grundsätzlich eine bestimmte Geldsumme in Euro zum Gegenstand haben (§ 688 I 1). Findet das Mahnverfahren bei Zustellung im Ausland statt (§ 688 III), auch bei Auslandsunterhaltsansprüchen (§ 75 I 1 AUG), kann der Anspruch auch die Zahlung einer bestimmten Geldsumme in ausländischer Währung betreffen (§ 32 I 2 AVAG, § 75 I 2 AUG). Im automatisierten Mahnverfahren ist auf dem vorgeschriebenen Papierformular (§ 703c) ebenso wie beim Online-Mahnantrag jedes Feld für Geldbeträge mit der Währung ›EURO‹ beschrieben. Liegt dem ASt eine Forderung in abweichender Währung vor, kann er in Euro umrechnen und diesen Betrag einsetzen. Im Übrigen müssen die Vordrucke für das maschinelle Verfahren bei Zustellung im Ausland nicht verwendet werden, s Rn 23. Durch die Zustellung des MB wird die Verjährung auch dann gehemmt, wenn der Anspruch lediglich für das Mahnverfahren in inländische Währung umgerechnet worden ist (vgl BGHZ 104, 268; zur Unterbrechung nach § 209 II Nr 1 BGB aF).

III. Bestimmt.

 

Rn 7

Die Geldsumme muss bestimmt sein. Ähnlich geregelt ist das bei der Klageschrift. Sie muss die ›bestimmte Angabe des Gegenstands‹ enthalten (§ 253 II 2). Während aber bei der Klageschrift im Falle des immateriellen Schadens nach § 253 II BGB ein unbezifferter Antrag für zulässig erachtet wird, schließt bereits die Formulierung ›bestimmte Geldsumme‹ in § 688 es aus, dem Mahngericht die Ermittlung des angemessenen Betrags zu überlassen.

 

Rn 8

Wird ausschließlich ein isolierter Zinsanspruch auf laufende Zinsen geltend gemacht (›aus … seit …‹), ist die Geldsumme dennoch bestimmt iSv § 688 I. Ein gleichartiger Klageantrag (§ 253) wäre genügend ›bestimmt‹ (vgl BAG NJW 03, 2403). Der Klageantrag muss nicht möglichst bestimmt, sondern hinreichend bestimmt sein (BAG NJW 03, 2403 [BAG 01.10.2002 - 9 AZR 215/01]), so dass ein ihm...

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